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Chronos

Titel: Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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Zeitungen, Sonnenlichtbalken, die durch grün bemooste Wände drangen, und in der Mitte in Pink- und Blautönen und in Rot und Gelb, ein halbfertiges Ding, das die Worte Helfen Sie mir hervorbrachte, während der Kehlkopf in seinem gläsernen Hals hüpfte.
    Lieber Gott , dachte Catherine. Das alles ist überhaupt nicht zu fassen. Es ist völlig verrückt.
    Sie hatte die Pfirsichschnapskaraffe zur Hälfte geleert, als Doug Archer endlich anklopfte. Catherine öffnete ihm die Tür. Sie war etwas beschwipst, spürte aber immer noch eine versteckte Angst. Er sagte: »Ich hatte hier in der Gegend zu tun, daher dachte ich, ich komme gleich mal vorbei, anstatt Sie anzurufen ... Hey, sind Sie in Ordnung?«
    Dann, ohne es bewusst zu wollen, lehnte sie sich an ihn. Er fing sie auf und führte sie zur Couch.
    »Ich habe etwas gefunden«, stieß sie hervor. »Etwas Furchtbares. Und Seltsames.«
    »Sie haben etwas gefunden«, wiederholte Archer.
    »Im Wald, bergab, Richtung Süden.«
    »Erzählen Sie mir davon.«
    Catherine erzählte stammelnd die Geschichte und schämte sich plötzlich ihrer scheinbaren Hysterie. Wie konnte er überhaupt verstehen, was geschehen war? Archer saß aufmerksam in Grandma Peggys Sessel, aber er war im Grunde ein Fremder. Vielleicht war es dumm gewesen, ihn anzurufen. Als er sie gebeten hatte, sich bei ihm zu melden, falls sie etwas Seltsames bemerken sollte ... Hatte er womöglich so etwas gemeint? Vielleicht war das Ganze eine Verschwörung. Belltower, Washington, in der Hand von feindseligen Fremden aus dem All. Vielleicht war Archer unter seiner ordentlichen Levi's und der blauen Jacke von Belltower Immobilien genauso durchsichtig und seltsam wie das Ding im Holzschuppen.
    Aber als sie ihren Bericht beendet hatte, stellte sie fest, dass das Erzählen sie ungemein beruhigt hatte.
    Archer sagte, dass er ihr glaube, aber vielleicht war das nur Höflichkeit. »Ich möchte, dass Sie mich hinbringen«, fügte er hinzu.
    Diese Vorstellung weckte ihre Furcht aufs Neue. »Jetzt?«
    »Bald. Heute. Noch vor Einbruch der Dunkelheit.« Er zögerte. »Sie könnten sich auch geirrt haben bei dem, was Sie sahen. Vielleicht braucht wirklich jemand Hilfe.«
    »Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Möglich, dass es so ist. Aber ich weiß, was ich gesehen habe, Mr. Archer.«
    »Doug«, verbesserte er sie geistesabwesend. »Ich denke dennoch, wir müssen dorthin. Falls auch nur die vage Möglichkeit besteht, dass dort draußen jemand verletzt wurde. Ich glaube, wir haben keine andere Wahl.«
    Catherine ließ sich das durch den Kopf gehen. »Ja«, sagte sie unglücklich. »Ich denke, Sie haben recht.«
    Aber es war später Nachmittag, und der Wald wirkte noch unheimlicher. Gestärkt durch den Brandy und durch ein ausführliches beruhigendes Gespräch, führte Catherine Archer den Berghang hinab am Bach vorbei, zu den Brombeersträuchern und den hohen Douglasfichten und weiter zum Rand der Wiese, wo der Holzschuppen stand.
    Der Schuppen hatte sich nicht verändert. Er war mit Moos bewachsen, alt, klein und völlig unauffällig. Sie betrachtete ihn und stellte sich darin Monster vor.
    Sie standen einen Moment lang still da und schwiegen.
    »Als wir uns das erste Mal trafen, baten Sie mich, auf ungewöhnliche Dinge zu achten.« Sie sah ihn direkt an. »Haben Sie dies hier erwartet? Haben Sie irgendeine Idee, was hier vorgeht?«
    »Nein, so etwas hatte ich nicht erwartet.«
    Er erzählte ihr die Geschichte von einem Haus, das er einem Mann namens Tom Winter verkauft hatte, von der merkwürdigen, selbsttätigen Ordnung darin, von Tom Winters Verschwinden.
    »Steht es hier in der Nähe?«, wollte sie wissen.
    »Ein paar hundert Meter in Richtung Straße.«
    »Gibt es irgendeine Verbindung?«
    Archer zuckte die Achseln. »Es wird allmählich spät, Catherine. Wir sollten es besser tun, solange wir es noch können.«
    Sie näherten sich der roh behauenen Tür des Holzschuppens.
    Archer langte nach dem Handgriff, doch Catherine hielt ihn zurück. »Nein. Lassen Sie mich.« Du hast ihn gefunden, hätte Grandma Peggy gesagt. Er gehört sozusagen dir, Catherine.
    Das Ding im Schuppen war schon ein »Er« und kein »Es« mehr. Sie hatte den Anblick verdrängt und konzentrierte sich auf die Stimme.
    Helfen Sie mir.
    Catherine holte tief Luft und öffnete die Tür.
    Die Sonne hatte sich den Baumspitzen genähert. In dem Holzschuppen war es dunkler als am Morgen. Es war eine grüne, summende, lehmige Dunkelheit. Catherine

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