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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Zeit schwiegen alle, und in dieser Pause fügte sich der zerstreute Verstand des armen Curtis Whateley allmählich wieder zusammen; der Mann griff sich stöhnend an den Kopf. Seine Erinnerung schien dort wieder einzusetzen, wo sie abgebrochen war, und das Grauen, das ihn niedergestreckt hatte, stürmte wieder auf ihn ein.
    »Oh, oh, mein Gott, das halbe Gesicht – das halbe Gesicht obendrauf … dieses Gesicht mit den roten Augen un dem krausen Albinohaar, un kein Kinn hat’s gehabt, wie die Whateleys … Es war so ’ne Art Tintenfisch, ’n Tausendfüßler oder ’ne Spinne, aber da war’n halbes Menschengesicht drauf, un es hat ausgesehn wie das vom Hexenmeister Whateley, nur war’s viel größer …«
    Erschöpft hielt er inne, und die ganze Gruppe starrte ihn verwirrt an, von neuem Entsetzen ergriffen. Nur der alte Zebulon Whateley, der sich vage an uralte Dinge erinnern konnte, bislang aber geschwiegen hatte, erhob die Stimme.
    »Fünfzehn Jahr isses her«, redete er drauflos, »da hab ich den ollen Whateley sagen hörn, dass wir eines Tags ’n Kind vonner Lavinny hörn würden, wie’s den Namen von seinem Vater auf’m Gipfel vom Sentinel Hill rufen tut …«
    Doch Joe Osborn unterbrach ihn, um die Männer aus Arkham weiter auszufragen: » Was war das denn überhaupt, und wie konnt der junge Hexer Whateley es aus der Luft rufen, wo’s herkam?«
    Armitage wählte seine Worte mit großer Sorgfalt. »Es war – nun, es war größtenteils eine Art Kraft, die nicht in unseren Teil des Alls gehört; eine Art Kraft, die nach anderen Gesetzen als denen unserer Natur handelt und wächst und Gestalt annimmt. Es ist uns nicht gestattet, solche Dinge von draußen herbeizurufen, und einzig überaus verruchte Menschen und Sekten haben dies je versucht. Ein Teil davon war in Wilbur Whateley selbst – genügend, um einen Teufel, ein frühreifes Ungeheuer aus ihm zu machen und ihm ein ziemlich grausiges Aussehen zu geben. Ich werde sein verfluchtes Tagebuch verbrennen, und wenn ihr Männer klug seid, so sprengt ihr jenen Altarstein dort oben in die Luft und reißt auch auf den übrigen Hügeln alle Steinkreise nieder. Diese Dinge haben die Wesen hergebracht, die den Whateleys so nahestanden – die Wesen, die sie in körperlicher Gestalt hereinlassen wollten, um das Menschengeschlecht auszulöschen und die Welt zu einem namenlosen Zweck an einen namenlosen Ort zu zerren.
    Doch was dieses Ding betrifft, das wir gerade zurückgesandt haben – die Whateleys zogen es auf, um eine schreckliche Rolle bei dem zu spielen, was geplant war. Es wurde so groß aus dem gleichen Grund, weshalb Wilbur so schnell wuchs – doch es übertraf ihn, weil es einen größeren Anteil der Fremdartigkeit in sich trug. Ihr braucht nicht fragen, auf welche Weise Wilbur es aus der Luft gerufen hat. Das hat er nicht getan. Es war sein Zwillingsbruder, doch glich es mehr dem Vater als er .«

Vorwort zu »Der Flüsterer im Dunkeln« (The Whisperer in Darkness)
    ›The Whisperer in Darkness‹ ist eine Novelle von fieberhafter Intensität. Kein anderer Text Lovecrafts dürfte so massiv den Ton neurotischer Verschwörungs- und Verfolgungsängste treffen. Sowohl Wilmarth (der Erzähler) als auch Akeley verhalten sich völlig neurotisch, ja teilweise geradezu absurd. Dennoch ist die erzählerische Dichte so groß, dass man in ihre seelische Verfassung derart mit hineingezogen wird, dass man als Lesender für einen Augenblick sozusagen selbst ein wenig neurotisch wird. Eigentümlich ist der Rationalismus des Erzählers, der lange (wenn auch natürlich fiktional) gegen besseres Wissen durchgehalten wird. Wir sind diesem Stilmittel schon in ›The Case of Charles Dexter Ward‹ begegnet. Rationalismus erscheint hier als Verdrängung, als Ausblendung gegen besseres Wissen. Das ist eine Grundidee des Lovecraftschen Oeuvres. Sie berührt uns insofern merkwürdig, als Lovecrafts bewusste und offensiv vertretene Weltanschauung ja gerade strikt rationalistisch, positivistisch, materialistisch und atheistisch gewesen ist. Der Autor umspielt und unterwandert in seiner Geschichte also seine eigene Weltanschauung; Lovecrafts Erzählungen sind gegenüber seiner bewussten Philosophie in manchem geradezu antithetisch-komplementär. Dieses ist eine psychologische Wunderlichkeit, die Beachtung verdient.
    Die Motive der Verfolgungsängste in ›The Whisperer in Darkness‹ stammen aus den viel gelesenen Büchern von Charles Hoy Fort (1874–1932), dem großen Sammler

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