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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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dem Alpenkloster und sah meinen Mönch in den Gärten stehen, die Arme in einer so poetischen Geste voller Ehrfurcht zum Himmel emporgereckt, dass mir fast die Tränen kamen.
    Leise, ganz geräuschlos betrat ich hinter seinem Rücken das Kloster, doch ohne Zögern drehte er sich zu mir um, als hätte er die gleichen Fähigkeiten wie ich. Der Wind fing sich in seiner weiten braunen Kutte, als er auf mich zukam.
    »Marius«, flüsterte er, dabei bedeutete er mir, leise zu sein, und ging mir voran in das Skriptorium.
    Als ich den Brief sah, den er aus seinem Schreibpult zog, staunte ich, wie dick er war. Dass der Brief offen, das Siegel gebrochen war, ließ mich allerdings stutzen! Ich sah den Mönch an.
    »Ja, ich habe ihn gelesen«, gab er zu. »Ihr glaubt doch nicht, dass ich ihn Euch ungelesen ausgehändigt hätte?« Ich konnte jetzt keine Zeit mit so etwas verschwenden, ich musste wissen, was darin stand! Ich setzte mich und faltete unverzüglich die Seiten auf.
     
Marius,
    lass dich durch diese Worte nicht zu Zorn oder übereilten Entscheidungen hinreißen. Was ich über Pandora weiß, ist Folgendes: Sie ist von Mitgliedern, die erfahren in diesen Dingen sind, in mehreren Städten gesehen worden, in Nürnberg, Wien, Prag und Gutenberg. Außerdem reist sie in Polen und Bayern umher.
    Sie und ihr Gefährte verhalten sich sehr klug, stören nur selten die Bewohner der Städte, die sie besuchen, aber hin und wieder erscheinen sie am Hof eines bestimmten Königsreiches. Die, die sie gesehen haben, glauben, dass die beiden gern gefährlich leben.
    In unseren Archiven gibt es eine Menge Berichte über eine schwarze Kutsche, die nur tagsüber unterwegs ist und zwei große, lackierte Truhen transportiert, in denen diese Geschöpfe vermutlich schlafen. Beschützt wird sie von einer kleinen Garde hellhäutiger Männer, die verschwiegen, gnadenlos und ihrer Herrschaft ergeben sind.
    Einige unsere Mitglieder haben am eigenen Leibe erfahren, dass selbst der freundlichste oder raffinierteste Versuch herauszufinden, was sich hinter diesen geheimnisvollen, undurchsichtigen Reisenden verbirgt, mit dem sicheren Tode endet.
    Einige hier schätzen, dass die Wachen von ihrer Herrschaft ein wenig von der Macht erhalten haben, die ihre Herrschaft so großzügig genießt, und dass sie derart unwiderruflich an die beiden gebunden sind. Zuletzt haben wir das Paar in Polen gesehen. Die beiden reisen jedoch sehr schnell und halten sich nirgends lange auf, sondern scheinen es zufrieden zu sein, endlos kreuz und quer durch Europa zu ziehen. Man weiß, dass sie in Spanien und Frankreich waren, sich jedoch nicht länger in Paris aufgehalten haben. Was diese letztgenannte Stadt angeht, so frage ich mich, ob du den Grund dafür weißt oder ob ich dir da ein Licht aufstecken muss.
    Ich will dir sagen, was ich weiß. In Paris gibt es eine große, eifernde Gruppe der Spezies, die wir beide kennen; tatsächlich so zahlreich, dass zu bezweifeln ist, dass selbst Paris ihnen Unterhalt bieten kann. Und nachdem wir einen verzweifelten Abtrünnigen dieser Gruppe bei uns aufnahmen, erfuhren wir eine Menge darüber, wie sich diese Geschöpfe selbst sehen.
    Was ich über sie weiß, kann ich nicht dem Pergament anvertrauen. Nur, dass sie von einem verblüffenden Fanatismus besessen sind und glauben, dass sie mit ihrem übermäßigen Hunger Gott dem Herrn dienen. Und verirren sich andere der gleichen Art in ihren Herrschaftsbereich, werden sie als Gotteslästerer ohne Zögern vernichtet.
    Der Abtrünnige, von dem ich sprach, hat mehr als einmal eingeräumt, dass seine Brüder und Schwestern zu denen gehörten, die an deinen Verletzungen und Verlusten schuld waren. Das kannst natürlich nur du selbst mir bestätigen, da ich nicht weiß, wo hier Wahnsinn oder Übertreibung oder beides am Werk sind, und du kannst dir wohl gut vorstellen, wie verwirrt wir sind, dass wir einen so geschwätzigen und feindlichen Gast unter unserem Dach beherbergen, der darum eifert, unsere Fragen zu beantworten, und so von Angst verzehrt wird, wenn keiner über ihn wacht.
    Erlaube mir, dir auch die Neuigkeit zukommen zu lassen, die dir vielleicht ebenso wichtig ist wie die über deine verlorene Pandora.
    Der Führer dieser gefräßigen, geheimnisvollen Pariser Bande ist kein anderer als dein junger Gefährte aus Venedig.
    Überredet durch strengen Unterricht, Fasten, Strafen und den Verlust seines vorherigen Herrn – so sagt dieser Abtrünnige –, hat sich dein ehemaliger Gefährte

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