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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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einst«, sagte sie, »oder nach Athen oder gar Antiochia, wo du früher gelebt hast.«
    Es war beängstigend. Sie hatte dieses Wissen aus den Abgründen meiner Erinnerungen hervorgeholt. Ich verschloss meinen Geist vor ihr. Aber nicht mein Herz.
    »Mein Name ist Eudoxia«, fuhr sie fort. »Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich euch in Konstantinopel willkommen heiße. Aber dies ist meine Stadt, und ich bin deshalb nicht sehr erfreut über euer Hiersein.«
    »Wir haben eine lange, mühsame Reise hinter uns. Und die Stadt ist sehr groß. Könnten wir uns darüber nicht irgendwie verständigen?«, fragte ich.
    Mit einer winzigen Geste schickte sie die sterblichen Sklaven fort. Nur Asphar und Raschid blieben, wie in Erwartung etwaiger Befehle ihrer Herrin.
    Ich wollte schon mit der Gabe des Geistes herausfinden, ob noch weitere Vampire das Haus bevölkerten, aber das hätte sie bemerkt, weshalb ich meinem Drang nicht nachgab.
    »Setzt euch doch bitte«, sagte sie, und die beiden schönen Knaben schoben daraufhin einige Diwane näher heran, sodass wir in weniger förmlichem Abstand beisammensitzen konnten. Ich bat um einen Lehnstuhl, und Avicus und Mael schlossen sich mit unsicherem Murmeln dieser Bitte an.
    »Ein alter Römer!«, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln. »Du verschmähst den weichen Diwan und ziehst den Stuhl vor.« Ich lächelte kurz und höflich.
    Aber dann spürte ich etwas sehr stark, was mich zu Avicus hinüberschauen ließ, der diese strahlende Bluttrinkerin anstarrte, als habe ihn Cupidos Pfeil gerade mitten ins Herz getroffen. Mael hingegen blitzte sie ebenso wütend an wie mich damals, vor Jahrhunderten, in Rom.
    »Mach dir um deine Freunde keine Sorgen«, sagte Eudoxia unvermittelt, sodass ich bestürzt aufschreckte. »Sie sind dir ergeben und werden sich deinen Worten fügen. Wir beide, du und ich, müssen uns nun unterhalten. Versteh mich, diese Stadt ist zwar groß und bietet Blut genug für viele unserer Art, doch häufig tauchen hier schurkische Bluttrinker auf, die man vertreiben muss.«
    »Sind wir denn Schurken?«, fragte ich sanft.
    Ich konnte meine Augen nicht von ihren Zügen abwenden – das runde Kinn mit dem Grübchen, die zarten Wangen. Sie wirkte, wenn man die Maßstäbe der Sterblichen anlegte, ebenso jung wie die beiden Knaben. Ihre Augen waren tiefschwarz und von so dichten schwarzen Wimpern umgeben, dass man hätte denken können, sie benutze ägyptische Schminke, was aber nicht der Fall war. Dieser Anblick ließ meine Gedanken zu Akasha schweifen, und mich überkam leichte Panik, während ich versuchte, meinen Geist zu klären. Was hatte ich getan, indem ich Jene, die bewahrt werden müssen hierher gebracht hatte? Ich hätte in den Trümmern Roms bleiben sollen! Aber ich durfte an all das jetzt nicht denken. Ich ließ meinen Blick auf Eudoxia ruhen, fast geblendet von den unzähligen Juwelen auf ihrem Gewand und ihren glitzernden Fingernägeln, ein Glanz, den ich nie bei einem von uns gesehen hatte, sah man von Akasha ab, und dann sammelte ich all meine Kraft und versuchte, in Eudoxias Geist einzudringen. Sie schenkte mir ein süßes Lächeln.
    »Marius, für das, was du vorhast, bin ich schon zu lange ein Bluttrinker, aber ich will dir gerne alles sagen, was du wissen willst.«
    »Darf ich dich mit dem Namen ansprechen, den du uns genannt hast?«, fragte ich.
    »Nun, ebendarum erfuhrt ihr ihn«, entgegnete sie. »Aber lass dir sagen, dass ich Ehrlichkeit von dir erwarte; andernfalls werde ich euch in meinem Einflussbereich nicht dulden.« Nun spürte ich, wie eine Welle von Zorn aus Mael hervorströmte. Ich warf ihm einen warnenden Blick zu, wobei ich abermals diesen völlig verzückten Ausdruck auf Avicus’ Gesicht bemerkte. Ich erkannte, dass Avicus möglicherweise noch nie zuvor einen Bluttrinker wie diese Frau gesehen hatte. Die jungen weiblichen Bluttrinker unter den Satansjüngern waren aus Überzeugung schmutzig und verlottert, und hier, auf diesem Diwan, ruhte eine Frau, die aussah wie die Kaiserin von Byzanz. Und es mochte gut sein, dass sie sich selbst auch so sah. Sie lächelte, als lägen all diese Gedanken offen vor ihr, und dann entließ sie die beiden Knaben Asphar und Raschid mit einer kleinen Geste ihrer Hand aus dem Raum.
    Sehr ruhig und gemächlich ließ sie ihre Augen über meine beiden Gefährten wandern, als sauge sie jeden einzelnen Gedanken aus ihnen heraus, der ihnen je durch den Kopf gegangen war. Ich betrachtete sie weiterhin gründlich,

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