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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Einstellung des geschworenen Kriegers. Du würdest mich am liebsten vernichten. Wieso?«
    »Ich kann die Autorität, die du dir hier anmaßt, nicht respektieren«, antwortete er ihr und versuchte dabei, so ruhig wie sie zu sprechen. »Was bedeutest du mir denn? Du sagst, du hast die alte Religion nie respektiert. Nun, ich habe sie respektiert. Und für Avicus gilt dasselbe. Wir sind stolz darauf.«
    »Wir wollen doch alle das Gleiche«, antwortete sie. Sie lächelte und entblößte dabei ihre Fangzähne. »Wir wollen ein Jagdgebiet, das nicht von anderen überlaufen ist. Wir wollen keine Satansjünger hier, weil sie sich übermäßig vermehren und Schwierigkeiten mit den Sterblichen absichtlich heraufbeschwören. Meine Autorität beruht auf meinen früheren Triumphen. Es ist eine reine Gewohnheit. Wenn wir Frieden schließen könnten…« Sie brach ab, zuckte mit den Achseln und zeigte die offenen Handflächen in der Art eines Mannes. Plötzlich mischte Avicus sich ein.
    »Marius ist unser Sprecher«, sagte er. »Marius, schließ bitte Frieden mit Eudoxia.«
    »Du kannst unserer Loyalität gewiss sein«, versicherte ich ihr, »da auch wir das wollen, was du gerade erklärt hast. Aber wir müssen unser Gespräch weiterführen. Ich möchte wissen, wie viele Bluttrinker im Moment hier sind. Und was deine Vergangenheit angeht: Ja, ich möchte sie wirklich erfahren. Denn eines können wir einander schenken – unsere Geschichte. Und deine möchte ich nur zu gern hören.«
    Sie erhob sich mit großer Anmut von dem Diwan, und man sah nun, dass sie doch etwas größer war, als ich vermutet hatte. Für eine Frau hatte sie ziemlich breite Schultern, sie hielt sich sehr aufrecht, und als sie ging, machten ihre nackten Füße nicht das mindeste Geräusch.
    »Kommt mit in meine Bibliothek«, forderte sie uns auf und schritt voran in einen Raum, der von dem Empfangszimmer abzweigte. »Dort können wir besser reden.« Ihr Haar, eine dicht gelockte schwarze Mähne, fiel ihr weit über den Rücken herab, und ihre Bewegungen waren trotz ihrer von Perlen und Geschmeide schweren Gewänder leicht und graziös.
    Die Bibliothek hatte riesige Ausmaße, mit Regalen für Schriftrollen und alte Handschriften in gebundener Form, wie wir sie heute haben. Lehnstühle standen im Raum verstreut, und in der Mitte waren mehrere zu einer Gruppe zusammengestellt; zum Ruhen luden zwei Diwane ein, und zum Schreiben gab es einige Arbeitstische. Die goldenen Lampen mit ihrer überladenen Form schienen persischen Ursprungs zu sein. Sicher war ich mir indes, dass die im Raum verteilten Teppiche aus Persien kamen. Natürlich war ich sofort außer mir vor Freude, als ich die Bücher sah. So geht es mir ja stets. Ich dachte an die Bibliothek damals in Ägypten, wo ich den Ältesten gefunden hatte, der Die Mutter und Den Vater der Sonne ausgesetzt hatte. Es mag ein Fehler sein, vielleicht sogar lächerlich wirken, aber in der Gegenwart von Büchern fühle ich mich immer sicher.
    Ich dachte an die Verluste, die ich bei der ersten Belagerung Roms erlitten hatte. Zwangsläufig fragte ich mich, welche griechischen und römischen Autoren hier verwahrt wurden. Denn wenn die Christen auch mit den Klassikern des Altertums sorgsamer umgingen, als man heute glaubt, so bewahrten sie doch nicht immer alles vor der Vernichtung.
    »Dein Blick ist hungrig«, sagte Eudoxia, »wenn mir auch dein Geist verschlossen ist. Ich weiß, du sehnst dich nach einem Lesestündchen hier. Es steht dir frei. Schick doch deine Schreiber, sie können nach deinen Wünschen Kopien anfertigen. Aber ich greife vor, nicht wahr? Wir müssen erst einmal reden. Wir müssen sehen, ob wir zu einer Übereinkunft kommen. Ich habe da noch Zweifel.« Sie wandte sich Avicus zu.
    »Und du, der du schon alt bist, du, der du das Blut in Ägypten bekamst, du lernst gerade erst die Liebe zum Reich der Bücher. Wie seltsam, dass du so lange dafür brauchtest.« Ich fühlte seine übersteigerte Erregung und seine Verlegenheit.
    »Ich lerne, ja«, antwortete er. »Marius ist mein Lehrer.« Dann stieg ihm flammende Röte in die Wangen.
    Maels stumme Wut ließ sich nicht übersehen, und mir kam plötzlich der Gedanke: So lange ist er für sein Unglück selbst verantwortlich gewesen, aber nun geschieht etwas, das ihm einen guten Grund für seinen Schmerz geben könnte.
    Natürlich beunruhigte es mich ungemein, dass keiner der beiden seinen Geist abschirmen konnte. Damals in Rom, vor langer Zeit, als ich sie zu finden

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