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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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und Verwesung bei lebendigem Leib kamen häufig vor. Im letzten Stadium – am Ende stand immer der Tod – wurden sie, ganz wie die Schweine, grau und klapperig. All das konnte nicht auf eine Vergiftung zurückgeführt werden, denn diese Fälle trugen sich alle in einem verschlossenen und sauberen Stall zu. Auch ein durch Bisse von wilden Tieren übertragener Virus kam nicht in Frage, denn welches Tier dieser Erde konnte schon durch feste Holzwände dringen? Es musste sich also um eine natürliche Krankheit handeln – aber welche Krankheit derartige Folgen zeitigen konnte, das lag außerhalb des menschlichen Vorstellungsvermögens. Als die Erntezeit kam, war kein einziges Tier auf dem Hof mehr am Leben. Vieh und Geflügel waren tot, und die drei Hunde waren eines Nachts verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Schon einige Zeit zuvor waren die fünf Katzen davongelaufen, doch das hatte kaum jemand zur Kenntnis genommen, da es nun keine Mäuse mehr zu geben schien und Mrs. Gardner die Einzige gewesen war, die sich um die anmutigen Tiere gekümmert hatte.
    Am 19. Oktober taumelte Nahum in Ammis Haus, um ihm eine fürchterliche Nachricht mitzuteilen. Thaddeus war in seiner Dachkammer gestorben, und zwar auf eine Art und Weise, die man nicht beschreiben konnte. Nahum hatte auf dem umzäunten Grundstück, das als Familienfriedhof diente, ein Grab ausgehoben und darin das beerdigt, was er vorgefunden hatte. Es konnte keine von außen kommende Todesursache gewesen sein, das kleine vergitterte Fenster und die verriegelte Tür waren unversehrt gewesen; aber alles war dem Geschehen im Stall sehr ähnlich. Ammi und seine Frau trösteten den verzweifelten Mann, so gut sie konnten, doch dabei erschauderten sie. Blankes Grauen schien den Gardners und allem, was sie berührten, anzuhaften, und die bloße Gegenwart Nahums in ihrem Haus war wie ein Lufthauch aus namenlosen und unbeschreiblichen Regionen. Widerstrebend begleitete Ammi Nahum nach Hause, und dort gab er sein Bestes, um den hysterisch weinenden kleinen Merwin zu beruhigen. Zenas musste nicht beruhigt werden. Seit einiger Zeit tat er nichts anderes mehr, als vor sich hin zu starren und das zu tun, was sein Vater ihm auftrug – Ammi hielt dies für ein äußerst gnädiges Los. Dann und wann wurden Merwins Schreie aus der Dachkammer beantwortet, und auf Ammis fragenden Blick hin sagte Nahum, dass seine Frau immer schwächer werde. Als die Nacht anbrach, machte Ammi sich auf den Heimweg, denn keine freundschaftlichen Bande konnten ihn dazu bewegen, dort zu bleiben, wo die Vegetation unmerklich zu leuchten begann und die Bäume vielleicht auch ohne jeden Luftzug schwankten. Es war ein Glück für Ammi, dass er kein besonders fantasievoller Mensch war. Auch so trug sein Verstand leichte Schäden davon, doch wäre er in der Lage gewesen, all die unheilvollen Zeichen um ihn herum in Verbindung miteinander zu setzen und zu deuten, dann wäre er unausweichlich völlig dem Wahnsinn verfallen. Im Dämmerlicht eilte er nach Hause, und in den Ohren hallten ihm noch die Schreie der Irren und des hysterischen Kindes.
    Drei Tage danach platzte Nahum am frühen Morgen in Ammis Küche, und da dieser gerade nicht anwesend war, erzählte er Mrs. Pierce, die ihm vor Angst erstarrt zuhörte, stammelnd eine neuerliche Schreckensgeschichte. Dieses Mal ging es um den kleinen Merwin. Er war verschwunden. Spät am Abend war er mit einer Laterne und einem Eimer hinausgegangen, um Wasser zu holen, und nicht wieder zurückgekommen. Er sei schon seit Tagen überaus nervös gewesen und habe kaum gewusst, was er tat. Bei jedem Anlass habe er geschrien. Als sein Vater einen panischen Schrei vom Hinterhof gehört hatte, war er zur Tür geeilt, doch der Junge war spurlos verschwunden gewesen. Nirgends schimmerte die Laterne, die er mitgenommen hatte, und von dem Kind selbst war keine Spur zu sehen. Zu diesem Zeitpunkt glaubte Nahum, auch die Laterne und der Eimer seien verschwunden, doch als der Morgen kam und der Mann von seiner die ganze Nacht währenden Suche im Wald und auf den Feldern heimgekehrt war, hatte er in der Nähe des Brunnens sehr merkwürdige Dinge gefunden: Eine zerschmetterte und augenscheinlich geschmolzene Eisenmasse, bei der es sich gewiss um die Laterne handelte; daneben lagen ein verbogener Griff und damit verschmolzene eiserne Ösen – anscheinend die einzigen Überreste des Eimers. Das war alles. Nahum fiel nichts mehr ein, Mrs. Pierce war ratlos, und als Ammi nach Hause kam und

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