Chroniken der Jägerin 3
konnte.«
Grant schob seine Hand unter Dek, um mir seine warme Handfläche in den Nacken zu legen. Mal lungerte auf seinen Schultern. Beide schnurrten.
»Sieh mich an«, sagte er sanft.
Ich sah ihn an. Seine braunen Augen, die so intensiv und aufmerksam waren. Ich liebte seine Augen.
»Alles wird gut«, sagte er.
Ich berührte seine Wange. Ich wollte ja sprechen, aber meine
Stimme versagte. Sie reichte nicht aus, um ihm zu erzählen, was ich ihm erzählen musste.
»Ich weiß«, sagte er.
Ich verzog das Gesicht.
»Und das weiß ich auch«, fügte er hinzu.
Ich piekte ihm in die Brust, und er fing meine Hand, um sich vorzubeugen und mich fest auf den Mund zu küssen. Ich kletterte auf seinen Schoß, und er lehnte sich gerade so weit nach hinten, dass er in der Lage war, sein Gesicht in der Beuge meines Nackens zu vergraben.
»Ich konnte es nicht tun«, sagte er angespannt, als etwas Heißes und Nasses meine Haut berührte.
»Jack hat versucht, es mir beizubringen. Ich konnte zwar die Oberfläche des Musters in meinem Kopf sehen, aber es war unmöglich, sie festzuhalten.«
»Du hast es versucht.«
»Das reicht aber nicht.«
»Wir werden einen anderen Weg finden.« Ich schlang meine Arme fester um ihn. »Ich hoffe nur, dass Jack keine Dummheiten macht.«
»So etwas Dummes, wie zu versuchen, den Schleier allein zu schließen?« Grant stieß sich ein Stück ab, um mir in die Augen zu schauen. »Kurz bevor du zurückgekommen bist, hatte ich so ein Gefühl, als würde er darüber nachdenken.«
Dek leckte mein Ohr. Ich bückte mich und sah drei Paare roter Augen unter dem Tisch, die zu mir aufsahen. »Wenn er das versucht, wird er sich dabei umbringen.« Meine Stimme versagte, als ich die Worte aussprach. »Ich muss ihn aufhalten. Wenn das der Grund dafür ist, dass er hier weggegangen ist …«
»Maxine«, schnarrte Zee und krabbelte näher. Er hielt den Ring der Saat. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er ihn mir abgenommen
hatte, aber jetzt drückte er ihn mir in die Hand. Er griff nach Grants Hand und legte sie über meine.
Grant und ich wechselten einen kurzen Blick.
»Zee«, sagte ich, aber er zog sich zurück und nahm Rohw und Aaz mit. Dek und Mal hörten auf zu schnurren.
»Ich wüsste gern …«, begann Grant einen Satz, ohne ihn je zu beenden.
Die Welt um uns herum fing an zu brennen.
Lava. Wir befanden uns inmitten von Lava.
Oder inmitten von etwas, das mich daran erinnerte: flüssiges Feuer, zähflüssig und dick wie Treibsand, brennend, hell, golden glühend. Wir waren darin begraben. Ich konnte Grant zwar nicht sehen, aber ich wusste, dass er dort war. Er war um mich gewickelt, so wie ich um ihn gewickelt war. So eng ineinander verschlungen, dass wir nur noch aus einem Körper bestanden.
Meine Mutter war an unserer Seite, kahlköpfig, nackt und über und über mit Tätowierungen bedeckt. Kein Mund, keine Nase, keine Augen. Die Jungs bildeten einen stabilen Kokon.
Es ist nur eine Vision, sagte ich mir. Grant und ich waren ja nicht wirklich hier.
Aber ihre Erinnerungen fühlten sich vollkommen real an.
Ich wusste nicht, wie lange sie in der Lava gewesen war, aber sie bewegte die Hände und zog sich hinauf, bis ihr Kopf die Oberfläche durchbrach. Sie befand sich am äußersten Rand eines Lava-Sees. Die Luft flimmerte vor Hitze. Graue Gewitterwolken brodelten über unseren Köpfen, und das Ufer bestand ausschließlich aus glänzendem, schwarzem Fels, der im Feuer knirschte.
In der Ferne sah ich eine Bewegung. Winzige Figuren, die auf Kreaturen ritten, die an Pferde erinnerten, wenn sie nicht sechs Beine gehabt und eine Rüstung getragen hätten, aufgrund derer sie wie schwarze Gürteltiere wirkten. Meine Mutter beobachtete sie. Sie hatte keine Augen, keinen Mund, nichts, woraus man hätte schließen können, was sie dachte. Aber ich wusste, dass sie sich fürchtete.
Sie hatte sich versteckt.
Meine Vision wurde unscharf und eilte durch Wüsten, Berge und Städte, die auf Wolken schwebten, Dschungel, über denen der Himmel lila war, Plateaus, auf denen menschenähnliche Reptilien unter zwei leuchtenden Sonnen auf steinernen Plattformen lagen, bis ich mich schließlich zusammen mit Grant in einem Raum wiederfand, der voller Bücher und Schatten war, Steinsäulen, die wie Perlen schimmerten und … in diesem Raum lag meine Mutter unter weichen Decken begraben. Es roch nach Rosen, Vögel zwitscherten. Sie hatte Haare, wenn auch sehr kurze. Ihr Gesicht sah so jung aus, jünger als
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