Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert
ob ich schwören könne, dass kein böser Zauber im Spiel sei. Ich sagte, Elsa habe das Schwert von einem Mann bekommen, dem ich bedingungslos vertraue, und was böse Zauberer angehe, so hätte ich mit eigenen Augen gesehen, wie sie einen davon mit dem Schwert niedergeschlagen habe. Daraufhin wünschte er uns den Segen der Götter.« Cathbar lachte kurz. »Den wünsche ich uns auch, Junge – und eine glückliche Rückkehr.«
Fritha ging zielstrebig voran, doch dann lichteten sich die Bäume und zwischen den Stämmen sah man hin und wieder schon die verschneite Ebene. Fritha wurde langsamer. Elsa sah sich wachsam um. Das Tageslicht begann zu schwinden und das Schwert in ihrer Hand leuchtete wieder. Adrian suchte den Wald nach Augen ab, doch war ihm bisher nichts Bedrohliches aufgefallen. Nur einige Waldvögel flogen durch die Bäume und einige pelzige Tiere, die nicht größer waren als eine Maus, huschten über den Boden. Doch Fritha schien immer ängstlicher zu werden.
»Wir nähern uns dem Eis«, sagte sie. »Wenn wir aus dem Wald kommen, müssen wir auf tiefe Spalten achten, die der Pulverschnee zugedeckt hat – die Úminnigjar. «Orte des Vergessens, übersetzte Cathbar. »Wer dort hineinfällt, ist für immer verloren.«
Die Sonne war fast untergegangen, als sie den Waldrand erreichten. Die Abstände zwischen den Bäumen wurden größer, rötliches Licht fiel auf den Waldboden. Dann hörten die Bäume ganz auf und vor ihnen erstreckte sich eine endlose Leere. Alles war konturlos weiß, nur einige wenige, rötlich glänzende Buckel ragten aus dem Schnee. Links erstreckte sich eine schwarze Linie von Bäumen nach Norden und in der Ferne verschmolzen graue Berge mit tief hängenden, rosa gestreiften Wolken. Elsa wollte auf die Schneefläche hinausgehen, doch Fritha hielt sie zurück.
»Wir müssen den Bäumen nach Norden folgen«, sagte sie. »Der Eigg Loki liegt nordöstlich von hier und wir können heute noch im Wald übernachten.«
Elsa murmelte enttäuscht etwas, wandte sich aber nach links und ging an den Bäumen entlang. Adrian sah, dass sie immer wieder sehnsüchtig über die weiße Schneewüste zu den Bergen hinüberstarrte. Er selbst ging lieber am Waldrand entlang. Die Schneefelder waren so riesig. Es schien dort kein Leben zu geben und man konnte sich nirgends verstecken. Er schickte wieder seinen Blick aus – und blieb stehen. Dort, in den Bäumen neben ihm, bewegte sich etwas, das er kannte. Es lief über den Boden, war aber keine Maus und auch kein Fuchs … er hörte ein Hecheln … und sah eine weiße Flanke.
»Wölfe!«, rief er.
Die anderen blieben stehen. Cathbar zog rasch sein Schwert, Fritha legte Pfeil und Bogen an.
»Bist du sicher?«, fragte Cathbar nach einer Pause.
Adrian nickte. Er spürte, wie die Wölfe näher kamen. Einen kurzen Moment lang riskierte er es, durch die Augen eines Wolfes zu blicken. Neben ihm rannten die anderen Wölfe. Sie hatten weiße Felle. Sie folgten ihrer Beute, jedoch aus größerer Entfernung … ein Unterschied zum ersten Mal. Dieser Wolf hatte keinen Hunger, er war nur … wachsam.
»Adrian!« Elsas Stimme holte ihn zurück. »Kannst du nicht herausfinden, was sie vorhaben? Wir müssen weiter!«
Adrian sah sie gereizt an. »Sie wollen uns nicht angreifen – jedenfalls jetzt noch nicht«, sagte er steif. »Aber sie sind ganz in der Nähe. Ich glaube, sie folgen uns.«
Sie gingen weiter, aber langsam und auf der Hut. Fritha leistete Adrian Gesellschaft. »Thu hefir andarauga?« ,fragte sie. »Du kannst in die Ferne blicken?« Er nickte und sie sah ihn aus großen blauen Augen an. »Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der das kann.« In ihrer Stimme schwang eine ganz neue Achtung mit.
Sie ging schneller und setzte sich wieder an die Spitze der Gruppe. Adrian sah ihr nach. Hoffentlich misstraute sie ihm nicht wegen dieser Gabe wie so viele Menschen zu Hause. Ihre Meinung war ihm wichtig, obwohl er nicht hätte sagen können warum.
Der Weg an den Bäumen entlang führte sie in einer weiten Kurve nach Nordosten. Es dämmerte jetzt rasch. Die Schneefelder wurden zu einer riesigen, konturlosen grauen Fläche, die Bäume zu einer undurchdringlichen schwarzen Masse. Fritha blieb stehen.
»Wir sind fast am Ende des Waldes angelangt«, sagte sie. »Wir können uns zwischen den Bäumen zum Schlafen hinlegen. Sind wir im Wald sicher, Adrian?«
Adrian schickte seinen Blick vorsichtig zu den Wölfen zurück. Sie folgten ihnen immer noch wachsam –
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