Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince
Fehler begehst.«
»Will«, seufzte Charlotte. »Die Sache ist entschieden. Uns bleiben nur noch drei Tage, um Mortmain zu finden, und das werden wir nicht schaffen. Dafür reicht die Zeit einfach nicht.«
»Zum Teufel mit Mortmain«, erwiderte Will. »Und das meine ich sowohl im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinne. Diese Zeitspanne von zwei Wochen zum Auftreiben von Mortmain diente Benedict Lightwood doch nur als Test - ein lachhafter Test, der sich zudem als Betrug entpuppt hat. Lightwood arbeitet für Mortmain. Mit diesem Test wollte er dir das Institut aus den Händen reißen. Aber wenn wir Benedict öffentlich entlarven und ihn als das bloßstellen, was er ist, als Mortmains Marionette, dann gehört das Institut wieder dir und wir können die Suche nach Mortmain fortsetzen.«
»Wir wissen von Jessamine, dass wir Mortmain nur in die Hände spielen würden, wenn wir Benedict bloßstellen ...«
»Aber wir können auch nicht nichts tun«, entgegnete Will fest. »Und ich denke, es würde sich lohnen, zumindest gemeinsam darüber zu reden, findest du nicht?«
Charlotte wusste nicht, was sie sagen sollte. Dieser Will war nicht der Will, den sie kannte: Er wirkte ruhig, entschlossen, konzentriert. Und Henrys Schweigen nach zu urteilen, war er mindestens so verblüfft wie sie selbst.
Will nickte, als würde er das Schweigen als Zustimmung werten. »Hervorragend«, meinte er, »dann werde ich Sophie bitten, die anderen herbeizuholen.« Und damit stürmte er aus dem Raum.
Mit erstaunten Augen schaute Charlotte zu ihrem Mann hoch -jeder Gedanke an die Neuigkeit, die sie ihm hatte mitteilen wollen, war weit in den Hintergrund gedrängt. »War das wirklich Will ?«, fragte sie schließlich.
Verwundert zog Henry eine seiner kupferroten Augenbrauen hoch. »Vielleicht hat man ihn ja entführt und durch einen Klockwerk-Automaten ersetzt«, erwiderte er. »Es scheint durchaus möglich ...«
Und Charlotte musste ihm ausnahmsweise einmal recht geben.
Bedrückt aß Tessa die restlichen Sandwiches. Während sie den letzten Schluck Tee trank, verwünschte sie innerlich ihre Unfähigkeit, ihre Nase aus fremden Angelegenheiten herauszuhalten. Als sie ihr Mahl beendet hatte, legte sie das blaue Kleid an, was ihr ohne Sophies Hilfe erstaunlich schwerfiel. Jetzt sieh dich doch mal an, dachte sie, schon nach wenigen Wochen mit einer eigenen Kammerzofe bist du vollkommen verzogen: kannst dich nicht mehr selbst ankleiden oder dich aus Dingen heraushalten, die dich nichts angehen. Es dauert nicht mehr lange, bis dich jemand mit einem silbernen Löffel füttern muss, damit du nicht verhungerst. Sie setzte sich an den Frisiertisch, schnitt sich selbst eine Grimasse im Spiegel und nahm die silberbeschlagene Haarbürste, um sich die langen braunen Locken zu kämmen.
Plötzlich klopfte es an der Tür. Sophie, dachte Tessa hoffnungsvoll. Bestimmt erwartet sie eine Entschuldigung - und die soll sie auch bekommen. Sofort warf sie die Bürste auf den Frisiertisch, eilte zur Tür und riss sie mit Schwung auf.
Genau wie sie einst Jem erwartet und zu ihrer Enttäuschung Sophie vor ihrer Tür entdeckt hatte, war sie nun ebenso überrascht beim Anblick des jungen Schattenjägers, der im Flur auf und ab ging. Er trug einen Anzug aus grauer Wolle, wodurch seine silbernen Haare fast weiß schimmerten.
»Jem«, stieß Tessa verblüfft hervor. »Ist alles in Ordnung?«
Seine hellgrauen Augen streiften über ihr Gesicht und die offenen Haare. »Du siehst aus, als hättest du jemand anderes erwartet.«
»Ja, Sophie«, seufzte Tessa und schob sich eine widerspenstige Locke hinters Ohr. »Ich fürchte, ich habe sie verletzt. Meine Angewohnheit, sofort loszuplappern, statt erst einmal nachzudenken, hat mich mal wieder ins Fettnäpfchen treten lassen.«
»Aha«, meinte Jem nur, mit einem für ihn völlig untypischen Desinteresse.
Normalerweise hätte er sich erkundigt, womit Tessa das Dienstmädchen denn beleidigt hatte, und dann hätte er sie getröstet oder ihr beim Schmieden eines Plans geholfen, um Sophie wieder gnädig zu stimmen. Der Mangel an Interesse, das er sonst allem und jedermann entgegenbrachte, beunruhigte Tessa ein wenig; außerdem wirkte Jem noch blasser als sonst und schaute ständig über ihre Schulter, als wollte er sichergehen, dass sie auch wirklich allein war.
»Ist jetzt ein ... ich meine, ich würde dich gern unter vier Augen sprechen, Tessa. Fühlst du dich dafür wohl genug?«
»Das hängt ganz davon ab, was du mir
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