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Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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Ertrinkenden zum Ufer zurücktragen oder sich ohne Hilfe von Propellern in die Luft erheben. Edek, das wußte Ruth, hatte eine mehr als flüchtige Bekanntschaft mit Zofias Brüsten unterhalten. Ruth sah auf ihre eigenen Brüste hinunter. Sie waren ziemlich schlaff. Oder, freundlicher ausgedrückt, entspannt. Garth bezeichnete sie als klein und keß. Aber die Wahrheit war die, daß an ihnen nicht mehr viel Kesses zu entdecken war.
    »Du könntest deine Büstenhalter kaufen in diesem Laden«, fuhr Edek fort. »Die Preise sind sehr billig. Aber du kaufst deine Büstenhalter wahrscheinlich in einem Büstenhalterladen, was ist sehr, sehr versnobt.«
    »Du warst drinnen und hast dich nach den Preisen erkundigt?« sagte Ruth.
    »Ja«, sagte Edek. »Warum nicht? Es hat mich interessiert, zu erfahren, wieviel sie kosten. Es interessiert mich, zu erfahren, was es kostet zu leben in einer Stadt wie New York. Ich kenne schon die U-Bahn und die billigen Lokale, wo man ißt, und die Reinigungen.«
    »Warum willst du über Büstenhalter Bescheid wissen?« fragte Ruth.
    »Büstenhalter sind das gleiche wie alles andere«, sagte Edek. »Büstenhalter sind wie Unterhosen oder Socken. Wenn man will herausfinden, wieviel es kostet, zu leben irgendwo, muß man sich alles ansehen.«
    »Aber ich zahle doch deine Rechnungen«, sagte Ruth.
    »Und wenn schon. Willst du, daß ich anfange, Geld auszugeben als Hobby? Natürlich willst du das nicht. Du willst mit mir spazierengehen in der Lower East Side, Ruthie«,sagte Edek. »Ich zeige dir den Laden, wo du Sauerkraut kannst kaufen und Schmalzhering, und vielleicht hast du Lust zu besichtigen den Büstenhalterladen.«
    Ruth legte auf. »Mein Vater ist in der Lower East Side unterwegs«, sagte sie zu Max.
    »Oh, das macht er am liebsten«, sagte Max. »Er hat mir schon gesagt, daß ich mir dort eine Wohnung suchen soll. Er meint, die Wohnungen dort seien viel billiger als in der Gegend, in der ich wohne.«
    »Er hat zu Ihnen gesagt, daß Sie sich dort eine Wohnung suchen sollen?«
    »Ja«, sagte Max. »Und er hat recht. Ich könnte für die gleiche Miete eine größere Wohnung finden. Ich bin es langsam leid, in einem Karnickelstall zu wohnen. Er hat mir erzählt, daß es eine Menge günstige Wohnungen gibt, vor allem südlich der Delancey Street.«
    »Was macht mein Vater dort?« fragte Ruth.
    Max lachte. »Er wird flügge, wie Sie es sich gewünscht haben«, sagte sie. »Als er noch jeden Tag zu uns ins Büro kam, hat Sie das fast in den Wahnsinn getrieben und alles durcheinandergebracht. Und jetzt scheint er doch glücklich zu sein, außerdem müssen wir nicht mehr den ganzen Tag den Staubsauger mit integriertem Navigationssystem in der Abstellkammer herumfahren hören.«
    »Er wird flügge?« sagte Ruth. »In seinem Alter? Was tut er nur?«
    »Sie machen sich zu viele Sorgen um ihn«, sagte Max. »Seit seiner Ankunft haben Sie sich Sorgen um ihn gemacht, und jetzt wirken Sie sogar noch besorgter als zuvor.«
    »Ich bin nicht besorgt«, sagte Ruth, »ich nehme Anteil an seinem Leben.« Aber sie wußte, daß das nicht stimmte. Das Stadium der Anteilnahme hatte sie noch nie erreicht. Sie war immer gleich in Besorgnis verfallen.
    »Edek tut das, was alle New Yorker tun«, sagte Max. »Ergenießt seine Unabhängigkeit, und er genießt New York. Ich bin sehr froh darüber.«
    »Ich werde versuchen, auch froh zu sein«, sagte Ruth.
    Definitiv nicht froh war Ruth über die Entwicklung der von ihr ins Leben gerufenen Frauengruppe. Sie hatte versucht, Frauen für die Gruppe zu finden. Sie hatte versucht, so beiläufig wie möglich Planung, Ablauf und eventuelle Diskussionsthemen zu erwähnen.
    Sie hatte zwölf Frauen angesprochen. Neun hatten abgelehnt. Die verbliebenen Frauen hatten sich mit einem E-Mail-Aufkommen, das für die Staatsführung eines kleineren Landes ausgereicht hätte, darauf geeinigt, daß keine festen Themen vorgegeben werden sollten. Und daß die Gespräche in freier Form stattfinden sollten.
    Eine der Frauen wollte wissen, ob ein Restaurant nicht ein geeigneterer Rahmen für ihre Versammlungen wäre als Ruths Loft. Eine andere Frau schlug vor, die Gruppe solle ihre Aktivitäten auch auf andere Gebiete ausdehnen, gemeinsame Einkäufe zum Beispiel. »Durch unser Einkaufsverhalten können wir eine Menge über unsere Stärken lernen«, hatte sie in ihrer E-Mail geschrieben. Sie hatte auch »die Grundformen weiblicher Kommunikation« als Diskussionsthema vorgeschlagen. Und hatte

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