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Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Lake
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früh eingetroffene Händler bereits ihre Buden aufbauten.
    »Aber Markttag war doch gestern«, sagte Elsa überrascht. »Warum heute schon wieder?«
    »Die Menschen feiern das Frühlingsfest«, erklärte Cluaran. »Es dauert drei Tage – auch wenn von Frühling noch nicht viel zu spüren ist.« Seine Augen funkelten spöttisch. Es war kalt und der Himmel über ihnen war mit grauen Wolken verhangen. »Doch das ist allen Kindern Adams gemein: Sie trinken und lachen um der Unterhaltung willen.« In leichterem Ton fügte er hinzu: »Was mir nur recht sein kann, schließlich muss ich mein tägliches Brot verdienen.«
    Allmählich füllte sich der Platz mit Menschen. Auf der Straße sah Elsa Karren in die Stadt rollen. Ein Mann führte einige Pferde an ihnen vorbei.
    »Wir treffen uns bei Sonnenuntergang wieder hier«, sagte Cluaran. »Benehmt euch so unauffällig wie möglich.« Er wandte sich ab und folgte eilig dem Pferdehändler.
    Der Markt belebte sich, und Adrian sah, dass Cluaran Recht hatte. Es handelte sich um eine Mischung aus Markt und Jahrmarkt. Hausierer verkauften Amulette, Ketten aus Holzperlen und Glücksbringer. Neben Essen wurde allerlei Unterhaltung angeboten. Ein zerlumpter Mann spielte für einige Münzen, die Passanten ihm zuwarfen, Dudelsack, an ein, zwei Buden konnte man Glücksspiele machen oder sich die Zukunft vorhersagen lassen. Adrian verspürte in der Menge der Marktbesucher eine Freiheit, die ihn ganz benommen machte. Zu Hause konnte er keinen Schritt ohne Leibwächter tun.
    Sie bekamen Hunger und ließen sich von ihren Nasen zu einem offenen Holzkohlefeuer führen, über dem an einem Spieß ein ganzes Schwein briet. Wenig später bissen sie genüsslich in das saftige Fleisch. Fett lief ihnen übers Kinn.
    Am Nachmittag trafen weitere Unterhaltungskünstler ein – Dudelsackspieler, Sänger und ein stämmiger Bursche mit einer großen Trommel.
    »Findet die Kugel, meine Herren, findet die Kugel! Oder wollt Ihr Euer Glück versuchen, meine Dame? Eine Silbermünze, wenn Ihr die Kugel findet.«
    Die durchdringende Stimme kam von einem mit ochsenblutrotem Stoff ausgeschlagenen Stand. Adrian blieb davor stehen. Eine kleine Menge hatte sich um einen Tisch versammelt, an dem ein stiernackiger Mann mit drei Bechern hantierte. Er warf sie nacheinander in die Luft und stellte sie dann mit der Öffnung nach unten auf ein Brett. Dann hielt er eine gelb angemalte Holzkugel hoch und schob sie mit einer ausholenden Handbewegung unter den mittleren Becher.
    »Das kenne ich«, flüsterte Elsa. Der Mann begann die Becher rasch über das Brett zu schieben. »Es sieht leicht aus, aber man findet die Kugel nie.«
    Ein Besucher zahlte einen Pfennig und riet, dann ein zweiter, doch der Budenbesitzer schien unschlagbar. Die kleinen Becher waren in seinen Händen kaum zu sehen, wahre Pranken, die sich trotz ihrer Größe schwindelerregend schnell bewegten und die Becher in komplizierten Folgen über den Tisch schoben, ohne sie je abzuheben. Fasziniert folgte Elsa ihnen mit den Augen.
    »Der muss es sein!«, murmelte sie, als die Hände zum Stillstand kamen, und starrte auf den linken Becher. Der letzte Kunde glaubte das auch und zeigte auf ihn.
    Adrian schüttelte den Kopf. »Da ist sie nicht drunter«, murmelte er. »Der Mann hat sie wieder unter den rechten geschoben.«
    Der Mann hob den linken Becher schwungvoll auf. Er war leer. »Und hier ist die Kugel!«, brüllte er und ließ die Holzkugel aus dem rechten Becher fallen. Der Kunde musste seinen Einsatz verloren geben und ging.
    Elsa starrte Adrian mit offenem Mund an. »Du hast gesehen, wie er sie unter den rechten Becher geschoben hat!« Leiser fügte sie hinzu: »Oder hast du … du weißt schon, mit den Augen …?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Adrian. »Jedenfalls nicht absichtlich.« Er errötete schuldbewusst, denn er kam sich vor wie ein Betrüger. Doch dann dachte er, warum sollte er es nicht versuchen? Er konzentrierte sich auf den Budenbesitzer. Nach einem Moment der Unsicherheit blickte er plötzlich durch dessen Augen. Er sah den Tisch unter sich und die großen, sich blitzschnell bewegenden Hände. Die hölzerne Kugel sah er nicht, doch er wusste instinktiv, wo sie sich befand, als konzentriere der Mann sich ganz besonders auf den Becher mit der Kugel.
    Er spürte noch etwas anderes, ein Gefühl, vor dem er sich sofort in sich selbst zurückzog: Der Mann verachtete sein Publikum. Er betrachtete die Zuschauer als Dummköpfe, mit denen man spielen

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