Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
Arbeit erschöpfte ihn mehr als in den vorangegangenen Jahren, und er gelangte zu der Ansicht, sein Alter mache sich allmählich bemerkbar.
Dann kam die Erntezeit. Die Äpfel und Birnen reiften langsam heran, und Nahum schwor, dass seine Haine so ertragreich waren wie noch nie zuvor. Die Früchte selbst waren von erstaunlicher Größe und nie gekanntem Glanz, und es waren ihrer so viele, dass zusätzliche Körbe angefordert werden mussten, um der bevorstehenden Ernte Herr zu werden. Doch mit der Ernte kam die furchtbare Enttäuschung, denn trotz des prächtigen äußeren Scheins war kein einziges Stück Obst genießbar. In den feinen Geschmack der Birnen und Äpfel hatten sich eine hinterhältige Bitterkeit und ein abstoßender Nachgeschmack eingeschlichen, sodass selbst der kleinste Bissen eine anhaltende Übelkeit zur Folge hatte. Bei den Melonen und Tomaten war es nicht anders, und Nahum erkannte bekümmert, dass seine gesamte Ernte verloren war. Rasch zählte er eins und eins zusammen und erklärte, der Meteorit habe den Erdboden vergiftet. Er dankte dem Himmel, dass die meisten seiner Felder höher neben der Straße lagen.
Der Winter kam früh und war sehr kalt. Ammi sah Nahum weniger häufig als sonst; außerdem war ihm aufgefallen, dass sein Freund seit Kurzem besorgt wirkte. Auch der Rest der Familie war wortkarg geworden; nur noch unregelmäßig besuchten sie den Gottesdienst oder nahmen an den verschiedenen gesellschaftlichen Ereignissen des Landkreises teil. Diese Zurückhaltung oder Melancholie konnte sich niemand erklären, obwohl alle Mitglieder der Familie sich gelegentlich über gesundheitliche Probleme und ein Gefühl vager Unruhe beklagten. Nahum selbst äußerte sich am deutlichsten, als er einmal bekannte, dass gewisse Fährten im Schnee ihn beunruhigten. Es handelte sich dabei um die üblichen winterlichen Spuren von Eichhörnchen, Hasen und Füchsen, doch der grüblerische Bauer wollte in ihrer Art und ihrer Anordnung etwas Unnatürliches erkennen. Er drückte sich nie genauer aus, schien aber der Meinung zu sein, die Fährten würden der Anatomie und den Gewohnheiten von Eichhörnchen, Hasen und Füchsen nicht wirklich entsprechen. Ammi hörte sich dieses Gerede ohne größeres Interesse an, bis er eines Nachts auf dem Rückweg von Clark’s Corner auf dem Schlitten an Nahums Haus vorbeifuhr. Der Mond stand am Himmel, und ein Hase rannte über die Straße, und die Sprünge dieses Hasen waren länger, als es Ammi oder seinem Pferd gefallen wollte. Das Pferd wäre ihm beinahe durchgegangen, hätte er nicht die Zügel fest in der Hand gehabt. Danach schenkte er Nahums Geschichten mehr Glauben, und er fragte sich, weshalb die Hunde der Gardners jeden Morgen so verängstigt wirkten und zitterten. Es stellte sich heraus, dass sie sich kaum noch zu bellen trauten.
Im Februar gingen die Söhne der McGregors aus Meadow Hill auf die Murmeltierjagd, und unweit des Gardner-Hofes erwischten sie ein recht eigenartiges Exemplar. Die Körperproportionen schienen auf sonderbare, kaum zu beschreibende Weise verändert, und das Gesicht zeigte einen Ausdruck, den sie noch nie bei einem Murmeltier gesehen hatten. Die Burschen bekamen es mit der Angst zu tun und warfen das Ding sofort weg, weshalb die Menschen des Landkreises nur durch ihre grotesken Erzählungen von dem Tier erfuhren. Doch hatte es sich mittlerweile herumgesprochen, dass in der Nähe von Nahums Haus die Pferde scheuten, und sehr bald schon zirkulierte eine ganze Reihe abergläubischer Geschichten in der Gegend.
Die Menschen schworen, dass der Schnee auf Nahums Grundstück schneller schmolz als woanders, und Anfang März gab es in Potters Lebensmittelladen in Clark’s Corner eine aufgeregte Diskussion. Stephen Rice war am Morgen an Gardners Haus vorbeigefahren und hatte einige Stinkkohlpflanzen gesehen, die unweit des Waldes auf der anderen Straßenseite aus dem Morast sprossen. Nie zuvor habe er Exemplare von solcher Größe gesehen, und sie seien von einer seltsamen Farbe, die er gar nicht beschreiben könne. Ihre Form sei monströs, und sein Pferd habe wegen eines Geruchs, der Stephen noch nie untergekommen sei, geschnaubt. An diesem Nachmittag fuhren mehrere Leute dort vorbei, um sich die abnormen Pflanzen einmal anzusehen, und sie waren sich alle einig, dass solche Gewächse in einer gesunden Welt gar nicht gedeihen dürften. Man erinnerte sich an die schlechte Ernte des letzten Herbstes, und bald ging von Mund zu Mund, dass Nahums Boden
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