Chroniken der Jägerin 3
durch die Geschichte gewandert sein mochte, so lag es doch zumindest in seinen Möglichkeiten. Jack konnte alles sein und jedermann. Magie war sein zweiter Name.
Ich würde ihn um keinen Preis in der Hölle verrotten lassen.
Grant hielt mich am Arm fest. »Ohne mich gehst du nirgendwohin.«
Ich legte meine Hand auf seine. »Wir wissen nicht, wie wir den Schleier wieder schließen können. Jemand muss hierbleiben, falls die Sache schiefläuft. Dann wirst du gebraucht.«
Zum Kämpfen gebraucht, falls sich diese Mahati entscheiden sollten, die Schranken zu durchbrechen und in die Welt einzufallen. Was ziemlich wahrscheinlich war, selbst wenn es mir gelingen sollte, sie noch einmal einzuschüchtern.
Du könntest sie auch anführen , raunte die Finsternis. Führ sie
zur Hatz, die du bestimmst, und verschone die Leben, die du schützen willst. Das ist dein Recht.
»Maxine«, sagte Grant und legte seine Hand auf meine Hand, die den Ring der Saat hielt. »Ich weiß, was zu tun ist.«
In meinem Kopf breitete sich plötzlich ein stechender Schmerz aus … wie ein Dolch, der in mein Gehirn eindrang. »Was meinst du damit?«
In Grants Augen zeichnete sich etwas ab, so finster und entschlossen, dass es mir Angst machte.
»Was auch immer das gewesen sein mag, was uns am Schluss dieser… Vision getroffen hat, seitdem habe ich eine Sache im Kopf. Ich weiß, wie der Schleier zu schließen ist.«
»Wovon redet ihr?«, fragte die Botin. »Was für eine Vision?«
Ich wusste nicht, wie ich ihr antworten sollte. Ich hatte nur noch Augen für Grants Blick und sah zu, wie sich in seinen Gesichtszügen immer mehr Entschlossenheit ausbreitete. Was auch immer er erkannt haben mochte … er glaubte daran.
»Aus Gedanken entstehen Dinge«, sagte er sanft. Dek zirpte und leckte mich hinterm Ohr. Mal tat dasselbe bei Grant. Die anderen Jungs verteilten sich still um uns herum. Ich sah mich etwas benommen in Jacks Wohnung um und blieb bei der geschlossenen Schlafzimmertür hängen. Dann stellte ich mir vor, wie die Jungs im Dunkel auf der anderen Seite schliefen.
»Ruf Killy an«, sagte ich. »Sie muss für uns auf Byron aufpassen.«
Er diskutierte gar nicht erst, sondern griff in seine Gesäßtasche und zog sein Handy heraus. Dann humpelte er weg und stützte sich dabei schwer auf seinen Gehstock. Ich blickte ihm nach und sah mich dann wieder in Jacks Wohnung um. Die labyrinthischen Bücherstapel und die Bilder an den Wänden …
das liebenswerte, chaotische Durcheinander, eine vollendete Mischung aus Worten und anheimelndem Charme. An diesem misshandelten Tisch hatte ich meine Geburtstagskuchen gegessen. Hier hatte ich die Kerzen ausgepustet und mir dabei etwas gewünscht.
Keinem widerfährt ein Unglück, alle sind glücklich. Für jetzt und in Ewigkeit.
Die Botin stand reglos da. Ihre Augen waren geschlossen. Sie meditierte, um ihre Kräfte zu schonen.
»Wie konnten sie ihn fangen?«, fragte ich sie. »Er besteht doch nur aus Energie.«
»Während des Krieges haben die Dämonen Geräte entwickelt«, sagte sie unbewegt. »Sie hatten viele Methoden, unsere Aetar-Meister zu jagen.«
»Und welche?«
Endlich öffnete sie die Augen. »Ich weiß es nicht. Die Schöpfer sprechen nicht oft über den Krieg. Zu viele von ihnen sind gestorben.«
»Und keiner macht sich darüber Gedanken, dass der Schleier fallen und alles wieder von vorn anfangen könnte?«
»In solche Überlegungen bin ich nicht eingeweiht«, antwortete sie kühl und schloss wieder ihre Augen. »Ich brauche ein Medium, wenn ich kämpfen soll.«
»Nimm einen Dämon«, antwortete ich ihr. »Einen der Mahati.«
Sie verzog das Gesicht.
Ich verstaute den Ring der Saat in meiner Tasche und ging ins Schlafzimmer, um nach Byron zu sehen. Zee, Rohw und Aaz kamen mit und huschten durch die Schatten. Ich ließ die Tür offen, und als ich mich neben den Knaben aufs Bett setzte, fühlte ich, wie mir die Botin folgte. Er war fest eingeschlafen.
Ich konnte keine menschliche Aura erkennen und auch keine verborgenen Nischen in Geistern, aber ich wusste, was die Falte, die er sogar im unbewussten Zustand zwischen seinen Augen hatte, bedeutete, und erkannte die Art wieder, in der er sich mit geballten Fäusten an die Bettdecke klammerte. Ich hätte ihm gern das Haar zerzaust, doch ich hatte Angst, ihn aufzuwecken.
Seine Erinnerungen sind in mehreren Schichten abgelagert , raunte jene gewundene Stimme. Seine Zeit mit dir liegt dicht an der Oberfläche, aber wenn du zu lange
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