Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
die Klinge langsam sinken, ging wortlos an Clary vorbei und starrte durch das Loch in der Wand. Vorsichtig drehte Clary sich um und suchte mit ihren Blicken den Boden ab, bis sie sie sah. Die Stele ihrer Mutter. Mit angehaltenem Atem streckte sie die Hand danach aus …
Aber in dem Augenblick drehte Valentin sich um und erkannte, was sie vorhatte. Mit einem einzigen Schritt durchquerte er den Raum und trat die Stele aus Clarys Reichweite – der gläserne Stab kreiselte über den Metallboden und fiel durch das Loch in der Wand. Clary presste die Augen zusammen und durchlebte mit dem Verlust der Stele noch einmal den Verlust ihrer Mutter.
»Die Dämonen werden deine Schattenwesenfreundin bald finden«, sagte Valentin mit kühler, ruhiger Stimme und steckte seine Seraphklinge in eine Scheide an seiner Hüfte. »Sie kann nirgendwohin fliehen. Keiner von euch kommt hier weg. Und jetzt steh auf, Clarissa.«
Langsam rappelte Clary sich auf. Ihr ganzer Körper schmerzte. Im nächsten Moment schnappte sie überrascht nach Luft, als Valentin sie an den Schultern packte und so drehte, dass sie ihm den Rücken zuwandte. Er pfiff; es war ein hohes, scharfes und unangenehmes Geräusch. Die Luft über ihnen bewegte sich und Clary hörte das hässliche Flattern ledriger Flügel. Mit einem unterdrückten Schrei versuchte sie, sich ihm zu entziehen, doch Valentin war stärker. Die Flügel umschlossen sie beide und gemeinsam erhoben sie sich in die Luft, wobei Valentin sie in den Armen hielt, als sei er wirklich ihr Vater.
Jace hatte geglaubt, er und Luke wären mittlerweile tot. Warum sie noch lebten, leuchtete ihm nicht ganz ein. Das Deck des Schiffs schimmerte glitschig vor Blut. Er selbst war von Kopf bis Fuß mit Wundsekret und Ausscheidungen der Dämonen übersät und seine Augen brannten vor Blut und Schweiß. An seinem rechten Oberarm klaffte eine tiefe Schnittwunde, doch ihm blieb keine Zeit, eine Heilrune aufzutragen. Jedes Mal, wenn er den Arm hob, durchfuhr ihn ein stechender Schmerz.
Es war ihnen gelungen, sich in eine Nische in der Metallwand des Schiffs zurückzuziehen, und von dieser Zuflucht aus kämpften sie gegen die Dämonen. Jace hatte inzwischen beide Chakrams eingesetzt und besaß nur noch eine einzige Seraphklinge sowie den Dolch aus Isabelles Zimmer. Kein besonders üppiges Arsenal. So dürftig bewaffnet wäre er normalerweise nicht losgezogen, um auch nur ein paar Dämonen zu bekämpfen, und jetzt stand ihnen eine ganze Horde gegenüber. Eigentlich hätte er Angst haben müssen, das war ihm klar, doch er verspürte fast gar nichts, nur einen Widerwillen gegenüber den Dämonen, die nicht in diese Welt gehörten, und eine furchtbare Wut auf Valentin, der sie heraufbeschworen hatte. Vage war er sich der Tatsache bewusst, dass sein Mangel an Angst auch negative Seiten besaß. Denn er machte sich nicht einmal Sorgen darüber, wie viel Blut er durch seine Armverletzung verlor.
Plötzlich kroch ein Spinnendämon fauchend auf Jace zu und sprühte ihm einen gelben Giftstoff entgegen. Jace duckte sich, konnte aber nicht verhindern, dass ein paar Tropfen des Gifts sein T-Shirt trafen. Zischend fraß sich das Gift durch den Stoff und Jace spürte, wie es wie ein Dutzend glühender Nadeln auf seiner Haut brannte.
Der Spinnendämon schnalzte zufrieden und versprühte eine weitere Ladung Gift. Jace duckte sich erneut und das Gift traf einen Oni-Dämon, der von der Seite auf ihn zukam. Der Oni kreischte vor Schmerz auf und näherte sich zappelnd und mit ausgestreckten Klauen dem Spinnendämon. Die beiden verhakten sich ineinander und rollten über das Deck.
Das verspritzte Gift ließ die anderen Dämonen zurückweichen und bildete eine Barriere zwischen ihnen und dem Schattenjäger. Jace nutzte die kurze Verschnaufpause, um sich Luke zuzuwenden, der gleich neben ihm stand. Luke war fast nicht wiederzuerkennen. Seine Ohren liefen spitz zu wie bei Wölfen; er hatte sein Maul weit aufgerissen und fletschte die Zähne. Seine klauenartigen Hände schimmerten schwarz vor Dämonenblut.
»Wir sollten versuchen, uns zur Reling vorzukämpfen.« Lukes Stimme klang wie ein Knurren. »Vom Schiff runterzukommen. Wir können sie nicht alle töten. Vielleicht kann Magnus …«
»Ich finde, so schlecht schlagen wir uns doch gar nicht.« Jace wirbelte seine Seraphklinge herum – eine schlechte Idee, denn seine Hand war feucht vor Blut und die Klinge rutschte ihm beinahe aus den Fingern. »Im Großen und Ganzen
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