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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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werden wir uns wieder ins Zeug legen. Ich glaube, alle würden es sich sehr wünschen.«
    Â»Bitte, Herr Humboldt.«
    Humboldt schaute eine Weile brummig auf die Tischplatte, dann nickte er: »Na gut, ich will ja kein Spielverderber sein. Aber ich muss trotzdem kurz bei Pfefferkorn vorbeischauen. Er hat ein Recht zu erfahren, wie es uns ergangen ist. Bereitet schon mal alles vor. Ihr werdet sehen, ich bin im Handumdrehen wieder da.«
    Â»Bitte … bleib.« Eliza sah den Forscher mit großen Augen an.
    Humboldt entzog ihr seine Hand. »Was denn, darf ich nicht mal kurz meinen Freund informieren? Was soll das?«
    Â»Ich habe einfach kein gutes Gefühl …«
    Der Blick des Forschers verdüsterte sich. »Wir hatten das doch besprochen.«
    Â»Ja, aber …«
    Er trat auf sie zu und sein Ausdruck wurde milder. Liebevoll nahm er ihre Hand und drückte sie. »Schau, Eliza, ich weiß, wie sich das anfühlt. Auch ich habe kurzzeitig mal meine Fähigkeiten verloren. Ich war wegen eines Giftpfeils der Chajacu-Indianer am Amazonas für einige Tage erblindet. Ein unangenehmes Gefühl. Aber davon darf man sich nicht unterkriegen lassen. Wenn es dich beruhigt, werde ich eine Waffe mitnehmen.«
    Â»Aber …«
    Â»Ende der Diskussion.« Er stand auf. »Ihr könnt mich zum Mittagessen zurückerwarten, dann werde ich jedes Spiel spielen, das ihr von mir verlangt.« Mit diesen Worten zog er seinen Mantel an und ging zur Haustür.
    * * *
    Heinz Behringer musste zweimal durch sein Zielfernrohr blicken, um sich zu vergewissern, dass er keinen Irrtum beging. Nein, es stimmte: Der Forscher verließ soeben das Haus. Hochgewachsen, kräftig, energisch. Ein geborener Gewinner. Humboldt setzte seinen Zylinder auf und schlug den Kragen hoch. Man erzählte sich wahre Wunderdinge über den Kerl. Als Behringer ihn so sah, konnte er all das nicht glauben. Für ihn sah er wie ein gewöhnlicher Emporkömmling aus. Was aber auch egal war, schließlich hatte der Mann nur noch wenige Momente zu leben. Behringer nahm den Zigarillo aus dem Mund und warf ihn fort.
    In diesem Moment ging die Tür noch einmal auf. Eine zweite Person betrat den Hof. Die Zauberin.
    Hochgesteckte Haare, goldene Ringe in den Ohren, ebenholzfarbene Haut. Sie trug einfache flache Schuhe und ein langes Kleid, das mit farbigen Stickereien versehen war. Eine Schönheit, vorausgesetzt, man stand auf dunkle Haut. Sie folgte Humboldt in den strömenden Regen und fing an, auf ihn einzureden. Sah aus, als hätten die beiden einen handfesten Streit. Behringer nahm zu keinem Zeitpunkt den Finger vom Abzug. Er spürte, wie das Jagdfieber in ihm aufstieg. Leise, ohne es zu merken, begann er ein Lied zu summen. Es stammte aus seiner Heimatstadt, seine Großmutter hatte es ihm immer vorgesungen.
    Â»Es war einmal ein treuer Husar,
    der liebt’ sein Mädchen ein ganzes Jahr.
    Ein ganzes Jahr und noch viel mehr.
    Die Liebe nahm kein Ende mehr.«
    Humboldt trat einen Schritt zur Seite. Der Augenblick, auf den Behringer gewartet hatte. Das Blickfeld war frei.
    Â»Kaum war er drei Tag in der Fremd’,
    so kam ein Brief von Liebchens Händ’.
    Sie ward so krank bis auf den Tod,
    drei Tag, drei Nacht sprach sie kein Wort.«
    Jetzt lief alles automatisch ab. Das Adrenalin pumpte durch seine Venen, ließ ihn eins werden mit seiner Waffe. Sein Instinkt übernahm die Kontrolle. Ein letztes Mal prüfte er den Wind, überschlug im Geiste die Drift des Projektils, beobachtete, in welche Richtung Humboldt sich bewegte, und ermittelte, wie weit er vorhalten musste.
    Â»Da droben liegt sie auf weichem Stroh.
    Bis morgen früh ist sie schon tot.
    Zündet an, zündet an ein Licht,
    sonst stirbt mein Schatz und ich seh ihn nicht.«
    Er zog den Abzug.
    Die Zeit schien auf einen einzigen Punkt zusammenzuschrumpfen, dann verließ das Projektil mit einem gedämpften Knall den Lauf.

22
    H umboldt drehte sich um. »Hör mal, Eliza. Es tut mir leid, dass ich da drinnen so schroff war. Ich wollte nicht, dass es so klingt, als wäre ich kalt und hartherzig. Ich mache mir doch genauso viel Sorgen wie du. Nur darf ich das nicht offen zeigen. Ich verspreche dir, sobald ich zurück bin, werden wir …«
    Eliza hob ihren Kopf und lauschte in den Regen. Dann drehte sie sich um. Von einer auf die andere Sekunde schien sie das Interesse an dem Gespräch

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