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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Erlebnis, das Charlotte und ich mit dem Missionar im Pferdestall hatten. Wilmas Schrei hat ihn glatt aus den Latschen gehoben. Er war unfähig, sich zu rühren oder uns vom Diebstahl der Maultiere abzuhalten. Damals hatte ich zum ersten Mal den Verdacht, dass es Töne sind, auf die der Kristall reagiert.«
    »Mein Gott«, flüsterte er. »Du hast recht. Das Läuten. Die Glocken in Bellheims Garten.«
    »Genau.« Charlotte lächelte. »Es kann kein Zufall sein, dass die Dogon ständig diese Lieder singen. Ich könnte mir vorstellen, dass sie den Kristall damit in Schwingung versetzen und unschädlich machen können. Wie bei einer Opernsängerin, die Glas zersingt.«
    Die drei waren am Ende des Felsbogens angekommen. Humboldt drehte sich um. Für einen Moment schien es, als wollte er wieder zurück. Doch dann bemerkte Charlotte eine Veränderung in seinen Augen. Ein kleines helles Licht. Ein Hoffnungsfunke.
    »Eine Opernsängerin, sagst du?« Der Forscher lächelte grimmig.
    »Wenn das so ist, dann werde ich euch eine geben«, sagte er. »Eine Opernsängerin, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.«

 
61
     
     
    Jabez Wilson wischte den Regen aus seinem Gesicht. Der Blick zurück zum Berg war mit Wolken verhangen. Der erste Teil seiner Flucht war geglückt. Zuerst an den feindlichen Kriegern vorbei, dann über die Brücke, quer über das Plateau und durch die Bresche, die seine Männer in den Wall gesprengt hatten. Dann war es den schmalen Pfad hinabgegangen, hinunter in die Ebene. Hier musste er zum ersten Mal absteigen. Das Gefälle war zu steil und der Boden zu rutschig, um das Hindernis auf dem Rücken eines Pferdes zu meistern. Er konnte nicht riskieren, dass eines seiner beiden Tiere sich einen Knöchel brach oder ein Bein verstauchte. Die beiden waren sein ganzes Kapital. Ohne sie würde er niemals bis Timbuktu gelangen.
    Er lenkte sein Pferd und sein Maultier in den Schutz eines Affenbrotbaums, dann stieg er ab. Die Wasserflaschen hingen hinten am Proviantbeutel. Er legte den Kopf in den Nacken und ließ das Wasser in seinen Mund laufen. Sein Maultier gab ein unwilliges Schnauben von sich.
    »Nein, du bekommst nichts«, sagte Wilson. »Noch nicht. Erst, wenn wir unseren Schlafplatz erreicht haben, verstanden?«
    Er hatte etwa dreißig Liter in Wasserschläuchen und zehn in Einzelflaschen. Die musste er einteilen, wenn er heil nach Timbuktu gelangen wollte.
    Wieder schnaubte das Maultier. Unwillig stampfte es mit den Hufen. Wilson verstaute seine Flasche, griff nach der Reitgerte und zog dem störrischen Vieh eins über den Rücken. Ein schmerzerfülltes Wiehern war die Antwort.
    »Wirst du wohl still sein? Ich habe dir schon einmal gesagt, du bekommst nichts. Wenn du nicht sofort aufhörst, dann gibt es gar nichts, nicht mal heute Abend, verstanden? Dann kannst du aus irgendeinem brackigen Wasserloch trinken.« Doch anstatt sich zu beruhigen, fing jetzt auch noch der Apfelschimmel mit dem Theater an. Unruhig riss das Tier den Kopf in die Höhe, wieherte und rollte die Augen.
    Wilson wurde es zu bunt. »Wollt ihr wohl still sein!«, schrie er. »Was ist denn in euch gefahren? Ich glaube, ich muss euch Manieren beibringen.«
    In diesem Augenblick gewahrte er eine Bewegung am Rand seines Gesichtsfeldes. Ein kurzes Huschen nur, aber lang genug, um ihn in Alarmbereitschaft zu versetzen. Gelbliches Fell, schwarze Tupfen. Er kniff die Augen zusammen. Er hörte ein Röcheln, als ob jemand eine schwere Erkältung hatte. Plötzlich wehte ihm ein seltsamer Geruch um die Nase. Ein widerwärtiger Gestank nach verfaultem Fleisch. Blitzschnell drehte Wilson sich um. Er wollte gerade nach seinem Gewehr greifen, als das Maultier ausbrach. Mit schreckhaftem Wiehern und mit den Hufen auskeilend, stob es davon. Zusammen mit seinen Waffen, seinem Proviant und dem gesamten Wasser. Sein Schimmel war nicht mehr zu bändigen. Er stieg auf die Hinterläufe und schlug aus. Um ein Haar wäre Wilson von einem der mächtigen Hufe getroffen worden, doch er konnte sich schnell genug fallen lassen. Das riesige Pferd sprang über ihn hinweg und verschwand ebenfalls im Unterholz. Wilson war allein. Langsam hob er den Kopf. Eine Reihe gnadenloser und pechschwarzer Augen starrten ihn an. Wildhunde, schoss es ihm durch den Kopf. Die wahren Herren der Savanne.
     

     
    Max, Harry und Patrick konnten das Jaulen bereits aus weiter Ferne hören. Wind und Regen trugen das Geräusch zu ihnen herüber. Ein Winseln, Jaulen und Kläffen, dass es einem

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