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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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die auf Lovecraft eine unerschöpfliche Faszination ausgeübt haben müssen – tauchen in Erzählungen unseres Autors auf, etwa Gouverneur Stephen Hopkins und die vier Brown-Brüder (John, Joseph, Moses und Nicholas), die reichsten Bürger der Stadt. Providence hatte dabei zuerst einen bäuerlichen Charakter, wurde aber wegen seiner günstigen Lage bald auch zu einem Knotenpunkt des Handels, auch wenn es der Stadt bis heute nie ganz gelang, sich aus dem Schatten Bostons zu lösen (das heute etwa eine Stunde mit dem Auto entfernt ist, damals etwa einen halben Tag mit der Kutsche). Als Hafenstadt hat Providence im Laufe des 18. Jahrhunderts Newport und Portsmouth (die näher am Meer liegen) an Bedeutung überholt, was in ›The Case of Charles Dexter Ward‹ ja intensiv thematisiert wird. Die Schilderung des Hafenlebens in diesem Text ist ganz authentisch und von Lovecraft mit liebevoller Präzision (bis zu den langen Warenlisten) gestaltet. Die Brüder Brown, aber auch Joseph Curwen, verdanken ihren Reichtum dem Seehandel mit allen Teilen der Welt. Aber sie verwenden das Geld doch sehr unterschiedlich …
    Die von Anfang an bestehende geistige Spannung zwischen dem eher freidenkerischen Rhode Island und dem eher strikten und reglementierten Massachusetts hat Lovecraft vielfach beschäftigt und schlägt sich oft in seinen Texten nieder. »Ich kann schlechterdings nicht denselben hinterlistigen Eindruck des brütenden, lauernden Bösen in Rhode Island (oder im Süden, was das betrifft) fühlen wie in Massachusetts«, schreibt er am 5. März 1935 an Richard F. Searight. Daher wird das Böse in den großen Providence-Erzählungen Lovecrafts immer besiegt bzw. gebannt (›The Shunned House‹, ›The Case of Charles Dexter Ward‹ und ›The Haunter of the Dark‹). In einem tiefen symbolischen Sinn »kommt« Curwen aus Salem und ist in Providence ein »Zuwanderer«, der auch nach fast einem Jahrhundert ein »Fremder« geblieben ist. Das ist wohl auch der tiefere Grund für das erstaunlich vollständige »happy end« der Novelle: In Providence darf kein Rest des Grauens lauern (wie in jenem Brunnen auf der »Blasted Heath«, welchem der Leser an anderer Stelle in diesem Band begegnet).
    Wir wissen aus Lovecrafts Briefen genau, was seine unmittelbare Inspiration für die Abfassung von ›Charles Dexter Ward‹ war, nämlich die Lektüre von Gertrude Selwyn Kimball, Provindence in Colonial Times, Boston und New York 1912. Dieses wunderbare Buch, das Lovecraft im September 1925 in der New York Public Library entdeckt und gelesen hatte, erzählt detailreich und mit großem Vergnügen an allerlei personenbezogenem Klatsch die bewegte Geschichte der Stadt. Viele Anspielungen in ›Charles Dexter Ward‹ erklären sich unmittelbar, wenn man dieses Werk liest. Frau Kimball war keine professionelle Historikerin, sondern hatte einen Zugang, der demjenigen Lovecrafts ganz ähnlich war. Beide interessierten sich weniger für die großen Zusammenhänge als für das pittoreske Detail, die Menschen, Ereignisse und Gebäude, welche die Geschichte der Stadt ausmachen.
    Da Bibliotheken in ›The Case of Charles Dexter Ward‹ eine wesentliche Rolle spielen (wie ja auch in Lovecrafts Leben selbst), will ich einige Sätze über die in Providence befindlichen sagen. Im 18. Jahrhundert war der Buchbesitz auch wohlhabender Bürger in Amerika noch sehr bescheiden. Von Europa aus gesehen, befinden wir uns hier immer noch in einer entlegenen Region. Ein William Harris hinterließ 1682 in Providence insgesamt 26 Bücher, wie uns sein Testament vermeldet. Das war schon viel. Der Reverend John Checkley (1680–1754), dessen sprichwörtlicher, nicht immer jugendfreier Humor und unerschöpflicher Fundus an Anekdoten Lovecraft auf die Idee bringt, ihn mit Joseph Curwen zusammenkommen und dabei seine Urbanität merklich verlieren zu lassen, besaß bereits an die 1000 Bücher. 1754 legten einige reiche Bürger Geld zusammen, ließen in England Bücher kaufen und sie im Old State House (dem sehr bescheidenen Regierungssitz) aufstellen; das waren die ersten »öffentlich zugänglichen« Bücher. Curwen hilft sie ersetzen, als sie durch ein Feuer teilweise vernichtet werden … Eine wirkliche »Public Library«, die für alle Bürger offen stand, gab es in der Stadt erst 1878. Im Jahre 1900 – als Lovecraft 10 Jahre alt war – erhielt sie ein eigenes Gebäude. Daneben existierten in Lovecrafts Zeit natürlich schon die universitären Bibliotheken (die John

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