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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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wenn ihr Essen kalt wird. Kommt, jeder schnappt sich eine Tasche, dann laufen wir nach Hause. Das ist ja wirklich ein Sauwetter da draußen.«
    Vor Humboldts Haus angekommen, schüttelten sie sich wie nasse Hunde. Der Forscher zog seinen Schlüssel aus der Tasche und schloss auf.
    Â»Wir sind wieder zu Hause!«
    Niemand meldete sich.
    Â»Ist jemand da?«
    Nach einer Weile tauchte Maus auf. »Oh, hallo, na det wurde aber auch mal Zeit. Wir haben uns schon Sorjen jemacht.«
    Â»Wo sind denn alle?«
    Â»Ick weeß och nich’ jenau. Lena ist bei Bert im Stall, Willi musste noch mal in die Stadt, und wo Eliza is, weeß ick nich’. Vermutlich oben.«
    Â»Gibt es etwas zu essen? Wir haben einen Mordskohldampf. Wir sind eine ganze Zeit unterwegs gewesen.«
    Maus schaute betrübt Richtung Küche. »Ick gloobe nich’. Gleich nachdem ihr weg wart, ist Eliza auf ihr Zimmer gegangen. Soll ick ihr rufen?«
    Â»Lass nur, ich werde selbst zu ihr gehen.« Humboldt zog seinen Mantel aus und hängte ihn an die Garderobe. Oskar und Charlotte folgten seinem Beispiel und zogen bei der Gelegenheit auch gleich die dreckigen Schuhe aus.
    Â»Wie war’s denn? Wo seid ihr jewesen?« Maus platzte schier vor Neugier.
    Â»Lass dir das von Oskar erzählen«, sagte Charlotte. »Ich geh auch mit zu Eliza rauf.«
    Â»Ich würde gerne mitkommen, wenn ich darf«, sagte Oskar, den enttäuschten Blick von Maus ignorierend.
    Sie lächelte ihn an. »Na, dann komm. Ich hoffe wirklich, dass sie nicht verärgert ist, weil wir uns verspätet haben.«
    Gemeinsam stiegen sie die Treppenstufen empor.
    Oben war es totenstill. Das Haus wirkte wie ausgestorben. Elizas Zimmer lag am Ende des Flurs. Es war der hellste Raum im ganzen Haus, weil er nicht nur einen Erker mit vielen Fenstern besaß, sondern weil durch seine spezielle Südlage den ganzen Tag die Sonne hereinschien.
    Humboldt stand bereits vor der Tür. »Eliza?«
    Niemand antwortete. Oskar kam hinzu und lauschte. »Sie ist da, ich kann sie hören. Ich glaube, sie singt.«
    Humboldt klopfte noch einmal, diesmal nachdrücklicher.
    Â»Eliza, wir sind wieder zurück. Dürfen wir reinkommen?«
    Immer noch keine Antwort.
    Vorsichtig drückte der Forscher die Klinke herunter.
    Im Zimmer war es dunkel und stickig. Es roch nach Räucherwerk und Gewürzen. Die Fensterläden waren geschlossen, die Vorhänge zugezogen. Das einzige Licht stammte von der Kerze auf Elizas Altar. Die Flamme flackerte durch den Luftzug.
    Eliza kniete vor dem Altar und wiegte ihren Oberkörper hin und her. Sie hatte den Sekretär auf der rechten Seite zu einer Art heiligem Schrein umfunktioniert. Dort bewahrte sie ihre Gebetsbücher, Zaubertränke, Mixturen und Elixiere auf, und weil das gesamte Möbelstück mit Tüchern und Stickereien aus ihrer Heimat verziert war, hatten sie es den Altar getauft. Haiti, ihre Heimat, war der westliche Teil der Insel Hispaniola, in der Karibik gelegen. Ein wildes und urtümliches Land. Seine Einwohner verstanden sich auf alle Sorten von Magie, manche gutartig, manche böse. Als Magierin war sie auf alle Sorten von Heilung und Weissagung spezialisiert. Der Gesang, den sie angestimmt hatte, klang düster und unheilvoll.
    Eliza hatte ihre Augen geschlossen. Als sie die Besucher bemerkte, öffnete sie sie.
    Â»Wir sind zurück«, sagte Humboldt. »Ich dachte, das interessiert dich. Wir haben viel zu erzählen.«
    Sie stand auf und strich ihr Kleid glatt. »Habt ihr Hunger?«
    Ein Lächeln huschte über Humboldts Gesicht. »Ich glaube, du kannst Gedanken lesen.« Er ließ seinen Blick schweifen. »Was tust du hier, warum sind die Fenster verdunkelt?«
    Â»Ich habe versucht, mit den Göttern meiner Heimat Kontakt aufzunehmen«, erwiderte sie mit dunkler Stimme. »Doch ihre Gedanken sind in Wolken gehüllt.«
    Â»Sind sie das nicht immer?«
    Â»Nicht für mich. Doch seit einiger Zeit sprechen sie nicht mehr zu mir. Es ist, als wäre ich erblindet. Ich habe alles versucht, doch alles, was ich bekomme, ist eine Mauer aus Schweigen.« Sie wischte über ihre Augen. Oskar konnte sehen, dass sie geweint hatte. Humboldt berührte ihre Hand. »Gibt es etwas, was du uns sagen willst?«
    Â»Nein«, sagte sie. »Die Dinge werden sich so entwickeln, wie es von Anbeginn der Zeit vorherbestimmt wurde. Nichts kann das jetzt

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