Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
zu, um erneut einen schnellen Blick mit ihr zu wechseln, doch sie starrte wie gebannt und mit aschfahlem Gesicht zur Eingangstür des Saals. Plötzlich ließ sie die Serviette auf den Tisch fallen, murmelte »Entschuldigt mich«, sprang abrupt auf und floh förmlich vom Tisch.
Theatralisch hob Magnus die Hände. »Also, wenn das hier eine Massenflucht wird …«, sagte er, erhob sich elegant und warf mit großer Geste den Schal zurück. Dann verschwand er in der Menge, mutmaßlich auf der Suche nach Alec.
Simon schaute zu Jordan, der wiederum zu Maia hinübersah. Sie stand mit dem Rücken zu ihnen und unterhielt sich mit Luke und Jocelyn, lachte und warf ihr lockiges Haar in den Nacken. »Denk nicht mal daran«, ermahnte Simon seinen Mitbewohner, erhob sich ebenfalls und fügte mit drohendem Zeigefinger hinzu: »Du bleibst gefälligst, wo du bist.«
»Und tue was?«, fragte Jordan.
»Was auch immer die Praetor Lupus in einer solchen Situation tun. Meditieren. Ihre Jedi-Kräfte üben. Mir egal. Ich bin in fünf Minuten zurück, und dann will ich dich genau hier wiederfinden.«
Jordan lehnte sich zurück und verschränkte schmollend die Arme vor der Brust, doch Simon achtete schon nicht mehr auf ihn. Er drehte sich um und schob sich durch die Menge, um Clary zu folgen. Sie leuchtete gelegentlich zwischen den anderen Partygästen auf wie ein glitzernder goldener Fleck, gekrönt von einem Kranz leuchtend roter Haare. Auf Höhe einer der mit Lichterketten umwickelten Säulen holte er sie schließlich ein und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Clary drehte sich mit einem überraschten Ausruf um, die Augen weit aufgerissen und die Hände hoch erhoben, als wollte sie ihn abwehren, entspannte sich aber, als sie Simon erkannte. »Du hast mich vielleicht erschreckt!«
»Ist mir auch aufgefallen«, bestätigte Simon. »Was ist los? Weshalb die plötzliche Panik?«
»Ich …« Achselzuckend ließ Clary ihre Hand sinken, doch obwohl sie sich krampfhaft bemühte, ihre Reaktion möglichst lässig erscheinen zu lassen, pulsierte der Herzschlag sichtlich in ihrer Kehle, so heftig wie ein Hammer. »Ich dachte, ich hätte Jace gesehen.«
»So was hab ich mir schon gedacht«, sagte Simon. »Aber …«
»Aber was?«
»Du siehst richtig verängstigt aus.« Simon war sich nicht sicher, warum er das gesagt hatte oder welche Antwort er sich erhoffte. Er sah, wie Clary sich kurz auf die Unterlippe biss, wie üblich, wenn sie nervös war. Einen Augenblick lang schien ihr Blick ins Nichts zu gehen — auch das ein Ausdruck, den Simon gut kannte. Zu den Dingen, die er an Clary immer am meisten geliebt hatte, gehörte ihre Fähigkeit, sich ganz in ihren Tagträumen zu verlieren und einfach in ihre eigene Fantasiewelt voller Prinzen und Flüche und Schicksale und Magie abzutauchen. Früher war er auch dazu in der Lage gewesen und hatte in imaginären Welten gelebt, die gerade deshalb besonders aufregend waren, weil sie absolute Sicherheit boten — weil sie nur in der Einbildung existierten. Doch nun, nachdem die reale und die imaginäre Welt miteinander kollidiert waren, fragte er sich, ob auch Clary sich genau wie er in die Vergangenheit, in die Normalität zurücksehnte. Vielleicht war Normalität — so wie die Sehkraft oder die Stille — etwas, dessen Wert man erst erkannte, wenn man es für immer verloren hatte.
»Jace macht gerade eine schwere Zeit durch«, sagte Clary leise. »Ich habe Angst um ihn.«
»Ich weiß«, erwiderte Simon. »Hör mal, ich will mich ja nicht in anderer Leute Angelegenheiten mischen, aber … hat er oder jemand anderes inzwischen herausgefunden, was mit ihm nicht stimmt?«
»Jace …«, setzte Clary an, unterbrach sich dann aber. »Mit ihm ist alles in Ordnung. Er macht einfach nur eine schwierige Phase durch, weil er versucht, mit dieser ganzen Valentin-Geschichte klarzukommen. Du weißt schon, was ich meine.«
Simon wusste tatsächlich, was sie meinte. Und er wusste auch, dass Clary ihn anlog — sie, die früher kaum etwas vor ihm verborgen hatte. Er warf ihr einen scharfen Blick zu.
»Jace hat in letzter Zeit ständig Albträume gehabt«, fuhr Clary fort. »Und er macht sich Sorgen, dass das irgendetwas mit Dämonen zu tun haben könnte …«
»Mit Dämonen?«, wiederholte Simon ungläubig. Er hatte ja von diesen Angstträumen gewusst, schließlich hatte Jace ihm selbst davon erzählt, aber von Dämonen war dabei nie die Rede gewesen.
»Anscheinend gibt es Dämonenarten, die uns durch
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