Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
hinauf. »Wir beide – du und ich – sind zu Höherem bestimmt. Die Zerstreuungen dieser Welt sind genau das: Zerstreuungen, Ablenkungen. Wenn wir zulassen, dass wir durch sie vom rechten Kurs abkommen, dann werden wir dementsprechend gestraft.«
»Und unsere Strafe richtet sich gegen all jene, die wir lieben? Das erscheint mir ein wenig hart und ungerecht.«
»Das Schicksal ist nicht fair – niemals. Du bist von einer Strömung erfasst, die viel stärker ist als du, Jonathan. Wenn du dagegen ankämpfst, wirst du nicht nur selbst ertrinken, sondern auch die mit hinabziehen, die versuchen, dich zu retten. Schwimmst du allerdings mit der Strömung, dann wirst du überleben.«
»Clary …«
»Deiner Schwester wird kein Leid widerfahren, wenn du dich mir anschließt. Ich werde bis ans Ende der Welt gehen, um sie zu schützen. Ich werde sie nach Idris bringen, wo ihr nichts geschehen kann. Das verspreche ich dir.«
»Alec. Isabelle. Max …«
»Auch die Kinder der Lightwoods werden meinen Schutz genießen.«
»Luke …«, sagte Jace leise.
Valentin zögerte einen Moment und erwiderte dann: »All deine Freunde werden verschont werden. Warum glaubst du mir nicht Jonathan? Das ist der einzige Weg, wie du sie retten kannst. Ich schwöre es.«
Jace brachte keinen Ton hervor. Erneut schloss er die Augen. Tief in seinem Inneren rang die Kälte des Herbstes mit der Erinnerung an den Sommer.
»Hast du deine Entscheidung getroffen?«, fragte Valentin.
Jace konnte ihn zwar nicht sehen, hörte aber die Bestimmtheit in seiner Frage; er klang fast schon begierig.
Jace schlug die Augen auf. Das Sternenlicht brannte sich hell in seine Regenbogenhaut; einen Moment lang konnte er nichts anderes sehen. Dann sagte er: »Ja, Vater. Ich habe meine Entscheidung getroffen.«
TEIL DREI
TAG DES ZORNS
Tag des Zorns, Tag der Flammen Seher und Sybillen mahnen, verdammen: Die ganze Welt fällt zu Asche zusammen!
A BRAHAM COLES
14
F URCHTLOS
Morgenlicht fiel durch das Fenster, als Clary von einem scharfen Schmerz in ihrer linken Wange geweckt wurde. Sie drehte sich auf den Rücken und sah, dass sie über ihrem Skizzenblock eingeschlafen war und dass sich dessen spitze Ecke in ihr Gesicht gebohrt hatte. Außerdem war ihr der Federhalter aus den Fingern geglitten und ein schwarzer Tintenfleck hatte sich auf dem Bettbezug ausgebreitet. Stöhnend richtete sie sich auf, rieb sich die schmerzende Wange und machte sich auf den Weg ins Bad.
Der Raum trug deutliche Spuren der Ereignisse der vergangenen Nacht: Der Badezimmereimer quoll über vor blutigem Verbandszeug und auf dem Waschbecken prangte ein dicker Fleck aus getrocknetem Blut. Schaudernd stieg Clary mit einer Flasche Grapefruit-Duschgel unter die Brause, fest entschlossen, das ungute Gefühl, das sie erneut beschlich, gründlich wegzuschrubben.
Nach der Dusche streifte sie einen von Lukes Bademänteln über, wickelte ihre feuchten Haare in ein Handtuch und stieß die Badezimmertür auf, vor der zu ihrer Überraschung Magnus stand. In der einen Hand hielt er ein Handtuch, mit der anderen fuhr er sich durch die Haare. Er muss darauf geschlafen haben, dachte Clary, da eine Seite der glitzernden Stacheln ziemlich flach gedrückt wirkte. »Warum brauchen Mädchen eigentlich immer so lange im Bad?«, fragte er leicht gereizt. »Irdische, Schattenjägerinnen oder Hexen – ihr seid alle gleich. Ich werde auch nicht jünger, während ich hier draußen herumstehe und warte.«
Clary ging einen Schritt zur Seite, um ihn vorbeizulassen. »Wie alt bist du eigentlich?«, fragte sie neugierig.
Magnus zwinkerte ihr zu. »Ich war schon auf der Erde, als das Tote Meer noch ein See war, der sich ein wenig unpässlich fühlte.«
Clary verdrehte die Augen.
Magnus machte eine wedelnde Handbewegung. »Und jetzt beweg deinen kleinen Hintern. Ich muss dringend ins Bad – mein Haar ist eine Katastrophe .«
»Lass noch was von meinem Duschgel über; das ist ziemlich teuer«, ermahnte Clary den Hexenmeister und ging in die Küche, wo sie nach kurzer Suche Kaffee und Filtertüten fand und die Kaffeemaschine einschaltete. Das vertraute Brodeln des heißen Wasserdampfs und der frische Kaffeeduft, der sich bald in der Küche ausbreitete, linderten ihr ungutes Gefühl ein wenig. Solange es in dieser Welt noch Kaffee gab, konnte die Lage doch nicht so schlimm sein, oder?
Sie kehrte in ihr Zimmer zurück, um sich anzuziehen, und stand zehn Minuten später in Jeans und blau-grün
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