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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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die Geschichte über die Götter des Hains in mir ausgelöst – dass sie in ihrer Eiche einen ganzen Monat hindurch schlafen und sich doch wieder erheben konnten, um ihr Blutopfer entgegenzunehmen. Ich bin mir nicht sicher. Ich betete allerdings zu Akasha. Ich betete: Gewähre mir Schlaf. Gewähre mir Stille. Gewähre mir Lähmung. Gewähre mir Ruhe vor den Stimmen, die ich so deutlich höre. Gewähre mir Frieden. Wie lange lag ich im Schlummer? Monatelang. Und nach und nach spürte ich fürchterlichen Hunger und träumte von Blut. Und doch verharrte ich starrsinnig am Boden des Schreins, die Augen auch während der Nacht fest geschlossen, wenn ich doch, taub gegen alle Kunde von der Welt ringsum, hätte umherstreifen können. Meine geliebte Stadt wieder zu sehen war mir unerträglich, und mir fiel kein Ort ein, wohin ich mich hätte wenden können. Dann hatte ich einen seltsamen Traum. Mir schien, Mael und Avicus wären hier. Sie drängten mich aufzustehen, boten mir ihr Blut an, um mich zu stärken.
    »Du hast gehungert, du bist schwach«, sagte Avicus. Wie betrübt er schaute. Und wie sanft er war.
    »Rom gibt es immer noch«, erklärte er. »Nun ja, es wimmelt von Goten und Westgoten. Die alten Senatoren haben ausgeharrt, wie gewöhnlich. Sie ertragen die rohen Barbaren geduldig. Die Christen sammeln die Armen um sich und geben ihnen Brot. Nichts kann deine Stadt wirklich umbringen. Alarich ist tot, als wäre er für seine Taten einem Fluch anheim gefallen, und sein Heer ist schon lange fort.« Tröstete mich das? Ich weiß es nicht. Ich konnte mich einfach nicht überwinden zu erwachen. Ich konnte die Augen nicht öffnen. Ich wollte nur liegen bleiben, wo ich war, und allein sein. Sie gingen fort. Was blieb ihnen anderes übrig? Es schien mir auch, dass sie noch öfter kamen; im Licht einer Lampe schienen sie vor mir zu stehen und zu mir zu sprechen, aber es war wie im Traum und ganz unwichtig.
    So vergingen Monate und dann Jahre. Ich fühlte eine Leichtigkeit in meinen Gliedern, und einzig meine geistigen Gaben schienen stark zu sein. Eine Vision konnte ich nicht vertreiben. Ich sah mich in den Armen einer Frau, einer schönen ägyptischen Frau mit schwarzem Haar. Diese Frau, das war Akasha, und sie tröstete mich, sie sagte mir, ich solle schlafen und mir würde kein Leid geschehen, nicht einmal der Durst könne mir etwas anhaben, da ich ihr Blut getrunken hätte. Ich wäre nicht wie andere Bluttrinker. Ich könnte endlos fasten und mich dennoch wieder erheben. Ich würde nicht in tödliche Schwäche verfallen. Wir befanden uns in einem reich geschmückten Gemach mit seidenen Wandbehängen. Wir lagen auf einem Bett mit spinnwebfeinen, durchsichtigen Vorhängen aus Seide. Ich sah goldene Säulen, von Lotosblüten gekrönt. Ich spürte die weichen Kissen unter meinem Körper. Aber vor allem anderen spürte ich meine Trösterin, die mich fest und warm umfangen hielt und mir zu schlafen befahl.
    Nach langer, langer Zeit stand ich auf und ging hinaus in den Garten, und da sah ich, dass es der Garten war, den ich immer gemalt hatte, nur war er inzwischen vollendet worden. Ich schaute umher und suchte die tanzenden Nymphen, doch sie waren zu flink für mich. Sie waren fort, ehe ich sie sehen konnte, und ihr fernes Singen war zu leise, als dass ich es hätte hören können. Ich träumte von Farben, reinsten Farben, damit ich den Garten zum Leben erwecken könnte. Ja, schlaf nur!
    Endlich senkte sich göttliche Schwärze über meinen Geist, die keine Gedanken mehr durchdringen konnten. Ich wusste, dass Akasha mich immer noch umfangen hielt, denn ich spürte ihre Arme, und ich spürte ihre Lippen an meiner Wange. Etwas anderes gab es nicht für mich.
    Und die Jahre gingen dahin. Die Jahre gingen dahin. Dann schlug ich die Augen auf.
    Ein Gefühl tiefster Unruhe überkam mich, das mir bewusst werden ließ, ich war ein lebendes Wesen mit Kopf, Körper und Gliedern. Ich bewegte mich nicht, aber ich starrte empor ins Dunkel, und dann hörte ich den Klang fester Schritte, und Licht blendete mich.
    Jemand sprach. Es war Avicus. »Marius, komm mit uns!«, sagte er.
    Ich versuchte, von dem steinernen Boden aufzustehen, aber es gelang mir nicht. Ich konnte nicht einmal die Arme heben. Sei ganz ruhig, sagte ich mir, und denk erst einmal nach. Überleg, was geschehen ist.
    Avicus stand vor mir im Lampenlicht, abermals mit der kleinen flackernden Bronzelampe in der Hand. Er war ähnlich wie ein Soldat in eine kostbare,

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