Chroniken der Dunkelheit - 02 - Kristallschwert
hier! Er wusste um ihre Macht. Was würde sie tun, wenn Loki sie gefangen hatte? Und wie kann ich sie zurückgewinnen?, fragte eine Stimme in seinem Kopf. Doch daran wollte er vorerst nicht denken.
Er trat vorsichtig auf und seine Sinne waren aufs Äußerste gespannt. Er durfte nicht in eine Falle laufen. Rennen hat keinen Sinn! ,sagte er sich. Denk daran, wie weit es ist – wir brauchen unsere Kräfte am Ziel noch. Trotzdem beschleunigte er unwillkürlich seine Schritte. Er hörte, wie Adrian und Fritha sich hinter ihm leise unterhielten. Am liebsten hätte er ihnen befohlen, still zu sein. Aber wozu? Loki wusste ohnehin, dass sie kamen. Die Ketten mochten ihn an die Kammer mit dem Feuer fesseln, doch mit seinem Bewusstsein streifte er längst durch die nähere und auch weitere Umgebung.
Adrian und Fritha verstummten nach einer Weile von selbst, als sauge der Tunnel nicht nur alles Licht, sondern auch alle Geräusche auf. Es wurde warm. Cluarans Fackel qualmte erbärmlich. Träge blieb der Rauch hinter ihm hängen und er hörte Adrian husten. Dann löste sich das Ende des Stoffes, den er um das Scheit gewickelt hatte, und ein Funkenregen ging auf seinen Ärmel nieder. Er fluchte und bewegte den Arm, um die Funken zu löschen – doch nun fing der Ärmel Feuer. Das Feuer lief seinen Arm hinauf und über seine Brust und im Nu war sein ganzer Leib in Flammen eingehüllt.
Er hörte, wie Adrian erschrocken aufstöhnte. Fritha schrie und sogar Ari schien etwas zu rufen. Ohne auf sein panisch hämmerndes Herz zu achten, schloss er die Augen. Nein. Die Hitze, die er spürte, war nicht schlimmer als zuvor. Doch sein Bewusstsein meldete ihm immer noch in heller Aufregung, dass sein Körper brenne …
»Nein!«, schrie er laut und öffnete die Augen. Die Hand, welche die Fackel hielt, stand in Flammen, und die Haut war verkohlt und mit Blasen übersät. Er wandte den Blick ab und drehte sich zu den anderen um. Ihre Gesichter waren im rötlichen Schein der Flammen deutlich zu erkennen. Sie waren einen Schritt zurückgewichen, nur Ari rührte sich nicht.
»Das ist kein Feuer!«, rief Cluaran. »Es scheint nur so!« Doch Adrian und Fritha starrten ihn weiter schreckensbleich an. Cluaran sah an sich hinunter. Aus seiner Brust schlugen Flammen, als brenne sein Herz. Seine Hände waren verkohlte Klauen. Er wandte sich zum Gehen. »Kommt!«, rief er, ohne sich noch einmal umzusehen. »Wenn das hier ein wirkliches Feuer wäre, würde ich nicht mehr stehen.«
Hinter ihm rührte sich noch immer nichts. Er drehte sich wieder um und sah, dass die Flammen sich ausgebreitet hatten und den Tunnel in seiner ganzen Breite ausfüllten. Er holte tief Luft.
»Ich bin unverletzt!«, brüllte er. »Schließt die Augen und lauft durch!«
Da folgten sie ihm durch das Feuer. Adrian öffnete die Augen schon nach dem ersten Schritt und sah verwundert, wie die Flammen an ihm leckten, ohne dass er sie spürte. Fritha hatte die Augen fest geschlossen und hielt sich an seinem Mantel fest. Am meisten schien das Feuer Cathbar zuzusetzen. Er marschierte mit halb geschlossenen Lidern hindurch, und als er bei Cluaran ankam, war er grau im Gesicht und seine alten Verbrennungen auf Wangen und Kinn leuchteten tiefrot.
Ari ging als Letzter. Er hielt seine Fackel hoch über sich, obwohl ihre Flammen sich in dem Feuer um ihn herum verloren. Dann war das Feuer plötzlich verschwunden, als hätte man eine Kerze ausgelöscht, und es wurde wieder Nacht. So undurchdringlich war das Dunkel, dass es eine Weile dauerte, bis sie die Fackeln wieder sahen. Cluaran blickte zu seiner Fackel hinauf. Der Stoff war fest um das Scheit gewickelt und mit einer Schnur und einem doppelten Knoten gesichert. Die Hand, die sie hielt, war wieder seine eigene und völlig unversehrt. Zu seiner Überraschung fühlte er sich unendlich erleichtert. Er hörte Adrian und Fritha hinter ihm etwas sagen und nervös lachen und Cathbar beruhigend antworten.
Er wartete noch einen Moment, bis er seine Stimme wieder unter Kontrolle hatte. »Wie gesagt, Loki spielt seinen Besuchern Streiche. Doch wie ihr seht, kann er uns nichts tun, solange wir es nicht zulassen. Gehen wir, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«
Sie brachen wieder auf, und diesmal versuchte Cluaran nicht mehr zu bremsen. Sie eilten durch die Nacht, bis der durch das Feuer ausgelöste Energieschub verbraucht war. Ihre Augen gewöhnten sich wieder an den dämmrigen Schein der Fackeln. Erst als die anderen zurückblieben und
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