Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
einmal gesehen hatte. Eine Rune mit einander überlappenden Ecken und seltsam spitzen Winkeln.
Als das Muster vollständig war, ließ Max seine Hand sinken und trat zurück, den Kopf seitlich geneigt wie ein Künstler, der sein Werk betrachtet. Plötzlich schoss ein heißer Schmerz durch Jace’ Körper. Er hatte das Gefühl, als würde die Haut auf seiner Brust brennen.
Max stand lächelnd da und schaute zu, während er die Finger seiner blutigen Hand spreizte. »Tut das weh, Jace Lightwood?«, fragte er. Aber seine Stimme klang nicht länger wie die von Max, sondern höher und rauer und seltsam vertraut.
»Max …«, wisperte Jace.
»So wie du Schmerz zugefügt hast, so soll auch dir Schmerz zugefügt werden«, intonierte Max, dessen Gesicht nun schimmerte und der seine Gestalt veränderte. »So wie du Leid angetan hast, so soll auch dir Leid angetan werden. Du gehörst nun mir, Jace Lightwood. Mir allein.«
Der Schmerz war unerträglich. Jace krümmte sich zusammen, die Hände gegen die Brust gedrückt, und stürzte in eine bodenlose Dunkelheit.
Simon saß auf der Couch, den Kopf in die Hände gestützt. Seine Gedanken überschlugen sich förmlich. »Das ist alles meine Schuld«, stöhnte er. »Ich hätte Maureen genauso gut auch gleich töten können, als ich ihr Blut trank. Sie ist nur meinetwegen tot.«
Jordan hatte sich in einem Sessel breitgemacht, der auf der anderen Seite des Couchtischs stand. Er trug Jeans und ein grünes T-Shirt über einem langärmeligen Thermo-Shirt mit Löchern in den Bündchen, durch die er seine Daumen geschoben hatte und an denen er nun herumknibbelte. Die goldene Kette mit der Praetor-Lupus-Medaille glitzerte um seinen Hals. »Ach, komm schon. Woher hättest du das wissen sollen?«, warf er ein. »Maureen ging es gut, als ich sie ins Taxi gesetzt habe. Diese Typen müssen sie später geschnappt und umgebracht haben.«
Simon war schwindlig im Kopf. »Aber ich habe sie gebissen. Sie wird nicht zurückkehren, stimmt’s? Sie wird sich nicht in einen Vampir verwandeln, oder?«
»Nein. Jetzt komm schon, du weißt so gut wie ich, dass das nicht geht. Du hättest ihr etwas von deinem Blut geben müssen, damit sie als Vampirin zurückkehren kann. Wenn sie dein Blut getrunken hätte und dann gestorben wäre … ja, dann wären wir jetzt auf dem Weg zum Friedhof. Aber das hat sie nicht. Ich meine, du würdest dich doch wohl daran erinnern, wenn das der Fall gewesen wäre …«
Simon spürte den Geschmack von schalem Blut im Mund. »Die haben gedacht, sie sei meine Freundin«, sagte er. »Sie haben mich gewarnt, dass sie sie umbringen, wenn ich nicht komme. Und als ich dann nicht aufgekreuzt bin, haben sie ihr die Kehle aufgeschlitzt. Sie muss dort den ganzen Tag auf mich gewartet und sich gefragt haben, ob ich wohl komme. Immer in der Hoffnung, dass ich bald auftauche …« Sein Magen rebellierte und Simon krümmte sich keuchend zusammen und versuchte, nicht zu würgen.
»Ja«, sagte Jordan, »aber die eigentliche Frage lautet doch: Wer sind sie?« Er warf Simon einen prüfenden Blick zu. »Ich denke, es wird Zeit, dass du im Institut anrufst. Ich hab die Schattenjäger zwar nicht sonderlich ins Herz geschlossen, aber ihr Archiv soll dem Vernehmen nach unglaublich umfassend sein. Vielleicht können sie ja irgendetwas zu der Adresse sagen, die auf diesem Zettel stand.«
Simon zögerte.
»Nun mach schon«, drängte Jordan. »Du erledigst tausend Sachen für sie. Jetzt sollen sie mal was für dich tun.«
Simon zuckte die Achseln und holte sein Handy. Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer wählte er Jace’ Nummer.
Beim zweiten Klingeln hob Isabelle ab. »Du schon wieder?«
»Tut mir leid«, erwiderte Simon betreten. Offensichtlich hatte ihr kleines Intermezzo im Sanktuarium Isabelle nicht so milde gestimmt, wie er gehofft hatte. »Ich wollte eigentlich mit Jace sprechen, aber vermutlich kann ich auch genauso gut mit dir reden …«
»Charmant wie eh und je«, bemerkte Isabelle spitz. »Ich dachte, Jace wäre bei dir.«
»Nein.« Simon hatte plötzlich ein mulmiges Gefühl. »Wer hat dir das denn erzählt?«
»Clary«, sagte Isabelle. »Vielleicht haben sich die beiden irgendwohin verdrückt, um etwas Zeit für sich zu haben … oder was weiß ich.« Sie klang nicht besorgt — was ja auch logisch war, denn Clary würde Isabelle über Jace’ Aufenthaltsort niemals anlügen, falls er in irgendwelchen Schwierigkeiten steckte. »Na, jedenfalls hat Jace sein Handy in seinem Zimmer
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