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Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass

Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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    Das Tal war schöner, als Jace es in seiner Vision gesehen hatte. Vielleicht lag es am glitzernden Mondlicht, das den Bach zwischen den grünen Ufern silbern aufleuchten ließ. Weißbirken und Espen säumten die Hänge; ihre Blätter zitterten im Wind. Hier oben ging eine frische Brise, stellte Jace fest.  
    Dies war zweifellos der Ort, an dem er Sebastian zum letzten Mal gesehen hatte. Endlich würde er ihn einholen. Nachdem er Wayfarer an einen Baum gebunden hatte, nahm Jace den blutigen Stofffaden aus seiner Tasche und wiederholte das Ortungsritual, nur um sicherzugehen.  
    Er schloss die Augen und hoffte, Sebastian zu sehen, bestenfalls irgendwo in der Nähe - vielleicht sogar noch in diesem Tal …  
    Doch stattdessen sah er nur Dunkelheit.
    Sein Herz begann, wild zu schlagen.
    Er versuchte es erneut, nahm den Faden in die linke Faust und zeichnete mit der rechten, schwächeren Hand ungelenk eine Ortungsrune auf den linken Handrücken. Dann holte er tief Luft und schloss die Augen.  
    Wieder nichts. Nur eine wogende, schemenhafte Dunkelheit. Mit zusammengebissenen Zähnen stand Jace eine geschlagene Minute reglos da; der kalte Wind drang schneidenddurch seine Jacke und verursachte ihm eine Gänsehaut. Schließlich öffnete er fluchend die Augen - und in einem Anfall verzweifelter Wut die Faust. Sofort erfasste der Wind den Faden und trug ihn fort, so schnell, dass Jace ihn nicht hätte zurückholen können, selbst wenn er seinen Entschluss umgehend bereut hätte.  
    Seine Gedanken überschlugen sich. Offensichtlich funktionierte die Ortungsrune nicht mehr. Vielleicht war Sebastian ja aufgefallen, dass er verfolgt wurde, und er hatte etwas unternommen, um die Magie der Rune zu blockieren. Aber was konnte man gegen eine Ortungsrune schon unternehmen? Vielleicht befand er sich ja in der Nähe eines großen Gewässers - Wasser beeinträchtigte die Wirkung von Magie.  
    Aber das half ihm jetzt auch nicht weiter. Schließlich konnte er nicht jeden See im Land absuchen und nachsehen, ob Sebastian vielleicht in dessen Mitte trieb. Dabei war er ihm schon so nahe gewesen - so nahe! Er hatte dieses Tal gesehen, hatte Sebastian darin gesehen. Und dort unten lag das Haus, kaum sichtbar zwischen den Bäumen in der Talsenke. Es konnte nicht schaden, ihm einen Besuch abzustatten, überlegte Jace - vielleicht fand er dort ja irgendetwas, das auf Sebastians oder Valentins Aufenthaltsort hindeutete.  
    Resigniert nahm er die Stele und versah sich mit verschiedenen rasch wirkenden Kampfrunen: eine, die ihn lautlos machte, eine für Schnelligkeit und eine, die ihm einen sicheren Stand verlieh. Als er fertig war und das vertraute Brennen auf der Haut spürte, steckte er die Stele ein, gab Wayfarer einen aufmunternden Klaps und machte sich an den Abstieg ins Tal.  
    Der Hang war mit tückischem, losem Geröll bedeckt undtrügerisch steil. Vorsichtig suchte Jace sich einen Weg nach unten und wechselte dabei zwischen Klettern und Rutschen - was zwar schneller ging, aber auch gefährlicher war. Als er endlich die Talsohle erreicht hatte, bluteten seine Finger, da er auf dem losen Geröll mehrfach ausgerutscht war. Rasch wusch er sich die Hände imklaren, eisig kalten Bachwasser.  
    Schließlich richtete er sich auf, schaute sich um und erkannte, dass er das Tal nun aus einer anderen Perspektive sah als in seiner Ortungsvision. Vor ihm lag ein Wäldchen mit knorrigen Bäumen, deren Äste und Zweige dicht miteinander verwoben waren, und die Hänge des Tals ragten steil in den Himmel hinauf. Endlich entdeckte er das kleine Haus hinter dichtem Gestrüpp. Sämtliche Fenster waren dunkel und aus dem Schornstein stieg kein Rauch, stellte Jace mit einer Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung fest. Natürlich würde ihm die Durchsuchung der Räume leichter fallen, wenn das Haus leer war - aber andererseits war es eben auch leer.  
    Während Jace sich dem Gebäude näherte, fragte er sich, was ihm daran in seiner Vision so unheimlich erschienen war. Aus der Nähe betrachtet, handelte es sich um ein ganz normales idrisches Gehöft, gemauert aus weißen und grauen Steinquadern. Die Fensterläden mussten einst in leuchtendem Blau gestrahlt haben, doch jetzt sahen sie so aus, als hätte sich seit Jahren niemand mehr darum gekümmert: Ihre Farbe war verblasst und abgeblättert.  
    Vorsichtig hievte Jace sich auf eine der Fensterbänke und blinzelte durch die milchige Glasscheibe. Dahinter lag ein großer, leicht

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