Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold
die Perlen in ihrem Haar, die Perlenschnüre, die sie um den Hals trug, und die Juwelen, die nicht nur ihre Hände, sondern auch ihre nackten Zehen schmückten.
Schließlich wandte sie mir ihren Blick zu, und wieder breitete sich ein Lächeln auf ihren Zügen aus und erhellte ihr Gesicht.
»Wenn ich euch zu bleiben erlaube – und dessen bin ich mir noch gar nicht sicher –, dann müsst ihr treu zu mir stehen, wenn andere Bluttrinker kommen und unseren Frieden stören wollen. Ihr dürft euch nie mit ihnen gegen mich zusammentun. Ihr müsst Konstantinopel für uns allein bewahren.«
»Und was willst du tun, wenn wir uns nicht als loyal erweisen?«, fragte Mael in seinem zornigen Tonfall.
Eine ganze Weile hielt sie ihren Blick weiter auf mich gerichtet, so, als wolle sie ihn durch Nichtachtung strafen, dann erst, als müsse sie sich aus einem Bann lösen, sah sie Mael an.
»Wie kann ich dich nur zum Schweigen bringen, ehe du noch mehr törichtes Zeug redest?«, fragte sie ihn, ehe sie ihre Augen wieder mir zuwandte. »Lasst euch Folgendes gesagt sein: Ich weiß, dass ihr Die Mutter und Den Vater hütet. Ich weiß, dass ihr sie hierher, in sicheren Gewahrsam, brachtet. Sie sind in einer Kapelle tief unter eurem Haus.« Ich war wie vor den Kopf geschlagen.
Kummer schwappte wie eine Woge über mich hinweg. Abermals hatte ich das Geheimnis nicht wahren können. Auch damals, in Antiochia, war es mir nicht gelungen. Würde es immer und ewig so gehen? War es mir so bestimmt?
»Nicht so eilig, Marius, zieh dich nicht von mir zurück!«, fuhr Eudoxia fort. »Ich trank einst in Ägypten von Der Mutter, lange bevor du sie von dort fortbrachtest.«
Diese Aussage enthielt etwas seltsam Verheißendes. Sie warf ein kleines Licht in meine Seele. Plötzlich erfasste mich eine wundersame Erregung.
Hier war jemand, der all die uralten Geheimnisse verstand, so wie Pandora sie verstanden hatte. Dieses Geschöpf mit den feinen Zügen und den ebenso feinen Worten trennten Welten von Mael und Avicus. Wie sanft und vernünftig sie schien! »Wenn du möchtest, erzähle ich dir meine Geschichte, Marius«, sagte sie. »Ich bin immer schon ein der Welt zugewandter Bluttrinker gewesen, habe mich nie zu der alten ägyptischen Religion der bluttrinkenden Götter hingezogen gefühlt. Das Blut floss schon seit dreihundert Jahren in mir, als du geboren wurdest. Aber ich will dir gern alles sagen, was du wissen willst. Ich habe erkannt, dass Fragen deinen Weg durch die Welt bestimmen.«
»Ja«, stimmte ich zu, »das ist wahr, und nur zu oft habe ich diese Fragen an das Schweigen gerichtet oder, vor vielen Jahrhunderten, an Leute, die mir nur bruchstückhafte Antworten gaben, sodass ich sie zusammenfügen musste wie Fetzen alten Pergamentes. Ich giere nach Wissen. Ich giere nach dem, was du mir sagen willst.«
Sie nickte, es schien sie außerordentlich zu erfreuen.
»Einige von uns benötigen dieses vertrauliche gegenseitige Verstehen nicht«, sagte sie. »Brauchst du es, Marius? Ich kann viel aus deinen Gedanken lesen, aber das bleibt mir doch ein Rätsel. Muss man dich verstehen können?« Ich war verblüfft.
»Muss man mich verstehen?«, wiederholte ich und dachte darüber nach. Verstanden mich Avicus oder Mael? Nein. Aber einst, vor langer, langer Zeit hatte Die Mutter mich verstanden. Wirklich? Möglich, dass ich sie verstanden hatte, als ich mich so heftig in sie verliebt hatte.
»Darauf kann ich dir nicht antworten«, sagte ich leise. »Ich glaube, dass ich gelernt habe, die Einsamkeit zu lieben. Ich glaube, schon als Sterblicher liebte ich sie. Ich war ein Wanderer. Aber warum fragst du mich das?«
»Weil man mich nicht verstehen muss, ich brauche das nicht«, sagte sie, und zum ersten Mal kroch etwas wie Kälte in ihre Stimme. »Aber wenn du willst, erzähle ich dir aus meinem Leben.«
»Ich möchte deine Geschichte sehr gern hören«, antwortete ich.
Ich war betört. Wieder dachte ich an meine schöne Pandora. Hier saß eine unvergleichliche Frau, die anscheinend die gleichen Talente hatte. Ich wollte ihre Geschichte wirklich zu gern hören, außerdem war es für unsere Sicherheit unabdingbar. Aber wie sollten wir mit Maels Unbehagen und mit Avicus’ offensichtlicher Besessenheit umgehen?
Sie las diesen Gedanken, warf Avicus einen freundlichen Blick zu und richtete ihre Aufmerksamkeit dann eine Zeit lang auf den wütenden Mael.
»Du warst ein gallischer Priester«, sagte sie ungerührt zu ihm, »und doch hast du die
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