Chucks Welt
Und entmutigt. Der Weg ist noch weit.
I ch hab gehört, die Abschlussfahrt fällt aus.«
»Was?« Steve und ich sind auf dem Weg zur Schule. Mir bleibt fast die Luft weg, als er das sagt.
»Doch, anscheinend gibt’s da ein Genehmigungsproblem mit dem Zeltplatz oder so, darum ist alles abgesagt. Ich hab ein paar Leute auf Facebook darüber reden sehen.«
»Steve, ist das dein Ernst?«
Er guckt mich an und grinst. »April, April!«
»Was?«
»Heute ist der erste April. Ich verarsch dich bloß.«
Verdammte Scheiße.
»Aha«, sage ich und sacke im Beifahrersitz zusammen.
»Wärst du ehrlich begeistert, wenn das Wochenende gekippt würde?«
»Logisch«, sage ich. »Dann müsste ich mich nicht mies fühlen, weil ich nicht dabei bin, und ich wüsste, dass Amy nicht über Nacht irgendwo in der Pampa mit Ashley Allen rumhängt.«
»Chuck, du hast sie doch nur ein Mal zusammen gesehen. Ich glaub echt nicht, dass da was läuft.«
»Kann sein«, lenke ich ein.
»Hör zu«, fährt Steve fort. »Kanhas Bruder ist über die Semesterferien zu Hause. Er hat Kanha gesagt, er kauft Bier für uns, wenn wir’s nur auf die Reihe kriegen, es bis zum Campingwochenende zu verstecken.«
»Steve, wie oft muss ich das noch sagen? Ich komm nicht mit. Außerdem trinken wir sowieso nicht.«
Letztes Jahr haben Kanha, Steve und ich stundenlang vor einem Laden rumgestanden und die Leute angebettelt, sie sollen Bier für uns kaufen, weil wir selbst noch keins kriegen. Irgendein Typ hat das dann auch gemacht und wir haben es unten im Keller bei Steve zu Hause getrunken, als seine Eltern weg waren. Ich fand den Geschmack widerlich, Steve ist gleich eingeschlafen und Kanha – Überraschung, Überraschung – musste kotzen.
»Ich hab gedacht, du bist irgendwie … dran an diesem Mist?«, sagt Steve.
Dass ich Lexapro nehme, habe ich Steve immer noch nicht erzählt, aber über die KVT weiß er schon ein bisschen was. Er musste ja zwangsläufig merken, dass ich noch schräger drauf bin als sonst – oder weniger schräg?
»Stimmt, ich bin dran«, sage ich. »Aber wenn ich’s schaffe, mir mal nicht die Hände zu waschen, heißt das noch lange nicht, dass ich auch im Gras schlafen und in ein Loch kacken kann – das ist eine ganz andere Nummer.«
»Wir schlafen nicht im Gras und kacken nicht in Löcher. Man schläft da in einem Zelt und es gibt ganz normale Toiletten, Chuck. Wahrscheinlich sogar WLAN. Der Campingplatz ist nicht mal vier Kilometer von hier weg. Wir fahren doch nicht zum Amazonas, verdammt.«
»Ich will nicht mehr darüber sprechen.«
»Na gut.« Steve ist beleidigt. »Dann lass es eben. Aber ich sag dir gleich, auf den Abschlussball gehe ich auf alle Fälle, ob du mitkommst oder nicht. Ich werde nicht alles verpassen.«
»Mit wem willst du denn hingehen?«, frage ich.
»Weiß ich noch nicht, aber die Jungs fangen grade an, bei den Mädchen rumzufragen. Und wenn’s nur per Mailorder-Braut geht, ist mir das auch egal, ich gehe jedenfalls hin. Übrigens hab ich gegoogelt, die sind gar nicht schlecht.«
»Steve!«
»Was?«
»Auf keinen Fall bestellst du dir deine Abschlussballpartnerin im Internet. Ich weiß gar nicht, wieso du unbedingt hinwillst zu so einem Bonzending.«
»Ein Bonzending?«, spottet Steve. »Hast du gerade behauptet, der Ball ist ein Bonzending? Was soll das heißen? Wer sagt denn so einen Schwachsinn?«
»Keine Ahnung. Ist einfach blöd, das Ganze.«
Vor ein paar Wochen hatte ich noch den grandiosen Plan, mit Amy zum Abschlussball zu gehen. Es wäre die Krönung meiner ansonsten erbärmlichen Highschoolzeit gewesen. Aber das habe ich ganz klar verschissen. Kann sein, dass ich in Bezug auf meine Ticks Fortschritte mache, aber mit Amy geht es in die umgekehrte Richtung. Sie wieder zurückzugewinnen kommt mir unendlich viel schwieriger vor als das Anfreunden am Anfang.
Die Abschlussfahrt ist ruiniert. Der Ball ist ruiniert. Amy und ich sind ruiniert. Alles ist ruiniert. Mein einziger Trost ist eine Dose mit orangeroten Pillen, die neben einer ausufernden Sammlung von Strichlisten in einer Schublade liegt.
Im Moment will ich nichts weiter, als mich auf die erste Prüfungsrunde vorbereiten und das Bild aus dem Kopf kriegen, wie Steve einer Nutte Blumen ans Ballkleid steckt.
O kay, Nummer dreizehn, das machen wir unter uns aus.«
Ich bin im Fahrstuhl bei Dr. S. und rede mit mir selbst, wie ein Geisteskranker. Mom ist mit Beth beim Shoppen und Dad ertrinkt in Arbeit, weil
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