Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
Stiller Brüder gewesen und von Valentin gequält worden. Sie konnte sich vorstellen, dass der Gedanke an eine weitere Nacht allein in der Stadt der Stille für ihn furchtbar sein musste. »Jace«, wisperte sie. »Ich tue alles, was du willst. Wenn du lieber gehen möchtest …«
»Nein, ich werde bleiben«, erklärte er. Er hatte den Kopf gehoben und seine Stimme klang klar und kräftig. »Ich werde hierbleiben und alles tun, was erforderlich ist, um dieses Problem aus der Welt zu schaffen. Du müsstest allerdings Izzy und Alec für mich anrufen und ihnen sagen … dass ich bei Simon bieibe, um auf ihn aufzupassen. Sag ihnen, dass ich morgen oder übermorgen wieder zurück bin.«
»Aber …«
»Clary.« Behutsam nahm Jace ihre Hände und hielt sie zwischen seinen. »Du hattest recht. Das hier hat nichts mit mir zu tun. Irgendjemand Fremdes stellt das mit mir an. Mit uns. Verstehst du, was das bedeutet? Wenn ich … geheilt werden kann, dann muss ich mich in deiner Nähe nicht länger vor mir selbst fürchten. Und dafür würde ich tausend Nächte in der Stadt der Stille verbringen.«
Ungeachtet der Anwesenheit der Stillen Brüder beugte Clary sich vor und küsste Jace — ein schneller Kuss auf die Lippen. »Ich bin bald wieder zurück«, wisperte sie. »Morgen Abend, nach der Party im Ironworks, komme ich und besuche dich.«
»Vielleicht bin ich bis dahin ja schon geheilt«, murmelte Jace und die Hoffnung in seinen Augen brach ihr fast das Herz.
Vorsichtig berührte Clary sein Gesicht mit den Fingerspitzen. »Ja, vielleicht.«
Nach einer langen Nacht voller schlechter Träume erwachte Simon frühmorgens und fühlte sich noch immer wie zerschlagen. Ächzend rollte er sich auf den Rücken und starrte auf das Licht der Morgendämmerung, das durch das Fenster in sein Zimmer fiel.
Er fragte sich, ob er nicht vielleicht besser schlafen würde, wenn er es den anderen Vampiren gleichtat und am Tag schlief. Obwohl die Sonne ihm keinen Schaden zufügte, spürte er die Anziehungskraft der Nacht und den drängenden Wunsch, sich unter dunklem Himmel und glitzernden Sternen zu bewegen. Irgendetwas in ihm wollte in den Schatten leben und empfand das Sonnenlicht wie einen stechenden Schmerz — genau wie irgendetwas in ihm nach Blut dürstete. Und wie sein Versuch, gegen dieses Verlangen anzukämpfen, geendet hat, bedurfte ja wohl keiner weiteren Erklärung.
Mühsam rappelte er sich auf, zog sich kurz etwas über und trottete aus seinem Zimmer. Im Wohnzimmer duftete es nach Toast und Kaffee und Jordan saß auf einem der Barhocker an der Küchentheke, mit wild zerzausten Haaren und hängenden Schultern.
»Morgen, Jordan«, sagte Simon. »Alles klar?«
Jordan schaute ihn an. Trotz seiner gebräunten Haut wirkte er blass um die Nase. »Wir haben ein Problem«, verkündete er.
Simon blinzelte. Er hatte seinen Mitbewohner seit dem Vortag nicht mehr gesehen, da er nach dem Gespräch im Sanktuarium erschöpft nach Hause gekommen und sofort in sein Zimmer gegangen war. Jordan war nicht da gewesen und Simon hatte angenommen, er wäre arbeiten. Aber vielleicht war ja irgendetwas passiert. »Was ist los?«, fragte er.
»Das hier hat jemand unter unserer Tür durchgeschoben.« Jordan drückte Simon eine gefaltete Zeitung in die Hand — eine Ausgabe des New York Morning Chronicle, die an einer bestimmten Stelle aufgeschlagen war. in der oberen Hälfte der Seite prangte ein grässliches Foto: ein grobkörniges Bild eines Leichnams, der auf einem Gehweg lag, die spindeldürren Glieder in einem seltsamen Winkel abgespreizt. Auf den ersten Blick wirkte der leblose Körper überhaupt nicht wie ein Mensch.
Simon wollte Jordan gerade fragen, warum er ihm das zeigte, als sein Blick auf den darunter abgedruckten Artikel fiel.
Mädchen tot aufgefunden
Die Polizei erbittet Hinweise zum Tod der vierzehnjährigen Maureen Brown, deren Leichnam am Sonntagabend gegen dreiundzwanzig Uhr in einem Müllcontainer neben dem Big Apple Deli an der Third Avenue aufgefunden wurde. Obwohl die offizielle Todesursache noch nicht bekannt gegeben wurde, berichtete der Besitzer des Delikatessengeschäfts, Michael Garza, der das tote Mädchen entdeckt hat, unserem Reporter, dass ihre Kehle aufgeschlitzt war. Die Polizei sucht zurzeit noch nach der Tatwaffe …
Benommen ließ Simon sich in einen der Sessel sinken, unfähig, den Artikel weiterzulesen. Nun, da er es wusste, erkannte er Maureen auf dem Foto unzweifelhaft wieder — unter anderem an ihren
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