Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold
mehrere der Satansanbeter erschlagen hatte, die seiner Ansicht nach eine Gefahr für uns alle darstellten. Und in einer milden Sommernacht, als ich in meinem Garten stand und den Blick über die Stadt schweifen ließ, hörte ich aus der Ferne eine Diskussion zwischen Mael und Avicus darüber, ob sie auch die Übriggebliebenen noch töten sollten.
Endlich war die Bande tot, die verlassene Katakombe triefte von Blut, und Avicus und Mael standen vor meinem Haus und baten mich mitzukommen, denn sie erwarteten die Rückkehrer aus Ägypten jeden Augenblick. Es hieß, schnell zuzuschlagen. Ich verließ mein warmes, freundliches Zimmer, nahm meine besten Waffen und ging mit den beiden, wie ich versprochen hatte. Die Katakombe war so klein und eng, dass ich kaum aufrecht stehen konnte. Mir war gleich klar, dass es eine christliche Begräbnisstätte sein musste, in der die Christen in ihren Anfangsjahren auch ihre Versammlungen abgehalten hatten. Wir mussten etwa achtzig oder neunzig Fuß abwärts gehen, bis wir ein unterirdisches Gewölbe erreichten; dort fanden wir den alten ägyptischen Bluttrinker auf einer Trage liegend; er starrte uns grimmig an, während seine jungen Betreuer mit Entsetzen ihre leere, nur mit der Asche ihrer toten Genossen übersäte Bleibe betrachteten.
Der Alte hatte schreckliche Verletzungen. Kahl, dürr, geschwärzt von dem Schreckensfeuer, hatte er sich nur einem hingegeben, nämlich neue Kinder Satans zu erschaffen, weswegen er nie wie andere Bluttrinker gesunden konnte. Und nun erkannte er, dass er überlistet worden war. Die, die er nach Rom ausgesandt hatte, waren dahin, und nun standen wir vor ihm, um über ihn zu richten – Bluttrinker mit unglaublicher Macht, die kein Mitleid mit ihm und seinem Lebenszweck kannten.
Avicus hob als Erster das Schwert, aber er hielt inne, als der Alte rief: »Dienen wir nicht Gott?«
»Das wirst du eher erfahren als ich«, antwortete Avicus und trennte ihm mit der Klinge den Kopf ab.
Die übrigen Bluttrinker machten keine Anstalten, vor uns zu fliehen. Sie fielen auf die Knie und erwarteten stumm unsere Schwerthiebe. Und so wurden auch ihre Überreste schließlich vom Feuer verzehrt.
In den folgenden beiden Nächten gingen wir drei noch einmal dorthin zurück und warfen die Überreste wieder und wieder in die Flammen, bis alles vorbei war und wir dachten, dass wir den Satansanbetern endgültig und für immer den Garaus gemacht hätten. Wäre es doch nur so gewesen!
Ich kann nicht sagen, dass dieses scheußliche Kapitel unseres Lebens ein Band zu Avicus und Mael geknüpft hätte. Es war zu grauenvoll, zu sehr gegen meine Natur und zu bitter für mich. Ich ging zurück in mein Haus und war froh, wieder meine Malerei aufzunehmen.
Ich war recht zufrieden, dass sich keiner meiner Gäste je fragte, warum ich nicht alterte. Die Antwort, denke ich, war wohl, dass sich wegen der Größe der Gesellschaft keiner meiner Gäste lange auf etwas konzentrierte.
Woran es auch lag, nach dem Gemetzel, das wir unter den Satanskindern angerichtet hatten, verlangte es mich mehr denn je nach Musik, und ich widmete mich noch intensiver der Malerei, mit größerem Einfallsreichtum und planvoller. Mittlerweile war das Imperium in einem schrecklichen Zustand. Zwischen dem Ost- und dem Westreich klaffte ein tiefer Graben. Im Westen, zu dem natürlich Rom zählte, war Latein die Staatssprache, während im Osten gewöhnlich Griechisch gesprochen wurde. Auch die Christen spürten diese scharfe Teilung und führten ihre ständigen Auseinandersetzungen über Glaubensfragen weiter fort.
Schließlich wurde die Situation in meiner geliebten Stadt untragbar.
Der westgotische Herrscher Alarich hatte die nahe Hafenstadt Ostia eingenommen und bedrohte nun Rom selbst. Der Senat schien angesichts der drohenden Invasion völlig machtlos, und in der ganzen Stadt ging das Gerücht um, dass die Sklaven sich auf die Seite der Invasoren schlagen und uns so alle ins Unglück stürzen würden.
Schließlich wurde um Mitternacht das Salarianische Tor geöffnet. Der schreckenerregende Klang eines gotischen Horns war zu hören, und es strömten die raubgierigen Horden der Goten und Skythen herein, um Rom zu plündern. Ich hastete hinaus auf die Straßen, weil ich das ringsum stattfindende Gemetzel mit eigenen Augen sehen wollte. Im gleichen Moment erschien Avicus an meiner Seite. Während wir über die Dächer eilten, sahen wir, dass sich überall Sklaven gegen ihre Herrschaft erhoben hatten; Häuser
Weitere Kostenlose Bücher