Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch
auch«, sagte Max. »Die Frage ist nur, gegen wen?« Er kam nicht dazu weiterzusprechen, denn in diesem Moment polterte von außen etwas gegen die Tür.
»Runter, schnell!«, zischte Max.
Die beiden ließen den Deckel zuschnappen und tauchten in den Schatten hinter zwei Kisten. Keinen Augenblick zu früh.
Im Türrahmen erschien die schlanke, durchtrainierte Figur Jonathan Archers. In seinem Schlepptau befanden sich einige recht bullig aussehende Begleiter. Horace Bascombe und Melvyn Parker, zwei der übelsten Schläger aus Wilsons Gefolge.
»Hallo?«, rief Archer. »Ist da jemand?«
Max überlegte blitzschnell, ob es Sinn machte, Katz und Maus zu spielen, und trat dann aus seinem Versteck. Er tat ganz überrascht und hob die Hand zum Gruß. »Jonathan, Sie sind’s. Schön, Sie zu sehen. Wir wollten gerade wieder zu Ihnen an Deck gehen.«
»Was haben Sie hier unten zu suchen?« Archers Stimme triefte vor Misstrauen.
»Nichts Besonderes.« Max versuchte möglichst unbeschwert zu klingen. »Kleiner Inspektionsrundgang. Nur mal nachsehen, ob die Kisten gut verzurrt sind und die Spannseile halten.«
»Außerdem mussten wir uns mal die Beine vertreten«, ergänzte Boswell. »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe das Gefühl, auf diesem Kahn einzurosten.«
»Hm.« Archer warf ihnen einen argwöhnischen Blick zu. Man sah ihm an, dass er kein Wort glaubte. Aber in Ermangelung von Beweisen war er nicht in der Lage, ihnen die Hölle heiß zu machen. »Wir haben schon überall nach Ihnen gesucht«, brummte er. »Sir Wilson will Sie sehen, also kommen Sie mit.«
Die Söldner waren bereits alle versammelt. Jabez Wilson bedachte die beiden Amerikaner mit einem knappen Nicken, dann verschränkte er die Arme hinter seinem gewaltigen Leib.
»Jetzt, wo wir vollzählig sind, möchte ich das Geheimnis über das Ziel unserer Unternehmung lüften.« Er winkte die Männer um den Kartentisch. Auf einem Plan war ein Ausschnitt der afrikanischen Westküste zu sehen. Max konnte die Ländergrenzen von Mauretanien, Senegal und Gambia erkennen. Dahinter lag Französisch-Sudan. Wilson deutete auf eine Schmalstelle, die das Land wie ein Gürtel einschnürte. »Hier liegen die Tafelberge von Bandiagara«, sagte er, wobei er seinen Zeigestock über einen weißen Flecken auf der Landkarte gleiten ließ. »Händler berichten von einem ausgedehnten Gebirgszug – den Hombori-Bergen –, in dem ein Volk wohnt, das sich selbst die Dogon nennt. Im Süden herrschen Trockensavannen, im Norden Buschland, durchzogen von Streifen todbringender Wüste. Das ist der Ort, an den wir vorstoßen werden.«
Max zog seinen Block heraus und machte einige Notizen. »Was werden wir dort finden?«
Wilson griff in seine Westentasche und zog drei gelbliche Stücke Papier heraus. Sie sahen ziemlich fleckig und zerknittert aus, doch Wilson behandelte sie, als wären sie aus kostbarstem Pergament. »Ich habe hier einen Bericht, den französische Landvermesser vor etwa zehn Jahren niedergeschrieben haben. Sie berichten von einer Sage, die seit Jahrhunderten in dieser Gegend kursiert. Eine Geschichte, die bisher ausschließlich mündlich weitererzählt wurde.« Er lächelte geheimnisvoll. »Angeblich ereignete sich hier vor einigen Tausend Jahren eine Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes. Irgendetwas gelangte von außerhalb unseres Sonnensystems in die Atmosphäre der Erde und schlug irgendwo im Norden ein. Vermutlich im Gebiet der heutigen Sahara. Auf Felszeichnungen der Ureinwohner ist zu sehen, dass das Objekt einen riesigen Schweif besessen haben muss. So lang, dass er das gesamte Firmament überspannte.« Er zwinkerte seinen Männern zu. »Interessanterweise gab es keine Explosion, keine Erschütterung und keinen Krater. Eine Einsturzstelle wurde nie gefunden, sodass die Geschichte vonseiten der Wissenschaft schnell vergessen wurde. Angeblich ist dieses Objekt jedoch dafür verantwortlich gewesen, dass aus der einst grünen und blühenden Steppenlandschaft die größte Wüste der Erde geworden sei. Später soll ein ortsansässiges Volk, das sich selbst Tellem nannte und das um das Jahr 1000 nach Christus in der Sahara lebte, den Meteoriten gefunden und hierhergebracht haben. Warum sie das taten, ist ungeklärt. Angeblich liegt der Stein bis heute auf der Spitze eines Tafelbergs in einem Versteck. Irgendwann kamen die Dogon in dieses Gebiet und ließen sich auf einem benachbarten Tafelberg nieder. Sie stießen auf eine Gruppe von Wesen, die
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