Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chroniken der Jägerin 3

Chroniken der Jägerin 3

Titel: Chroniken der Jägerin 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Liu
Vom Netzwerk:
ich hatten ihn nie ausgeräumt.

    Ich hob eine der Zeichnungen auf und glättete das Papier auf meinem Bein.
    »Ich werde es an den Kühlschrank hängen«, sagte Grant.
    Ich lächelte und fuhr mit meinen Fingern über fünf scharfe Kleckse mit roten Augen, die von übergroßen, lilafarbenen Blumen umringt waren, fast so groß wie das Strichmännchen mit den langen schwarzen Haaren, unter dem Mami stand. Es war größer als das zweite, das nur aus einem Kopf mit Beinen und zwei abstehenden Armen bestand, an deren Enden Herzen statt Hände waren. Daneben stand geschrieben: Ich .
    Dek und Mal glitten an meinen Armen herab, um die Zeichnung genauer zu betrachten. Ich ließ ihnen viel Zeit dafür, beugte mich dann nach vorn und legte sie vorsichtig auf den Vordersitz. Aus dem Augenwinkel sah ich alte Kassetten, noch mehr Papier und ein oder zwei Messer, bevor ich mich wieder nach hinten lehnte, um bei Grant zu sitzen.
    »Dies war dein Zuhause«, sagte er.
    »Fast meine ganze Kindheit lang. Manchmal schliefen wir hier auf dem Rücksitz, als ich klein war. Meine Mutter sorgte dafür, dass es Spaß machte, und die Jungs brachten mir immer irgendwelche Sachen.« Zee steckte den Kopf aus den Schatten zu meinen Füßen und ich streichelte sein stachliges Haar. »Ich glaube, das war die Zeit, in der sie anfingen, Teddybären zu lieben.«
    »Weich und kuschlig«, schnarrte Zee und zog sich hastig in die Schatten zurück. Grant legte seinen Arm um meine Schultern und zog mich ganz dicht an sich heran. Es war komisch, mit ihm in diesem Auto zu sitzen, aber es fühlte sich auch richtig an. Selbst wenn meine Erinnerungen noch immer so weit entfernt schienen und obwohl es unmöglich war, unsere zwei Jahre auf einmal zu rekapitulieren, so reichte es doch, die Bedeutung
unserer gemeinsamen Vergangenheit zu spüren. Es gab mir Halt.
    »Ich habe Oturu gesehen«, sagte ich leise und erzählte ihm alles. Alles von meiner Mutter und meinen Vorfahren. Ich schüttete ihm mein ganzes Herz aus, während er kein einziges Wort sprach, bis ich fertig war.
    »Das ist eine ganze Menge auf einmal«, sagte Grant.
    »Ich glaube nicht, dass ich es überhaupt schon verarbeitet habe. Ich bin auch nicht sicher, ob ich es glauben soll.«
    »Du glaubst es. Der Unterschied ist, dass du dich kennst, jedenfalls die Teile, die wichtig sind. Du bist stark. Du liebst die Jungs. Was Jack und diese Dämonen dir erzählt haben, ist damit verglichen eher oberflächlich.«
    »Oberflächlich«, echote ich mit einem verbitterten Lächeln. »Schlächterkönige. Das Ende der Welt.«
    »Oberflächlich«, wiederholte er besonders sanft und gab Zee einen Stups mit dem Fuß. Der kleine Dämon belauschte uns vom Boden aus. Die Jungs waren alle im Auto. Ich roch Popcorn und Bier und hörte Rohw und Aaz zu, die hinter uns saßen und laut kauten.
    »Was denkst du?«, fragte Grant Zee. »Angesichts der Tatsache, dass die Hälfte davon mit dir zu tun hat?«
    »Die andere Hälfte des Lichts«, flüsterte er.
    Die andere Seite des Traums , fügte die geschmeidige Stimme in meinem Inneren hinzu und sorgte mit jedem Wort dafür, dass die Finsternis sich in mir rührte und wieder etwas mehr unter meiner Haut entfaltete. Ein Kälteschauer lief mir über den Rücken. Mein Blick verschwamm, und einen Moment lang konnte ich nichts anderes sehen als meinen Traum, in dem ich mich im Bauch des Wyrm befand und von verschluckten Sternen umgeben war.

    Aber es gibt Dinge, die wir nie gewusst haben.
    »Maxine«, sagte Grant.
    Ich blinzelte, da kam die Welt zurück. Ich war nur nicht sicher, ob ich noch auf dieser Welt war. Vielleicht war schon ein Fuß von mir draußen. Es fühlte sich alles so entfernt an.
    »Ich bin müde«, sagte ich zu ihm – und es war nicht einmal eine richtige Lüge. Kaum ausgesprochen, überkam mich eine Mattheit, die tief und zerstörerisch wirkte und bis in meine Seele hineinreichte. Ich fragte mich, wie es sich wohl anfühlen würde, endlich aufzugeben, sich einfach hinzulegen und zu sterben. Ich war nicht sicher, ob ich überhaupt noch zu mehr imstande sein würde.
    Grant mahlte mit den Kiefern, zog mich zu sich auf den Schoß und hielt mich ganz fest. Ich lehnte mit der Wange auf seiner Brust, atmete seinen Zimtgeruch ein und saugte seine Wärme auf. Dek und Mal schnurrten.
    »Ach komm«, sagte er knapp, während er mir den kahlen Kopf küsste. »Sei nicht traurig.«
    Ich dachte an meine Vorfahren, an die Stricke um ihre Füße und Handgelenke. Die man wie Müll in

Weitere Kostenlose Bücher