Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold
Einer der reizenden jungen Bluttrinker überreichte mir eine dünne Schriftrolle, die ich sogleich öffnete, um die in griechischer Schönschrift verfasste Mitteilung zu lesen.
»Es ist üblich, dass man meine Einwilligung einholt, ehe man in dieser Stadt jagt. Sucht mich bitte in meinem Palast auf«, lautete der Text, und unterschrieben war er mit »Eudoxia«. Wie von allem anderen in Konstantinopel war ich auch vom Stil dieses Briefes nicht sehr angetan, aber dass er mich überrascht hätte, konnte ich nicht sagen. Immerhin bot sich hier eine Gelegenheit, mit anderen Bluttrinkern zu sprechen, die keine fanatischen Schlangenanbeter waren, und eine solche Gelegenheit hatte sich nie zuvor ergeben.
Außerdem war mir in all den Jahren als Bluttrinker niemals jemand von so edler Anmut und Schönheit vor Augen gekommen wie diese beiden Knaben.
Unbestritten gab es auch unter den Satansjüngern Bluttrinker mit edlen Gesichtszügen und unschuldigem Blick. Aber es waren größtenteils Avicus und Mael, und nicht ich, die sich mit ihnen beschäftigten – sie töteten oder mit ihnen irgendwie überein kamen. Außerdem hatte sie ihr fanatischer Glaube verdorben. Diese Knaben jedoch wirkten entschieden interessanter in ihrer würdevollen Haltung und prachtvollen Ausstattung und durch die Beherztheit, mit der sie mich ansahen. Und der Name Eudoxia machte mich letztlich eher neugierig, als dass ich Furcht empfand.
»Ich werde mit euch gehen«, sagte ich sogleich. Doch die Knaben bedeuteten Mael und Avicus mit einer Geste, dass auch sie mitkommen sollten.
»Warum das?«, fragte ich, in Sorge um die beiden. Doch meine Gefährten sagten, ohne zu zögern, zu.
»Wie viele seid ihr?«, wollte ich von den Knaben wissen. »Eudoxia wird Eure Fragen beantworten«, antwortete der, der mir die Schriftrolle überreicht hatte. »Bitte kommt ohne weiteres Reden mit uns. Eudoxia hat schon seit längerem von Euch gehört und erwartet Euer Eintreffen.«
Sie geleiteten uns durch die Straßen, bis wir nach langem Wege in ein noch reicheres Stadtviertel kamen als das, in dem wir uns niedergelassen hatten. Auch das Haus war größer als unseres. Es hatte die übliche abweisende steinerne Front, die zweifellos einen innen liegenden Garten und reich ausgestattete Räume umschloss. Unterwegs hatten die Knaben ihre Gedanken gut verhüllt, aber ich konnte doch intuitiv ihre Namen erfassen. Sie hießen Asphar und Raschid. Zwei sterbliche Sklaven gewährten uns Einlass und führten uns in ein geräumiges Empfangszimmer, das ganz mit Gold ausgeschmückt war. Überall brannten Fackeln, und in der Mitte des Raumes ruhte auf einem vergoldeten Diwan mit purpurnen Seidenpolstern eine atemberaubende Bluttrinkerin. Sie hatte ähnlich wie die beiden Knaben dichtes schwarzes Lockenhaar, doch hing es lang herab und war mit Perlen durchflochten. Ihr Gewand aus Damast und das seidene Unterkleid scheuten keinen Vergleich zu dem, was ich in Konstantinopel gesehen hatte. Sie hatte ein kleines, ovales Gesicht, beinahe perfekt, selbst nach meinen Maßstäben, obwohl sie keinerlei Ähnlichkeit mit Pandora hatte, die für mich doch die Vollkommenheit in Person war. Ihre Augen waren rund und außergewöhnlich groß, ihre Lippen von einem wunderbaren Rot, und ihr entströmte ein Duft, den ein persischen Magier zusammengemischt haben musste, um uns damit den Verstand zu vernebeln.
Zahlreiche Armstühle und Diwane standen über den Mosaikboden verstreut, wo auch üppige griechische Götter und Göttinnen geschmackvoll zur Schau gestellt waren, etwa in der Art, wie es fünfhundert Jahre zuvor üblich war.
An den Wänden ringsum sah ich Fresken im selben Stil, während die etwas plumperen, aber reich verzierten Säulen späteren Datums zu sein schienen.
Die Haut der Vampirfrau war von perfektem Weiß und so ohne den winzigsten Hauch von Menschlichkeit, dass mich ein Schauer überlief. Aber der Ausdruck ihres Gesichts, der durch ihr Lächeln geprägt wurde, war freundlich und neugierig. Immer noch auf ihren Ellenbogen gestützt, blickte sie zu mir auf. Ihr Arm war über und über mit Armreifen geschmückt.
»Marius«, ihre Stimme war ebenso entzückend wie ihr Gesicht, und sie sprach kultiviertes, perfektes Latein, »du studierst diesen Raum vom Boden bis zur Decke wie andere ein Buch.«
»Ich bitte um Vergebung«, antwortete ich, »aber wenn ein Raum so exquisit ausgestattet ist, scheint es mir nur höflich, das zu würdigen.«
»Und du sehnst dich nach dem Rom von
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