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Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince

Titel: Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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und aufrichtig und wahrhaftig ist ... wenn man diese Dinge lange genug von sich stößt, verliert man sie dann nicht eines Tages vollständig? Wenn sich auf der ganzen Welt niemand für einen interessiert, existiert man dann überhaupt noch?«
    Den letzten Satz hatte er so leise gemurmelt, dass Magnus sich anstrengen musste, um ihn zu verstehen. »Was hast du gesagt?«
    »Nichts. Das war nur ein Zitat, etwas, das ich irgendwo mal gelesen habe.« Will wandte sich Magnus zu: »Du würdest mir wirklich einen großen Gefallen erweisen, wenn du mich in die Dämonenwelt schickst. Möglicherweise finde ich dort ja, wonach ich suche. Das ist meine einzige Chance - und wenn mir diese Chance nicht gewährt wird, hat mein Leben ohnehin jeden Sinn verloren.«
    »Mit siebzehn sagt sich so etwas sehr leicht«, entgegnete Magnus mit beträchtlicher Kälte in der Stimme. »Du bist verliebt und glaubst, dass nichts anderes auf der Welt zählt. Aber die Welt ist größer als du, Will, und sie hat möglicherweise noch eine Aufgabe für dich. Du bist ein Schattenjäger - du dienst einem höheren Zweck. Es steht dir nicht zu, dein Leben einfach so wegzuwerfen.«
    »Dann bleibt mir überhaupt nichts mehr«, sagte Will düster, drückte sich vom Kaminsims ab und taumelte leicht, als wäre er tatsächlich betrunken. »Wenn ich nicht einmal mehr über mein eigenes Leben bestimmen kann ...«
    »Wer hat je behauptet, dass die Welt uns Glück und Zufriedenheit schuldig sei?«, murmelte Magnus leise. Vor seinem inneren Auge sah er das Haus, in dem er seine Kindheit verbracht hatte, und seine Mutter, wie sie mit ängstlichen Augen vor ihm zurückschreckte, und deren Ehemann, der nicht sein Vater war, wie er in lodernden Flammen aufging. »Was ist mit den Dingen, die wir anderen schuldig sind?«
    »Ich habe bereits alles gegeben, was ich besitze«, erwiderte Will und griff nach seinem Mantel auf der Stuhllehne. »Sie haben schon genug von mir bekommen, und wenn das deine endgültige Antwort ist, gilt für dich dasselbe - Hexenmeister .« Die Anrede stieß er wie eine Verwünschung aus.
    Magnus, der seine scharfen Worte bereits bedauerte, machte Anstalten, sich zu erheben, doch Will drängte an ihm vorbei, riss die Tür auf und schlug sie mit einem Knall hinter sich zu. Sekunden später sah Magnus, wie der junge Schattenjäger an seinem Fenster vorbeistürmte, beim Gehen mühsam den Mantel überstreifte und sich gegen den Wind stemmte.
    Tessa saß an ihrer Frisierkommode, in ihren Schlafrock gehüllt, und rollte den kleinen Knopf in ihrer Handfläche hin und her. Sie hatte darum gebeten, dass man sie allein ließ, während sie Charlottes Bitte nachkam.
    Es war nicht das erste Mal, dass sie sich in einen Mann verwandelte; die Dunklen Schwestern hatten sie mehr als nur einmal dazu gezwungen. Und obwohl eine derartige Verwandlung immer ein seltsames Gefühl hinterließ, war dies nicht die eigentliche Ursache für ihr Zögern. Vielmehr ließen sie die Finsternis zaudern, die sie in Starkweathers Augen gesehen hatte, und der leichte Anklang von Wahnsinn in seiner Stimme, als er von seinen Trophäen gesprochen hatte. Tessa verspürte nicht das geringste Bedürfnis, sich mit diesem Verstand noch näher vertraut zu machen.
    Eigentlich brauchte sie sich nicht wirklich zu verwandeln, überlegte sie. Genauso gut konnte sie einfach nach unten spazieren und den anderen erzählen, sie habe es versucht, aber leider vergebens. Doch selbst in dem kurzen Moment, in dem ihr dieser Gedanke durch den Kopf ging, wusste Tessa, dass sie dazu nicht in der Lage war. Aus irgendeinem Grund sah sie sich den Schattenjägern des Instituts auf loyale Weise verbunden. Die Nephilim hatten sie beschützt, sie freundlich behandelt, ihr geholfen, vieles über ihre wahre Natur in Erfahrung zu bringen, und sie verfolgten dasselbe Ziel wie sie: Mortmain finden und ihn vernichten. Tessa dachte an Jems silberne Augen, die ruhig und voller Vertrauen auf ihr geruht hatten. Mit einem tiefen Seufzer schloss sie die Finger um den Knopf.
    Im nächsten Moment brach die Dunkelheit über sie herein und hüllte sie in ihre kühle Stille. Das leise Knistern und Knacken des Feuers im Kamin und der Wind, der an den Scheiben rüttelte, all das verschwand. Zurück blieben nur Dunkelheit und Stille. Tessa spürte, wie sich ihr Körper verwandelte: Ihre Hände wuchsen zu großen Pranken, mit arthritisgeplagten Gelenken. Ihr Rücken sendete heiße Stiche, der Kopf fühlte sich bleischwer an, die

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