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Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert

Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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offene Gelände. Und wenn man sie nicht zum Ziel schleppen konnte, konnte man sie vielleicht dorthin treiben.
    Einst hätte der Drache so etwas nicht getan. Einst lebte er nur für den Himmel und die Jagd – den Sturzflug auf die quiekende Beute, die Freude des Packens und Zerreißens und den würzigen Geschmack des Blutes. Doch seit die Stimme in seinen Kopf eingedrungen war, war diese Zeit vorbei. Er war der Regung des Bedauerns nicht fähig, aber einen flüchtigen Augenblick lang sah er sich auf die Beute hinunterstürzen, die sich gegen ihn gewandt hatte, den leuchtenden Stachel in Stücke beißen, der ihn am Bein und am Auge verletzt hatte, und die Beute verschlingen …
    Er brüllte lange, so angenehm war ihm diese Vorstellung, und sein Feueratem strich über die felsige Wand. Dann kroch er, dem Befehl der Stimme folgend, knurrend vor Schmerzen zum Höhleneingang, breitete die großen Schwingen aus und flog zum Abendhimmel hinauf. Mit baumelndem Vorderfuß stieg er in weiten Kreisen über die verschneite Ebene auf und suchte mit der Nase, mit dem Instinkt des Jägers und mit seinem noch guten Auge nach den kleinen Geschöpfen, die er nicht – noch nicht – töten durfte.

7. KAPITEL
    Die Fischer im Hafen hatten Angst vor Fremden und wollten uns nicht beherbergen, aber wir hatten im Voraus eine Nachricht an jemanden geschickt, dessen Namen die Besucher von den Fay mir gegeben hatten – Erlingr. Wir übernachteten in jener Nacht in einer Höhle und am folgenden Morgen holten uns Erlingrs Leute dort ab.
    Sie waren so farblos wie das Eis und hielten Abstand von unserem Feuer, als würden sie sonst schmelzen. Bei ihnen war eine Frau, kaum älter als ein Mädchen. Sie war genauso bleich wie die anderen, doch ihre Haare und Augen waren schwarz wie Kohlen. Sie sah uns erwartungsvoll an, als hätten wir etwas mitgebracht, auf das sie schon lange wartete. Und mein Sohn Starling erwiderte ihren Blick mit derselben Erwartung.
     
    Sie marschierten zwischen den Bäumen am Rand des Waldes entlang und fingen die ersten schwachen Strahlen der frühen Morgensonne ein. Elsa spürte die angenehme Wärme und blickte mit einem wohligen Schauer zum blassblauen Himmel zwischen den Bäumen hinauf. Seit ihrem Aufbruch im ersten Morgengrauen spürte sie eine freudige Erregung, die ständig zunahm. Die anderen hatten sich über feuchte Decken und steife Glieder beklagt, aber Elsa hatte ihnen kaum zugehört. Sie war auf dem richtigen Weg, sie wusste es. In der Hand spürte sie das Gewicht des unsichtbaren Schwertes. Es stand ihr so lebhaft vor Augen, dass sie gleichsam die Reflexe des Sonnenlichts auf seiner Klinge zu sehen meinte, wenn sie es in Gedanken schwang. Und sie meinte auch ganz leise seine Stimme zu hören – ihre Stimme, inzwischen so vertraut wie die eigene. Sie müsse sich sputen, murmelte die Stimme.
    Das Gefühl, dass ihr nicht viel Zeit blieb, begleitete sie ständig, ohne dass sie wusste, was sie in den Bergen vorfinden würde. Ob es dort wirklich Geister gab, wie Fritha fürchtete?
    Sie fröstelte. Vor einigen Tagen hatte sie Drachen noch für Fabelwesen gehalten. Jetzt wusste sie es besser. Das Ungeheuer, das sie entführt hatte, war zum Eigg Loki unterwegs gewesen. Ob sie dort gegen es kämpfen musste? Und wartete in den Tiefen des Berges Loki auf sie, der Dämon und Gott, von dem Cluaran und Grufweld erzählt hatten? Oder war es nur ein böses Schicksal, das Drachen rief und Menschen in den Wahnsinn trieb?
    Die kalte Stimme in ihrem Kopf gab keine Antwort. Sie flüsterte nur: Ich stehe dir in allen Gefahren bei.
    Die Stimmen ihrer Gefährten drangen in ihre Gedanken ein. Fritha erzählte Adrian und Cathbar von ihrer Heimat – den dunklen strengen Wintern, in denen sie und ihr Vater Tag und Nacht ein Feuer vor der Hütte brennen ließen, um die Wölfe abzuschrecken, den Seen im Schatten der Berge, an denen Fischer zelteten, bis sie genug gefangen hatten und in ihre Dörfer zurückkehren konnten … und dem Gebirge, in das sich aus Angst vor den dort lebenden Geschöpfen niemand wagte.
    Elsa verstand das meiste von dem, was Fritha sagte. Sie hatte die blonden, bärtigen Matrosen, die ihren Vater auf Fahrten nach Hibernia begleitet hatten, oft Dansk sprechen hören. Cathbar schien die Sprache wie ein Einheimischer zu sprechen, doch Adrian tat sich schwer damit. Er unterbrach Fritha nach jedem zweiten Satz und ließ sich etwas erklären. Anschließend übersetzte er ihre Worte sorgfältig ins Englische, das sie

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