Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
geballt. »War das gut genug?«, rief er und wandte sich der Königin und ihrem Hofstaat zu. »Hat Euch das ausreichend amüsiert?«
Die Königin hatte eine Hand über den Mund gelegt, die ihr Lächeln halb verbarg. »Das hat uns durchaus gefallen«, sagte sie. »Aber ich glaube, nicht annähernd so sehr wie euch beiden.«
»Ich kann nur annehmen, dass Euch menschliche Gefühle deswegen amüsieren, weil Ihr selbst keine besitzt«, erwiderte Jace.
Das Lächeln um ihre Lippen verschwand.
»Ruhig, Jace«, sagte Isabelle und wandte sich an Clary. »Kannst du jetzt gehen? Bist du frei?«
Clary ging zur Tür und stellte wie erwartet fest, dass die unsichtbaren Barrieren ihr nicht länger den Weg versperrten. Mit einer Hand an der Rankenabtrennung drehte sie sich zu Simon um. Er starrte sie an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen.
»Wir sollten gehen«, sagte Clary, »ehe es zu spät ist.«
»Es ist bereits zu spät«, erwiderte er.
Meliorn führte sie den langen Weg vom Lichten Hof zurück zum Teich und brachte sie hinaus, ohne auch nur ein einziges Wort zu verlieren. Selbst sein Rücken wirkte steif und strahlte pure Missbilligung aus. Als sie aus dem Teich gestiegen waren, machte er auf dem Absatz kehrt; nicht einmal von Isabelle verabschiedete er sich. Und im nächsten Moment verschwand er in der welligen Reflexion des Monds.
Isabelle sah ihm finster hinterher. »Der ist so was von passe.«
Jace stieß ein unterdrücktes Lachen aus und schlug den Kragen seiner feuchten Jacke hoch. Die kalte Nachtluft, die sie alle frösteln ließ, roch nach Erde und Pflanzen und menschlichem Großstadtleben. Clary glaubte, den Geruch von Eisen förmlich riechen zu können. Die Stadt umgab den Park mit funkelnden Lichtern – eisblau, knallgrün, feuerrot – und der Teich schwappte leise gegen sein schlammiges Ufer. Das Spiegelbild des Mondes war an den äußersten Rand der Wasseroberfläche gewandert und verharrte dort zitternd, als würde es sich vor ihnen fürchten.
»Wir sollten uns besser auf den Heimweg machen, ehe wir uns hier noch zu Tode frieren.« Isabelle zog den feuchten Mantel fester um ihre Schultern.
»Das wird eine Ewigkeit dauern, jetzt nach Brooklyn zu kommen«, sagte Clary. »Vielleicht sollten wir ein Taxi nehmen.«
»Oder wir können doch einfach zum Institut laufen«, schlug Isabelle vor. Als sie Jace’ Blick sah, fügte sie rasch hinzu: »Es ist sowieso niemand da – die sind alle auf Spurensuche in der Stillen Stadt. Außerdem dauert es nicht lange: Du springst nur kurz rein und ziehst dir ein paar trockene Sachen an. Schließlich ist das Institut immer noch dein Zuhause, Jace.«
»Ist schon okay«, sagte Jace zu Isabelles deutlicher Überraschung. »Ich wollte sowieso noch etwas aus meinem Zimmer holen.«
Clary zögerte. »Ich weiß nicht recht. Vielleicht sollte ich zusammen mit Simon ein Taxi nehmen und direkt nach Hause fahren.« Auf diese Weise hätten sie etwas Zeit allein, überlegte sie, damit sie ihm den Vorfall am Lichten Hof erklären konnte … und dass es nicht das war, was er dachte.
Jace hatte seine Armbanduhr auf eingedrungenes Wasser untersucht und schaute Clary nun mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Das dürfte ein wenig schwierig werden«, sagte er, »angesichts der Tatsache, dass er bereits gegangen ist.«
»Er ist was? « Clary wirbelte herum und sah sich um. Simon war verschwunden; sie drei standen allein am Teich. Hektisch rannte Clary ein Stück den Hügel hinauf und rief seinen Namen. In der Ferne konnte sie seine Gestalt erkennen: Er marschierte zielstrebig über den Betonweg, der aus dem Park hinaus auf die Straße führte. Erneut rief sie ihm hinterher, doch er drehte sich nicht um.
9
U ND DEM T OD SOLL KEIN R EICH MEHR BLEIBEN
Isabelle hatte die Wahrheit gesagt: Das Institut war vollkommen ausgestorben. Zumindest fast: Auf dem roten Sofa in der Eingangshalle lag Max und schlief tief und fest. Seine Brille war leicht verrutscht und er hatte ganz eindeutig nicht einschlafen wollen. Ein Buch war ihm aus der Hand gerutscht und lag aufgeschlagen auf dem Boden und seine Füße baumelten auf eine Weise über der Sofalehne, die nicht sehr bequem sein konnte.
Clary hatte ihn sofort ins Herz geschlossen: Er erinnerte sie so sehr an Simon im Alter von neun oder zehn Jahren, der scheinbar auch nur aus Brille und verwundertem Blinzeln und Ohren bestanden hatte.
»Max ist wie eine Katze – er kann überall schlafen.« Jace beugte sich zu ihm hinab, nahm Max die
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