Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
Maleachi-Anordnung befreien.«
Sie sah großartig aus, als sie dies sagte, dachte Alec stolz, eine echte Kriegerin der Schattenjäger, bis in die letzte Pore von berechtigter Wut erfasst. Und er hasste es, ihr diesen Moment zu verderben, doch sie würden schon bald herausfinden, dass Jace nicht mehr da war. Da erschien es ihm besser, wenn jemand den Schock milderte.
Alec räusperte sich. »Also«, sagte er, »es gibt da etwas, das ihr vielleicht wissen solltet …«
18
S ICHTBAR FINSTRE N ACHT
Clary hatte Achterbahnen schon immer verabscheut: Sie hasste das Gefühl, wenn die Gondel die erste Anhöhe genommen hatte und dann in die Tiefe raste und ihr Magen einen Satz machte. Aber es war zehnmal schlimmer, aus dem Pickup gerissen zu werden und wie eine Maus in den Klauen eines Adlers hilflos durch die Lüfte zu fliegen. Als ihre Füße von der Ladefläche abhoben und ihr Körper mit unglaublicher Geschwindigkeit in die Höhe schoss, schrie sie laut auf. Sie schrie und wand sich – bis sie hinabschaute und erkannte, wie hoch sie bereits über dem Wasser war und was passieren würde, wenn der Flugdämon sie losließ.
Sofort verhielt sie sich vollkommen ruhig. Der Pick-up, der inzwischen weit unter ihr auf den Wellen trieb, sah aus wie ein Spielzeugauto. Die Stadt glitt an ihnen vorbei, verschwommene Wände aus glänzendem Licht. Hätte sie nicht solche Angst gehabt, wäre der Anblick vermutlich wunderschön gewesen. Der Dämon legte sich in die Kurve und ging dann in den Sturzflug – statt weiter aufzusteigen, rasten sie plötzlich in die Tiefe. Clary stellte sich vor, wie die Kreatur sie aus Dutzenden Metern Höhe fallen ließ, und malte sich dann aus, wie sie auf dem eiskalten schwarzen Wasser aufschlagen würde. Entsetzt schloss sie die Augen. Doch es war noch viel schlimmer, blind durch die Dunkelheit zu stürzen. Rasch riss sie die Augen wieder auf und sah, wie das schwarze Deck des Schiffs sich ihnen entgegenhob – wie eine Hand, die sie beide vom Himmel holte. Erneut schrie Clary auf, als sie auf das Deck zustürzten – und durch eine dunkle quadratische Öffnung eintauchten, die in den Metallboden des Decks geschnitten war. Jetzt befanden sie sich im Rumpf des Schiffs.
Der Flugdämon verringerte seine Geschwindigkeit. Sie flogen mitten durch den Schiffsbauch, vorbei an Decks mit hohen Metallgeländern. Aus den Augenwinkeln sah Clary dunkle Maschinen; keine von ihnen schien funktionstüchtig zu sein, und hier und da lagen Geräte und Werkzeuge herum. Falls die Jacht zuvor eine elektrische Beleuchtung gehabt hatte, funktionierte sie nun nicht mehr … obwohl das gesamte Schiff von einem schwachen Glühen durchdrungen wirkte. Mit welchem Antriebsmittel diese Jacht zuvor auch gesteuert worden sein mochte – Valentin bediente sich inzwischen anderer Kräfte.
Kräfte, die der Atmosphäre jede Wärme entzogen. Eiskalte Luft peitschte Clary ins Gesicht, als der Dämon den Boden des Schiffes erreichte und in einen lang gezogenen, schwach beleuchteten Korridor abtauchte, wobei er keine besondere Rücksicht auf sie nahm: Als er um eine Ecke bog, knallte Clary mit dem Knie gegen ein Rohr und ein heißer Schmerz schoss ihr durchs Bein. Sie schrie auf und hörte über sich das zischende Gelächter des Dämons. Dann ließ er sie los und sie fiel. Clary drehte sich in der Luft und versuchte, mit Händen und Knien auf dem Boden aufzukommen – was ihr auch fast gelang: Mit einem dumpfen Schlag traf sie auf und rollte sich benommen zur Seite.
Einen Moment lang lag sie wie betäubt im Halbdunkel – auf einer harten Metalloberfläche, wie sie feststellte. Wahrscheinlich war dies einmal ein Laderaum gewesen, denn die Wände wirkten glatt und hatten keine Türen. Hoch über ihr befand sich eine quadratische Öffnung, durch die ein schwacher Lichtschein fiel. Ihr ganzer Körper fühlte sich an wie zerschlagen.
»Clary?« Eine flüsternde Stimme drang aus der Dunkelheit zu ihr. Sie drehte sich auf die Seite und zuckte zusammen. Ein Schatten kniete neben ihr. Als ihre Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, erkannte sie die kleine, kurvenreiche Gestalt mit den geflochtenen Zöpfen und den dunkelbraunen Augen. Maia. »Clary, bist du das?«
Clary ignorierte den Schmerz in ihrem Rücken und setzte sich auf. »Maia. Maia, Gott sei Dank.« Sie starrte erst das Mädchen an und sah sich dann mit wirrem Blick um. Außer ihnen beiden befand sich niemand im Laderaum. »Maia, wo ist er? Wo ist Simon?«
Maia biss sich auf
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