Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
Schulabschlussball versetzt worden war. Plötzlich fühlte Simon sich sehr müde — er war es einfach leid, sich wegen allem und jedem Sorgen zu machen und sich schuldig zu fühlen für die Dinge, die er getan hatte und die er höchstwahrscheinlich auch in Zukunft tun würde. »Und hat Izzy dir auch erzählt, dass Jordan sich meinen Fall hat zuweisen lassen, damit er in deiner Nähe sein konnte? Du solltest mal hören, wie er sich nach dir erkundigt — allein schon, wie er deinen Namen sagt. Und du hast keine Ahnung, wie er mich angemacht hat, als er glaubte, ich würde dich betrügen …«
»Du hast mich nicht betrogen, schließlich waren wir ja nicht fest zusammen. Betrügen ist was anderes …«
Simon lächelte, als Maia mitten im Satz abbrach und errötete. »Schön zu wissen, dass du ihn so wenig leiden kannst, dass du lieber für mich und gegen ihn Partei ergreifst — egal, worum es geht.«
»Das mit Jordan ist Jahre her«, sagte sie. »Er hat nicht mal versucht, wieder Kontakt zu mir aufzunehmen. Nicht ein einziges Mal.«
»Doch, das hat er«, widersprach Simon. »Wusstest du, dass er sich in der Nacht, in der er dich gebissen hat, zum ersten Mal selbst verwandelt hat?«
Maia schüttelte so heftig den Kopf, dass ihre Locken tanzten, und plötzlich wirkten ihre dunklen Augen sehr ernst. »Nein. Ich dachte, er hätte gewusst …«
»Dass er ein Werwolf ist? Nein. Er hat zwar gemerkt, dass er aus irgendwelchen Gründen schnell die Kontrolle über sich selbst verlor. Aber wer denkt schon daran, dass er auf dem Weg ist, sich in einen Werwolf zu verwandeln? Am nächsten Morgen, nachdem er dich gebissen hatte, hat er sich auf die Suche nach dir gemacht, aber die Praetor haben ihn gestoppt und ihn von dir ferngehalten. Und selbst dann hat er nicht aufgehört, nach dir zu suchen. Ich glaube nicht, dass in den letzten zwei Jahren auch nur ein Tag vergangen ist, an dem er sich nicht gefragt hat, wo du bist …«
»Warum verteidigst du ihn?«, flüsterte Maia.
»Weil du die ganze Wahrheit kennen solltest«, sagte Simon. »Ich war als Freund ein ziemlicher Reinfall und darum schulde ich dir was. Du solltest wissen, dass er nicht vorhatte, dich einfach im Stich zu lassen. Er hat meinen Fall nur übernommen, weil in den Akten dein Name erwähnt wurde.«
Maia öffnete den Mund. Als sie den Kopf schüttelte, funkelten die weißen Lämpchen ihrer Lichterkette wie Sterne. »Ich weiß nicht, was ich mit dieser Information anfangen soll, Simon. Was soll ich jetzt tun?«
»Keine Ahnung«, sagte Simon. Sein Kopf fühlte sich mittlerweile an, als würde ihm jemand Nägel in die Schädeldecke hämmern. »Aber eines kann ich dir verraten: Ich bin wirklich der letzte Kerl auf dieser Welt, von dem du dir Beziehungstipps holen solltest.« Mit schmerzverzogenem Gesicht presste er eine Hand gegen die Stirn. »Ich geh mal kurz nach draußen, frische Luft schnappen. Jordan sitzt drüben am Tisch — falls du mit ihm reden willst«, fügte er hinzu, deutete mit dem Kopf in Richtung der Tische und taumelte dann zum Ausgang — fort von ihrem fragenden Blick, von den Augen aller Anwesenden im Saal, vom Lärm der lauten Stimmen und von dem heiteren Gelächter.
Als Clary die Tür zur Terrasse öffnete, schlug ihr ein Schwall kalter Luft entgegen. Sie schauderte und wünschte kurz, sie hätte ihren Mantel mitgenommen, wollte aber keine Zeit mehr damit verlieren, zum Tisch zurückzukehren und ihn zu holen. Rasch trat sie hinaus auf die Terrasse und schloss die Tür hinter sich.
Die weitläufige Terrasse war mit Naturstein gepflastert und von einem schmiedeeisernen Geländer umgeben. Als Beleuchtung dienten Gartenfackeln in großen Haltern aus Zinn, die jedoch kaum dazu beitrugen, die Luft zu erwärmen — was vermutlich auch erklärte, warum sich niemand hier draußen aufhielt. Niemand außer Jace. Er stand direkt am Geländer und schaute hinaus auf den Fluss.
Clary wäre am liebsten zu ihm gelaufen, doch irgendetwas ließ sie zögern. Er trug einen dunklen Anzug mit einem weißen Hemd unter dem geöffneten Jackett und hatte den Kopf von ihr abgewandt. Sie hatte ihn noch nie im Anzug gesehen und er wirkte dadurch älter und ein wenig distanzierter. Seine blonden Haare wehten im Wind, der vom Fluss heraufkam, und sie erkannte die kleine Narbe an der Seite seiner Kehle, wo Simon ihn gebissen hatte. Sie erinnerte sich wieder daran, dass Jace sich ihretwegen hatte beißen lassen und für sie sein Leben aufs Spiel gesetzt
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