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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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vergiftet sei. Natürlich musste das an dem Meteoriten liegen; und da man sich erinnerte, welchen Eindruck der Stein auf die Männer von der Universität gemacht hatte, wandten sich einige der Bauern an sie.
    Eines Tages statteten die Wissenschaftler Nahum einen Besuch ab, doch da sie wilde Gerüchte und abergläubisches Gerede nicht liebten, machten sie bloß vage Andeutungen. Die Gewächse waren freilich sonderbar, doch schließlich ist Stinkkohl immer von mehr oder weniger sonderbarer Form und Farbe. Vielleicht war aus dem Stein eine Art Mineral ins Erdreich gedrungen, das bald wieder ausgewaschen sein würde. Und was die Fährten und die verängstigten Pferde anging – natürlich war das bloß Bauerngerede, das ein Phänomen wie der Meteorit unweigerlich auslösen musste. Gegen so hirnverbrannten Klatsch konnten seriöse Männer wenig ausrichten; schließlich gibt es nichts, was abergläubische Bauern nicht behaupten oder vermuten würden. Und so blieben die dünkelhaften Professoren während der ganzen seltsamen Tage der Gegend fern. Nur einer von ihnen, dem die Polizei anderthalb Jahre später zwei Röhrchen mit Staub zur Untersuchung übergab, erinnerte sich, dass die sonderbare Farbe des Stinkkohls den anormalen Lichtbändern geglichen habe, die das Meteorstück im Spektroskop gezeigt hatte – und der zerbrechlichen Kugel, die in dem Stein aus dem All eingebettet gewesen war. Bei der neuen Analyse strahlten die Proben erst die gleichen merkwürdigen Bänder aus, verloren aber später diese Eigenschaft.
    Auf Nahums Grundstück schlugen die Bäume vorzeitig aus, und nachts wiegten sie sich unheimlich im Wind. Nahums zweitältester Sohn Thaddeus, ein Bursche von fünfzehn Jahren, schwor, dass sie sich auch hin und her wiegten, wenn es windstill war – eine Behauptung, die noch nicht einmal die Klatschmäuler glauben wollten. Eines jedoch war sicher: Unruhe lag in der Luft. Die gesamte Familie Gardner hatte sich angewöhnt, verstohlen nach etwas zu lauschen, wenngleich sie nicht sagen konnten, wonach. Dieses Horchen trat in Momenten auf, da ihnen das Bewusstsein halb zu entgleiten schien. Unglücklicherweise kamen solche Momente mit jeder verstreichenden Woche häufiger vor, bis man allgemein der Ansicht war, dass »mit Nahums ganzer Familie etwas nicht in Ordnung« sei. Als der frühe Steinbrech blühte, hatte auch er eine seltsame Farbe, zwar nicht dieselbe wie der Stinkkohl, aber doch eindeutig mit dieser verwandt und allen, die sie sahen, ebenso unbekannt. Nahum brachte einige der Blüten nach Arkham und zeigte sie dem Chefredakteur der Gazette, doch dieser Würdenträger schrieb bloß einen humorvollen Artikel darüber und gab damit die dunklen Befürchtungen der Bauern einem milden Spott preis. Es war Nahums Fehler gewesen, einem abgeklärten Stadtmenschen davon zu erzählen, wie sich die übermäßig großen Trauermantel-Schmetterlinge in der Nähe des Steinbrech verhielten.
    Im April ergriff eine Art Hysterie die gesamte Landbevölkerung, und immer seltener wurde nun die Straße neben Nahums Grundstück benutzt, bis man sie schließlich ganz aufgab. Der Grund dafür war die Vegetation. Alle Bäume im Obstgarten erblühten in den sonderbarsten Farben, und dem steinigen Boden des Hinterhofes und den benachbarten Weiden entsprangen bizarre Gewächse, die nur noch ein Botaniker mit der eigentlichen Flora der Region in Verbindung bringen konnte. Mit Ausnahme des Grüns der Grashalme und des Laubes waren weit und breit keine gesunden Farben zu sehen, überall herrschten die hektischen und prismatischen Varianten einer verdorbenen Primärfarbe, die nicht von dieser Welt war. Die Herzblumen nahmen eine finster-bedrohliche Gestalt an, und der Blutwurz wuchs unmäßig in einer schier perversen Farbenpracht. Ammi und die Gardners glaubten in den meisten der Farbtöne etwas gespenstisch Vertrautes zu erkennen, was sie schließlich auf die Erinnerung an die zerbrechliche Kugel im Meteor zurückführten. Nahum pflügte und säte die große Weide und die Parzelle weiter oben, das Land unmittelbar am Haus aber ließ er unberührt. Er wusste, dass jede Mühe sinnlos wäre, und hoffte, die seltsamen Gewächse dieses Sommers würden dem Erdreich alles Gift entziehen. Er war mittlerweile auf alles gefasst und hatte sich an das Gefühl gewöhnt, dass etwas in seiner Nähe war, das sich ihm bemerkbar machen wollte. Dass sein Haus von den Nachbarn gemieden wurde, machte ihm natürlich zu schaffen; seine Frau aber litt

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