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Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert

Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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doch wieder spürte er keine Angriffslust und keinen Hunger hinter den gelben Augen. Was fühlte er stattdessen? Eine Art Interesse – wenn es sich um Menschen gehandelt hätte, hätte er gesagt, Sorge.
    Bewachten die Wölfe sie etwa?

6. KAPITEL
    Über die Seereise will ich nicht viele Worte verlieren. Stürme folgten uns, als wolle der böse Dämon uns damit aufhalten, und meine Frau litt schwer am Heimweh nach Heide und grünen Bäumen. Nur Starling behielt seine gute Laune und gab auch uns Kraft. Und so trafen wir an einem Tag, an dem die Wolken tief am Himmel hingen, in einem Land ein, in dem nichts zu wachsen schien außer Eis, Felsen und schwarzen Kiefern.
     
    Cluaran spähte ungeduldig in den Nebel. Er hatte es eilig und das kleine Schiff kam nur langsam voran! Dabei war die Überfahrt zunächst schnell vonstatten gegangen. Er hatte das Schiff aufgrund seines schnittigen Rumpfes ausgewählt, und es glitt auch mühelos durchs Wasser, solange Wind das Segel füllte. Doch im selben Augenblick, in dem am Horizont Land in Sicht gekommen war, hatte der Wind sich gelegt. Nur ein schwaches Lüftchen wehte und das ganze Geschick des Steuermanns konnte nichts daran ändern, dass sie kaum noch Fahrt machten. Cluaran hatte sich zu den anderen Männern an die Ruder gesetzt, als könne er mit seiner Körperkraft das Schiff schneller voranbringen. Doch dann war Nebel gefallen und er hatte das Ruder auf Anweisung des Kapitäns weglegen müssen. Die Matrosen warfen ihm argwöhnische Blicke zu, und sein Nebenmann war von ihm abgerückt, als wolle er ihn nicht berühren. Schon vor der Flaute hatten sie dem Passagier misstraut, der sie zu einem solchen Umweg von ihrer gewohnten Route veranlasste, auch wenn er in Gold zahlte. Jetzt, eingehüllt in weiße Watte, war von Zauberei und vom bösen Blick die Rede.
    Cluaran saß schlecht gelaunt am Bug und versuchte das Land durch die Kraft seines Willens näher zu bringen. Er überlegte sogar, ob er den Wind beschwören solle, obwohl er davon kaum eine Ahnung hatte. Doch die Gebieter dieses Landes würden das Schiff ans Ufer lenken, wenn sie ihn sehen wollten. Eine freundliche Begrüßung erwartete ihn allerdings nicht, das wusste er.
    Plötzlich leuchtete im Nebel über dem Bug etwas hell auf. Der Steuermann hatte Funken aus seinem Feuerstein geschlagen, entzündete damit einen Lappen, den er um einen Pfeil gewickelt hatte, und schoss den Pfeil in den Nebel ab. Die Flamme beschrieb einen kleinen Bogen und leuchtete einige Augenblicke tapfer, dann ging sie aus. Die Männer stöhnten, doch der Steuermann schoss einen zweiten brennenden Pfeil ab. Zu hören war nichts, doch der Pfeil traf etwas. Die kleine Flamme blieb mitten in der Luft stehen, etwa auf der Höhe des Masts. Der Kapitän änderte den Kurs und die Matrosen riefen Bravo und schlugen einander erleichtert auf den Rücken. Auch Cluaran war erleichtert, ließ sich jedoch nichts anmerken. Was immer ihm an Gefahren drohte, er näherte sich jedenfalls wieder seinem Ziel.
    Der Nebel begann sich allmählich zu lichten. Hohe, schwarze, mit Flechten überwachsene Klippen kamen in Sicht – der Pfeil steckte in einer Felsspalte – und dahinter ein Hafen und ein kleines Fischerdorf mit einem halben Dutzend, dem eisbedeckten Strand zugewandten Hütten und einem dichten Wald im Hintergrund. Die Matrosen hatten ihre schlechte Laune vergessen und ruderten eifrig. Kurz darauf fuhren sie in den Hafen ein – wenn man die paar an einen Felsen angebauten Meter Mauer so nennen konnte, dachte Cluaran. In die Mauer, die sich in einem niedrigen Ausläufer des Felsens fortsetzte, der wie der Strand mit grauem Eis überzogen war, waren einige Haken mit Tauen eingelassen.
    Cluaran überprüfte noch einmal, ob sein Gepäck sicher im Ranzen verstaut und das Buch in sein Ölzeug eingeschlagen war. Dann stand er auf, balancierte geschickt auf den schwankenden Planken und sprang, sobald der Steuermann mit dem Schiff längsseits gegangen war, auf die Mauer. Die Steine waren eisglatt, doch Cluaran hatte den Sprung gut abgeschätzt.
    »Ihr braucht nicht festzumachen!«, rief er dem Kapitän zu. »Ich sage Euch jetzt Lebewohl und Ihr könnt gleich wieder auslaufen.«
    Der Kapitän wollte den abgeschiedenen Ort wie seine Männer möglichst schnell wieder verlassen, doch fühlte er noch eine gewisse Verantwortung gegenüber dem spendablen Passagier. »Ihr werdet nicht abgeholt, Herr?«, fragte er unsicher.
    »Man kennt mich im Dorf«, log Cluaran. »Man wird

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