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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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altertümlichen Brunnens; doch die weisen Männer entgegneten ihm, dass Steine nicht schrumpfen. Der Meteorit strahlte nach wie vor Hitze aus, und Nahum erklärte, dass er nachts schwach leuchtete. Die Professoren gebrauchten ihre Geologenhämmer und stellten fest, dass das Gestein merkwürdig weich war. Tatsächlich war es so weich, dass man es für Plastik hätte halten können, und so schnitten sie eher ein Stück heraus, als dass sie es abbrachen, und nahmen es als Probe mit ins Labor der Hochschule. Sie transportierten es in einem alten Kübel, den sie sich aus Nahums Küche borgten, da selbst dieses kleine Stück einfach nicht abkühlen wollte. Auf dem Rückweg machten sie in Ammis Haus Rast, und alle wurden sehr nachdenklich, als Mrs. Pierce anmerkte, dass das Bruchstück immer kleiner werde und den Boden des Kübels verbrenne. Das Stück war wahrlich nicht groß, aber vielleicht hatten sie ja weniger mitgenommen, als sie geglaubt hatten.
    Am nächsten Tag – dies alles trug sich im Juni 1882 zu – kehrten die Professoren in heller Aufregung zurück. Als sie bei Ammi vorbeikamen, erzählten sie ihm von den sonderbaren Dingen, die mit dem Probestück vorgegangen waren: Sie hatten es in ein Becherglas gegeben, und es hatte sich völlig aufgelöst. Mehr noch, auch das Becherglas war verschwunden, und die klugen Männer sprachen davon, dass das seltsame Gestein eine Affinität zu Silizium aufweise. Es hatte sich in diesem so wohlgeordneten Laboratorium geradezu unglaublich verhalten; auf das Erhitzen über Kohle hatte es überhaupt nicht reagiert, nicht einmal Gase abgesondert, der Test mit Borax war gänzlich negativ ausgefallen, und es erwies sich bei jeder erdenklichen Hitze als absolut nicht flüchtig, sogar jener des Knallgas-Lötrohrs. Auf dem Amboss zeigte es sich höchst elastisch, und im Dunkeln gab es ein deutliches Glühen von sich. Nach wie vor wollte es partout nicht abkühlen, und bald hatte es die gesamte Universität in helle Aufregung versetzt. Als man es vor dem Spektroskop erhitzte und es daraufhin leuchtende Strahlen aussandte, die keiner Farbe des gewöhnlichen Spektrums entsprachen, flüsterte man atemlos von neuen Elementen, bizarren optischen Eigenschaften und anderen Dingen, die ratlose Wissenschaftler gern im Munde führen, wenn sie etwas Unbekanntem gegenüberstehen.
    So heiß, wie es war, testeten sie es in einem Schmelztiegel mit allen vorstellbaren Reagenzien. Wasser löste keine Reaktion aus. Das Gleiche galt für Salzsäure. Salpetersäure und selbst Königswasser zischten und verpufften bloß angesichts der sengenden Unverletzlichkeit des Steins. Ammi erinnerte sich an all das nur mit Schwierigkeiten, doch er erkannte einige Lösungsmittel wieder, als ich sie ihm in der üblichen Reihenfolge der Anwendung aufzählte. Ammoniak und Ätznatron, Alkohol und Äther, widerlich stinkender Schwefelkohlenstoff und ein Dutzend anderer Substanzen wurden ausprobiert; obwohl die Probe im Laufe der Zeit stetig an Gewicht verlor und auch ein wenig abzukühlen schien, konnte man in den Lösungsmitteln keine Veränderung feststellen, die darauf hindeutete, dass sie den Stein überhaupt angegriffen hatten. Es stand jedoch außer Frage, dass es sich um ein Metall handelte. Zum einen war es magnetisch, und nachdem man es den Säuren ausgesetzt hatte, schienen sich darauf ganz schwach die Widmanstätt’schen Figuren abzuzeichnen, die man auf Meteoreisen gefunden hat. Als es schließlich beträchtlich erkaltet war, führte man die weiteren Versuche in Glasgefäßen durch, und in einem Becherglas verwahrte man auch alle Splitter auf, in die man das ursprüngliche Fragment während der Untersuchung zerteilt hatte. Am nächsten Morgen waren sowohl die Splitter als auch das Becherglas spurlos verschwunden, und nur ein verkohlter Fleck auf dem Holzregal bezeichnete die Stelle, wo es gestanden hatte.
    All das berichteten die Professoren Ammi, als sie an seiner Tür Pause machten, und erneut begleitete er sie zu dem steinernen Boten von den Sternen; seine Frau blieb dieses Mal zu Hause. Nun war ziemlich eindeutig erkennbar, dass das Ding kleiner wurde; nicht einmal die nüchternen Professoren konnten das noch in Zweifel ziehen. Rings um den geschrumpften braunen Klumpen neben dem Brunnen war die Erde aufgelockert; während am Vortag sein Durchmesser noch über zwei Meter betragen hatte, maß er jetzt kaum noch anderthalb. Er war noch immer heiß, und die gelehrten Männer untersuchten sein Äußeres voller

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