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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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das Namensschild. »Bin ich hier richtig bei Carl Friedrich von Humboldt?«
    Â»Sind Sie«, erwiderte Charlotte. »Mein Onkel sitzt gerade beim Frühstück. Können wir etwas ausrichten?«
    Â»Ã„hem, ich habe eine dringende Sendung für ihn. Nur persönliche Zustellung. Wenn Sie so freundlich wären, ihn zu rufen …?«
    Oskar drehte sich um und rief: »Vater, Post für dich!«
    Sie hörten ein Rumpeln im Speisezimmer, als ein Stuhl vorgeschoben wurde, dann kam der Forscher mit schweren Schritten zur Haustür. In seinem Kragenausschnitt steckte die Serviette, um seinen Mund waren Krümel und Marmeladenreste.
    Â»Was wünschen Sie?«
    Â»Ich komme vom Versandunternehmen Claas & Johannson und hätte da eine Lieferung für Sie.« Er öffnete seine Aktentasche und holte eine Mappe hervor. Sie schien prall gefüllt mit irgendwelchen Dokumenten. Obenauf lag ein Lieferschein, auf dem etwas geschrieben stand. Oskar verdrehte den Kopf. Termingerechte Zustellung am Freitag, den 4.   Juni 1895, zehn Uhr. Der Bote blickte auf seine teuer aussehende Armbanduhr und machte ein Häkchen hinter den betreffenden Punkt. »Wenn Sie so freundlich wären, hier zu unterzeichnen?« Er hielt Humboldt einen goldenen Füllfederhalter entgegen.
    Â»Claas & Johannson? Den Namen habe ich doch schon mal gehört.«
    Â»Ein Subunternehmen der Western Union. Wir agieren weltweit. Bitte unterzeichnen Sie hier und hier.« Er tippte auf die betreffenden Stellen.
    Oskar bewunderte das motorgetriebene Fahrzeug. Maschinen wie diese sah man jetzt ab und zu in Berlin, doch eine so edle Ausfertigung hatte er noch nicht gesehen. Ledersitze, Armaturen aus Kirschholz, kupfernes Lenkrad – ein teurer Wagen.
    Humboldt schenkte dem keine Beachtung. Er nahm den Füllfederhalter, unterschrieb an den entsprechenden Stellen und nahm die Mappe in Empfang. Sie war mit einer Kordel umwickelt, die mit Siegelwachs verschlossen war.
    Â»Wer schickt mir denn etwas mit einem solch teuren Lieferunternehmen? Scheint wichtig zu sein. Von wem stammt es?«
    Â»Ãœber Absender und Inhalt kann ich Ihnen leider keine Mitteilung machen. Nur, dass wir angewiesen wurden, diese Mappe an diesem Tag zu genau dieser Stunde zuzustellen. Der Durchschlag ist für Sie, das Original behalte ich. Der Rechnungsbetrag wurde bereits im Voraus beglichen. Ich wünsche noch ein schönes Wochenende.« Er tippte an die Krempe seines Hutes, bestieg seinen Motorwagen und knatterte in einer Wolke aus blauen Abgasen davon.
    Humboldt wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum. »Elende Luftverpester. Ich kann nur hoffen, dass diese Mode bald wieder vorbei ist. Kommt, lasst uns reingehen und zu Ende essen.«
    Der Rest des Frühstücks verlief in aller Eile. Jeder wollte wissen, was der Bote ihnen da gebracht hatte. In Windeseile hatten sie den Tisch freigeräumt und sich um den Forscher herum aufgestellt. Humboldt bedachte sie mit einem strafenden Blick. »Was steht ihr denn hier so herum? Soweit ich mich erinnere, ist die Lieferung für mich bestimmt.«
    Â»Jetzt mach schon, Vater«, sagte Oskar. »Wir wollen wissen, was der dramatische Auftritt mit dieser termingerechten Zustellung zu bedeuten hat.«
    Â»Vielleicht ein neuer Auftrag«, sagte Lena mit leuchtenden Augen.
    Â»Oder Post von Boswell und Pepper«, sagte Charlotte. »Der Hinweis auf Western Union könnte darauf hindeuten.«
    Humboldt seufzte. »Na schön. Aber rückt mir nicht so dicht auf die Pelle, das kann ich nicht leiden. Wollen mal sehen.«
    Er griff nach seinem Brotmesser und brach das Siegel auf. Dann entfernte er die Kordel und klappte die lederne Mappe auf. Fotografien, Skizzen, Zeitungsausschnitte und handschriftliche Zettel fielen heraus und ergossen sich über den Tisch, viele davon anscheinend in großer Eile geschrieben und recht unleserlich. Es befanden sich auch zwei Briefumschläge darunter und ein dickes abgegriffen aussehendes Buch, dessen Inhalt hoffentlich eine Erklärung für all das lieferte. Auf dem einen Umschlag stand: Carl Friedrich , auf dem anderen Charlotte .
    Â»Rätselhaft«, sagte Humboldt und drehte und wendete den für ihn bestimmten Brief in der Hand. »Die Handschrift kommt mir vage bekannt vor. Möchte wissen, wer mir da schreibt.«
    Â»Mach ihn doch auf, dann wirst du es schon erfahren«, sagte Oskar. Humboldt blickte ihn vorwurfsvoll

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