Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
das sie immer um ihren Hals trug. Charlotte wusste, dass es ein Gegenstand von hoher spiritueller Kraft war. Eliza trennte sich nie davon.
    Geflüsterte Worte drangen an Charlottes Ohr. Worte von solcher Kraft und Magie, dass es ihr Schauer über den Rücken jagte. Sie wusste, dass Eliza eine haitianische Mambo war. Sie verfügte über eine Vielzahl ungewöhnlicher und mächtiger Rituale, von denen Charlotte nur einige wenige kannte. Während sie sprach, hielt sie ihre Augen fest geschlossen. Charlotte konnte sehen, wie sie sich unter den Lidern bewegten.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis Eliza die Augen wieder aufschlug. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
    »Du hattest recht«, flüsterte sie. »Er lebt. Ich habe ihn gesehen. Ich habe Oskar gesehen und auch die beiden anderen. Sie haben den Absturz überstanden.«
    Ein unbändiges Gefühl der Freude und der Hoffnung durchströmte Charlottes Herz. In diesem Augenblick war sie bereit, alles zu glauben, Hauptsache, es war ein Hoffnungsschimmer.
    »Hast du sonst noch etwas gesehen?«
    »Ja. Die Kugel. Sie ist unbeschädigt. Sie liegt nicht so tief, wie wir vermutet haben. Nur knapp außerhalb der Reichweite des Stahlkabels. Es gibt eine Möglichkeit, sie zu retten. Ich habe Schwingungen empfangen, vage Signale. Humboldts Gedanken sind stark. Er scheint einen Plan zu haben. Wenn wir ihn retten wollen, müssen wir umdrehen und zurückfahren.«
     

     
    Der Forscher hatte die Arme vor dem Körper verschränkt. »Was meinen Sie damit, ich hoffe auf ein Wunder? Wir haben doch alles für eine Rettung hier. Pressluft, Taucheranzüge – alles, was nötig ist, um die Nautilus zu verlassen und nach oben zu schwimmen. Hundertfünfzig Meter sind zwar weit, aber nicht unüberwindbar.«
    »Wenn es doch nur so einfach wäre«, seufzte der Schiffsbaumeister.
    »Wie meinen Sie das?«
    Rimbault schob seine Brille hoch. »Sagt Ihnen der Begriff Cassionkrankheit etwas?«
    »Nein.«
    »Dann vielleicht das Boyle Mariotte’sche Gesetz?«
    Humboldt schüttelte den Kopf. »Auch nicht. Ich muss allerdings gestehen, dass ich mich in Ozeanografie und Tauchkunde nicht besonders gut auskenne.«
    »Unsere Atemluft besteht zu achtundsiebzig Prozent aus Stickstoff und nur zu zweiundzwanzig Prozent aus Sauerstoff«, erläuterte Rimbault. »Die Gase werden im Blut und im Gewebe gelöst. Während der Sauerstoff vom Körper verbraucht wird, verbleibt der Stickstoff im Gewebe. Je tiefer man taucht, umso mehr Stickstoff reichert sich an.« Er hob seinen Finger. »Haben Sie den Druckanstieg gespürt, als das Leck entstand? Er hat die verbliebene Luft zusammengedrückt. Unser Blut hat also bereits eine große Menge Stickstoff aufgenommen. Je länger wir hierbleiben, umso höher wird sie.«
    »Und was bedeutet das?« Oskar hatte Schwierigkeiten, dem Schiffsbaumeister zu folgen.
    »Hast du schon mal eine Sodaflasche geöffnet, mein Junge?«
    »Sie meinen diese Dinger, die so zischen und spritzen? Klar, Paul, der Wirt im Holzfäller, hat so etwas. Blubbert schön im Bauch und hinterher kann man hinreißend rülpsen.«
    »Ganz recht. Mit deinem Körper verhält es sich genauso. Das Blut in deinen Adern würde genauso blubbern, wenn du zu schnell auftauchst. Die Folge: Blutgefäße und Gewebeteile würden verstopfen, im schlimmsten Fall könnte deine Lunge reißen.«
    Oskar erschrak. »Und was kann man dagegen tun?«
    »Es gibt nur eine Lösung«, sagte Rimbault. »Man muss langsam auftauchen, damit sich der Druck unseres Blutes an den Außendruck angleichen kann. In regelmäßigen Abständen muss man Pausen einlegen, und zwar immer längere, je weiter man ins Flache kommt.«
    »Dann sollten wir keine Zeit verlieren«, entgegnete Humboldt. »Jede Minute, die wir hier plaudern, kostet uns wertvollen Sauerstoff.«
    »Monsieur, Sie verstehen nicht. Es braucht Stunden, um aus einer Tiefe von hundertfünfzig Metern aufzutauchen. Die Taucheranzüge würden uns vor der Kälte schützen, gewiss, aber was ist mit der Luftversorgung? Wir haben eine einzige Flasche und die reicht bestenfalls für zehn Minuten.« Rimbault zuckte die Schultern. »So leid es mir tut, aber unsere einzige Chance liegt darin zu warten, dass die Calypso uns hinaufzieht.«
    Die Notlampe begann zu flackern. Unheilvolle Schatten zuckten durch die Kugel.
    Oskar sah zu dem flackernden Licht empor. »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    Besorgt kniete Océanne sich nieder und öffnete die Bodenplatte, unter der die Notfallbatterie lag. Sie prüfte

Weitere Kostenlose Bücher