Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
war.
»Ist dir jemals der Gedanke gekommen, dass Alec in einem früheren Leben vielleicht mal eine alte Frau mit neunzig Katzen gewesen sein könnte, die den ganzen Tag die Nachbarskinder angeschrien hat, sie sollen von ihrem Rasen verschwinden? Mir hat sich dieser Gedanke nämlich schon mehrfach aufgedrängt«, erklärte Jace nun und Aline kicherte. »Nur weil er der Einzige ist, der in die Garnison darf…«
»Was ist die Garnison?«, fragte Simon, der es satthatte, nicht zu wissen, wovon die anderen sprachen.
Jace warf ihm einen Blick zu. Sein Gesichtsausdruck war kühl, unfreundlich und seine Hand lag auf Alines Hand, die auf ihrem Oberschenkel ruhte. »Setz dich«, sagte er und deutete mit einer ruckartigen Kopfbewegung auf einen Sessel. »Oder hattest du vor, wie eine Fledermaus in der Ecke zu flattern?«
Na, großartig. Fledermauswitze. Unbehaglich ließ Simon sich in den Sessel sinken.
»Die Garnison ist der offizielle Versammlungsort des Rats«, sagte Sebastian, der offenbar Mitleid mit Simon hatte. »Dort werden die Gesetze erlassen; außerdem dient das Gebäude als Amtssitz des Konsuls und des Inquisitors. Nur volljährige Schattenjäger dürfen das Gelände betreten, solange der Rat tagt.«
»Der Rat tagt?«, fragte Simon, als er sich erinnerte, was Jace ihm kurz zuvor im Obergeschoss gesagt hatte. »Aber doch nicht meinetwegen?«
Sebastian lachte. »Nein. Wegen Valentin und den Insignien der Engel. Deshalb sind alle hier zusammengekommen. Um zu beraten, was Valentin wohl als Nächstes unternehmen wird.«
Jace schwieg, doch bei der Erwähnung von Valentins Namen versteinerte sich seine Miene.
»Na ja, er wird bestimmt versuchen, den Spiegel in seinen Besitz zu bringen«, sagte Simon. »Die dritte der Insignien der Engel. Ist der Spiegel hier in Idris? Sind deshalb alle hier?«
Nach einem kurzen Moment der Stille setzte Isabelle zu einer Antwort an: »Das Problem bei diesem Spiegel ist, dass niemand weiß, wo er sich befindet. Genau genommen wissen wir nicht einmal, worum es sich dabei handelt.«
»Um einen Spiegel«, sagte Simon. »Du weißt schon - reflektierend, aus Glas … würde ich mal vermuten.«
»Isabelle meint damit, dass niemand etwas Genaues über den Spiegel weiß«, erläuterte Sebastian freundlich. »Natürlich wird er in der Geschichte der Schattenjäger etliche Male erwähnt, aber es gibt keinerlei Hinweise darauf, wo er sich befindet, wie er aussieht oder - vielleicht das Wichtigste - was er bewirkt.«
»Wir vermuten, dass Valentin hinter ihm her ist«, sagte Isabelle, »aber das hilft uns auch nicht gerade weiter, weil niemand weiß, wo der Spiegel steckt. Die Stillen Brüder hätten vielleicht eine Ahnung gehabt, aber Valentin hat sie ja alle getötet. Und es wird eine ganze Weile dauern, bis es wieder Brüder der Stille geben wird.«
»Er hat alle getötet?«, hakte Simon überrascht nach. »Ich dachte, er hätte nur die in New York umgebracht.«
»Die Stadt der Gebeine befindet sich genau genommen nicht in New York«, sagte Isabelle. »Es ist eher so … erinnerst du dich noch an den Eingang zum Lichten Hof im Central Park? Nur weil der Eingang dort liegt, heißt das noch lange nicht, dass sich der Hof des Lichten Volkes auch unter dem Park befindet. Und genauso verhält es sich mit der Stadt der Gebeine: Es gibt mehrere Eingänge, doch die Stille Stadt selbst…«Isabelle verstummte, als Aline sie mit einer raschen Geste zum Schweigen brachte.
Simon schaute von Isabelle zu Jace und dann zu Sebastian. Auf den Gesichtern der drei spiegelte sich derselbe vorsichtig-zurückhaltende Ausdruck, als wäre ihnen gerade bewusst geworden, was sie da taten - einem Schattenweltler Geheimnisse der Nephilim anvertrauen. Einem Vampir. Nicht gerade einem Feind, aber ganz gewiss niemand, dem man vertrauen konnte.
Aline brach als Erste das Schweigen. »Also«, setzte sie an und heftete ihre hübschen dunklen Augen auf Simon, »erzähl doch mal: Wie ist es so als Vampir?«
»Aline!« Isabelle wirkte entsetzt. »Du kannst doch nicht einfach jemanden fragen, wie das Vampirdasein ist.«
»Ich wüsste nicht, was dagegen spricht«, erwiderte Aline. »Er ist noch nicht sehr lange Vampir, oder? Dann muss er sich doch daran erinnern, wie es als Mensch war.« Erneut wandte sie sich Simon zu. »Schmeckt Blut für dich noch immer wie Blut? Oder schmeckt es jetzt nach irgendetwas anderem, vielleicht wie Orangensaft oder etwas Ähnliches? Denn ich könnte mir vorstellen, der Geschmack von
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