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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Derby war, als ich ihn erschoss . Ich werde verrückt, wenn das nicht geschieht, denn ich könnte der Nächste sein. Doch mein Wille ist keineswegs schwach – und ich werde ihn nicht durch das Grauen besiegen lassen, von dem ich nun weiß und das um mich herum schäumt. Ein Leben – Ephraim, Asenath und Edward – wer jetzt? Ich werde mich nicht aus meinem Körper vertreiben lassen … Ich werde nicht die Seele tauschen mit dieser von Kugeln durchlöcherten Leiche im Irrenhaus!
    Doch ich will versuchen, der Reihe nach von jenem letzten Grauen zu erzählen. Ich werde nicht darüber reden, was die Polizei beharrlich ignoriert – die Geschichten über das zwergwüchsige, groteske, übel riechende Ding, das kurz vor zwei Uhr nachts mindestens von drei Spaziergängern gesehen worden ist, und über den Ursprung der einzelnen Fußspuren an einigen Stellen. Ich will nur sagen, dass ich gegen zwei Uhr durch das Klingeln und Klopfen geweckt wurde – Klingeln und Klopfen zugleich, abwechselnd und unsicher in einer Art schwacher Verzweiflung, und jedes Mal im Versuch, Edwards altes Erkennungszeichen – erst zwei-, dann dreimal – nachzuahmen .
    Aus tiefem Schlaf gerissen, geriet ich sofort in Aufregung. Derby war an der Tür – und er erinnerte sich an das alte Erkennungszeichen! Diese neue Persönlichkeit hatte sich nicht daran erinnert … war Edward plötzlich wieder er selbst? Weshalb war er hier, in so großer Hast? War er vorzeitig entlassen worden oder war er geflohen? Ich warf mir einen Morgenmantel über und rannte die Treppe hinunter. Vielleicht war sein altes Ich zurückgekehrt und er hatte getobt, sodass man ihn nicht entlassen wollte, was ihn zu einem verzweifelten Ausbruch in die Freiheit getrieben hatte. Was auch immer geschehen sein mochte, er war wieder der gute, alte Edward und ich wollte ihm helfen!
    Als ich die Tür in die von Ulmen umstandene Finsternis öffnete, warf mich ein Hauch unerträglich fauligen Windes beinahe um. Ich würgte vor Ekel und sah eine Sekunde lang kaum die zwergwüchsige, bucklige Gestalt auf den Eingangsstufen. Edward musste geklopft haben, doch wer war diese stinkende, verkrüppelte Parodie? Wieso hatte Edward sich so rasch entfernen können? Ich hatte noch kurz vor dem Öffnen der Tür sein Klingelzeichen gehört.
    Der Besucher trug einen von Edwards Mänteln – der Saum berührte fast den Boden und die bereits aufgerollten Ärmel hingen trotzdem noch über die Hände. Auf dem Kopf saß ein tief ins Gesicht gezogener Schlapphut und ein Halstuch aus schwarzer Seide verbarg das Gesicht.
    Als ich verunsichert vortrat, gab die Gestalt ein halb flüssiges Geräusch von sich, wie jenes, das ich am Telefon gehört hatte – »glub … glub …« –, und hielt mir ein großes eng beschriebenes Blatt Papier entgegen, das auf das Ende eines langen Bleistiftes gespießt war. Ich schwankte noch immer wegen des tödlichen und unerklärlichen Gestanks, ergriff aber das Blatt und versuchte es im Licht des Eingangs zu lesen.
    Keine Frage, dies war Edwards Schrift. Doch warum hatte er mir geschrieben, wenn er hier war und an die Tür geklopft hatte – und warum war die Schrift so unbeholfen, grob und zittrig? Ich konnte in dem trüben Zwielicht nichts entziffern, darum trat ich ein Stück zurück in die Diele, und die Zwergengestalt watschelte mir mechanisch hinterher, verharrte aber an der Schwelle der Innentür. Der Geruch dieses eigenartigen Boten war wirklich abstoßend, und ich hoffte (Gott sei Dank nicht umsonst!), dass meine Frau weiterschlief und nichts von alldem bemerkte.
    Als ich die Botschaft las, fühlte ich meine Knie weich werden, und mir wurde schwarz vor Augen. Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Boden, in der vor Angst verkrampften Hand hielt ich noch immer jenes verfluchte Blatt. Folgendes stand darauf:
    »Dan – geh ins Sanatorium und töte es. Lösche es aus. Das ist nicht mehr Edward Derby. Sie hat mich erwischt – es ist Asenath –, und sie ist seit dreieinhalb Monaten tot . Ich habe gelogen, als ich sagte, sie sei fortgegangen. Ich habe sie getötet. Ich musste es tun. Es kam überraschend, wir waren allein und ich befand mich in meinem eigenen Körper. Ich packte einen Kerzenständer und schlug ihr den Schädel ein. An Halloween hätte sie mich für immer gehabt.
    Ich habe sie in dem hintersten Kellerraum unter ein paar alten Kisten begraben und alle Spuren beseitigt. Die Dienstboten hegten schon am nächsten Morgen einen Verdacht, haben aber selbst so

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