Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
Wasser aufschlug. Doch der andere hob, mit dem Dach der Fahrerkabine in den Klauen, triumphierend kreischend ab und flog zurück zum Schiff.
Einen Moment lang war der Himmel wolkenlos. Clary rannte zur Fahrerkabine und spähte hinein. Magnus hockte mit aschfahlem Gesicht zusammengesackt auf seinem Sitz. Aber es war zu dunkel, um festzustellen, ob er verwundet war. »Magnus!«, rief sie. »Bist du verletzt?«
»Nein.« Er wollte sich aufrichten, fiel jedoch wieder gegen die Lehne zurück. »Ich bin bloß … ausgelaugt. Die Schutzschilde auf dem Schiff sind sehr stark. Es ist ausgesprochen schwierig, sie zu demontieren und fernzuhalten.« Seine Stimme erstarb. »Aber wenn ich es nicht tue, muss außer Valentin jeder sterben, der einen Fuß auf dieses Schiff setzt.«
»Vielleicht solltest du besser mit uns kommen«, sagte Luke.
»Wenn ich auf dem Schiff bin, kann ich nichts gegen die Schilde unternehmen. Ich muss von hier aus vorgehen, daran lässt sich nichts ändern.« Magnus’ Grinsen wirkte angestrengt. »Außerdem tauge ich bei einem Kampf nicht viel. Meine Fähigkeiten liegen woanders.«
»Aber angenommen, wir brauchen …«, setzte Clary an, noch immer in die Kabine gebeugt.
»Clary!« , schrie Luke im nächsten Moment, doch es war zu spät. Keiner von ihnen hatte den Flugdämon gesehen, der sich reglos an die Seite des Pick-ups geklammert hatte. Im Bruchteil einer Sekunde stieß er sich nach oben ab, flog zur Seite und grub dabei seine Klauen tief in den Rücken von Clarys Jacke – ein verschwommener Schatten aus flatternden Flügeln und stinkenden, zerklüfteten Zähnen. Mit heulendem Triumphgeschrei hob er ab, während Clary hilflos in seinen Klauen baumelte.
»Clary!« , schrie Luke erneut, rannte an den Rand der Motorhaube, blieb dort stehen und starrte der schwindenden Gestalt des Flugdämons mit der schlaff an ihm hängenden Last entmutigt hinterher.
»Er wird sie nicht töten«, sagte Jace, der inzwischen neben ihm auf der Motorhaube stand. »Er bringt sie zu Valentin.«
In seiner Stimme lag etwas, das Luke das Blut in den Adern gefrieren ließ. Er wandte sich Jace zu und starrte ihn an. »Aber …«, setzte er an, konnte seinen Satz allerdings nicht beenden. In einer einzigen, geschmeidigen Bewegung war Jace bereits vom Pick-up gehechtet; eine Sekunde später tauchte er aus dem schmutzigen Flusswasser wieder auf und schwamm auf das Schiff zu, wobei seine kräftigen Beinbewegungen das Wasser aufschäumen ließen.
Luke sah sich zu Magnus um, dessen bleiches Gesicht durch die geborstene Windschutzscheibe schwach zu erkennen war – ein verschwommener weißer Fleck, der sich von der Dunkelheit abzeichnete. Als Luke eine Hand hob, glaubte er, Magnus bestätigend nicken zu sehen.
Dann steckte er den Kindjal in die Scheide an seinem Gürtel und folgte Jace mit einem Kopfsprung in die Fluten.
Alec ließ Isabelle los. Fast rechnete er damit, dass sie sofort losschreien würde, sobald er seine Hand von ihrem Mund nahm. Doch das tat sie nicht; stattdessen verharrte sie schweigend neben ihm und starrte die Inquisitorin an, die mit kalkweißem Gesicht leicht schwankend vor ihnen stand.
»Imogen«, sagte Maryse. In ihrer Stimme lag keinerlei Gefühl, nicht einmal Ärger.
Die Inquisitorin schien sie nicht zu hören. Mit unverändertem Gesichtsausdruck sank sie kraftlos in Hodges alten Sessel. »Mein Gott«, sagte sie und starrte auf den Schreibtisch. »Was habe ich getan?«
Maryse warf Isabelle einen Blick zu. »Hol deinen Vater.«
Isabelle, die verängstigter wirkte, als Alec sie jemals gesehen hatte, nickte und schlüpfte aus dem Raum.
Maryse ging durch das Zimmer auf die Inquisitorin zu und schaute auf sie hinab. »Ja, was hast du getan, Imogen?«, sagte sie. »Du hast Valentin den Sieg überlassen. Das hast du getan.«
»Nein«, hauchte die Inquisitorin.
»Du wusstest genau, was Valentin vorhatte, als du Jace eingesperrt hast. Du hast es nicht zugelassen, dass der Rat eingeschaltet wurde, weil das deinen Plan durchkreuzt hätte. Du wolltest Valentin leiden sehen, so wie er dich hatte leiden sehen, wolltest ihm beweisen, dass es in deiner Macht steht, seinen Sohn zu töten, so wie er deinen Sohn getötet hat. Du wolltest ihn demütigen.«
»Ja …«
»Aber Valentin kann man nicht demütigen«, fuhr Maryse fort. »Das hätte ich dir gleich sagen können. Du hast ihn nie in der Hand gehabt. Er hat nur so getan, als zöge er dein Angebot in Betracht, um absolut sicherzugehen, dass wir
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