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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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nur wenig, da es darüber nur wenig zu schreiben gäbe. Nachforschungen und Experimente nähmen seine gesamte Zeit in Anspruch. Er erwähnte auch ein Laboratorium, das er in einem seiner Zimmer eingerichtet habe. Dass er nichts von Spaziergängen durch die prächtige alte Stadt mit ihrer verlockenden Silhouette aus uralten Kuppeln und Kirchtürmen und ihrem Wirrwarr aus Straßen und Gassen schrieb, deren geheimnisvolle Windungen und plötzliche Aussichten gleichzeitig anlockten und überraschten, erschien seinen Eltern als ein verlässliches Zeichen dafür, wie sehr seine neuen Interessen seinen Geist beherrschten.
    Im Juni 1924 setzte eine kurze Notiz sie über seine Abreise nach Paris in Kenntnis, wohin er schon zuvor ein- oder zweimal kurze Abstecher gemacht hatte, um in der Bibliothèque Nationale nach Material zu suchen. In den folgenden drei Monaten verschickte er bloß Postkarten, gab eine Adresse in der Rue St. Jacques an und erwähnte besondere Recherchen nach seltenen Handschriften in der Bibliothek eines ungenannten privaten Sammlers. Er mied alle Bekanntschaften, und kein Tourist konnte berichten, ihn gesehen zu haben.
    Dann folgte ein längeres Schweigen, und im Oktober erhielten die Wards eine Bildpostkarte aus Prag, auf der stand, dass Charles sich in dieser alten Stadt aufhielt, um mit einem alten Mann zu sprechen, der angeblich als letzter unter den Lebenden über einige sehr sonderbare mittelalterliche Wissensbestände verfüge. Er gab eine Anschrift in der Prager Neustadt an und setzte seine Eltern bis nächsten Januar von keinem Umzug in Kenntnis, bis mehrere Karten aus Wien von seiner Durchreise in östlicher gelegene Gebiete kündeten, wohin ihn einer seiner Briefpartner, der sich ebenfalls mit dem Okkulten beschäftige, eingeladen habe.
    Die nächste Postkarte kam aus Klausenburg in Siebenbürgen und berichtete von Wards Fortschritten auf dem Weg zu seinem Ziel. Er wolle einen Baron Ferenczy besuchen, dessen Anwesen in den Bergen östlich von Rakus liege, und könne zu Händen dieses Edelmanns in Rakus angeschrieben werden. Eine weitere Karte aus Rakus folgte eine Woche später – sie besagte, dass sein Gastgeber ihn mit einer Kutsche abgeholt habe und dass er nun das Dorf verlasse, um ins Gebirge zu fahren. Dies war die letzte Botschaft für einen beträchtlichen Zeitraum und er beantwortete auch keinen der vielen Briefe seiner Eltern bis in den Mai. Als er endlich schrieb, da war es nur, um seine Mutter davon abzubringen, sich mit ihm im Sommer in London, Paris oder Rom zu treffen, da die Wards nun ebenfalls nach Europa reisen wollten.
    Seine Recherchen, so schrieb er, ließen es momentan nicht zu, dass er seine derzeitige Unterkunft verließ, und die Lage des Schlosses von Baron Ferenczy sei nicht dazu angetan, Besucher zu empfangen. Es stünde auf einer Felswand in den dunklen, bewaldeten Gebirgen, und die Gegend würde derart von den Landbewohnern gemieden, dass normale Menschen sich dort unbehaglich fühlen. Ansonsten sei der Baron von einem Schlage, der korrekten und konservativen Bürgern aus Neuengland wahrscheinlich nicht zusagen würde. Sein Aussehen und Auftreten wären sehr eigenartig, und sein Alter sei so hoch, dass es beunruhigend wäre. Es sei besser, so meinte Charles, wenn seine Eltern in Providence auf seine Rückkehr warteten, die in nicht allzu ferner Zukunft läge.
    Diese Rückkehr fand allerdings erst im Mai 1925 statt, als der junge Wanderer nach ein paar Postkarten mit diesbezüglichen Informationen in New York von Bord der Homeric ging und mit einem Autobus die langen Meilen nach Providence zurücklegte. Dabei nahm er begierig den Anblick der grünen, wogenden Hügel, der duftenden, blühenden Haine und der weißen, von Türmen gekrönten Städte im frühlingshaften Connecticut in sich auf, denn seit beinahe vier Jahren hatte er das alte Neuengland nicht mehr gesehen.
    Als der Bus den Pawcatuck überquerte und inmitten des Feengoldes eines Spätfrühlingsnachmittags in Rhode Island einfuhr, schlug sein Herz schneller. Die Ankunft in Providence, über die Reservoir und Elmwood Avenue, löste bei ihm trotz der Tiefen verbotener Lehren, in die er eingetaucht war, atemberaubende und wundervolle Empfindungen aus. Auf dem hoch gelegenen Platz, wo sich die Broad, Weybosset und Empire Street kreuzen, sah er im Feuer der untergehenden Sonne vor und unter sich die hübschen, vertrauten Häuser und Kuppeln und Türme der alten Stadt. Er fühlte sich merkwürdig benommen, als

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