Chuzpe: Roman (German Edition)
fragte Ruth. »Uns einmal im Monat treffen?«
»Okay«, sagte Therese.
»Okay«, sagte Sonia. »Abgemacht!«
»Abgemacht«, sagte Ruth. »Drei sind wir schon. Laßt uns im Kalender nachsehen und einen Termin ausmachen.«
Zofia rief Ruth an. Ruth war gerade in ihrem Büro angekommen. Zofia rief sie selten im Büro an. Oder zu Hause. Die meisten Anrufe machte Edek.
»Ruthie, könnten Sie mir und Edek und Walentyna einen großen Gefallen tun?« sagte Zofia. »Können Sie mit uns zum Tai-Chi kommen?«
»Wie?« sagte Ruth. »Sie drei machen Tai-Chi?«
»Ja«, sagte Zofia.
»Sie machen Tai-Chi?« wiederholte Ruth, als könnte sie durch die Wiederholung der Frage eine andere Antwort erhalten.
»Ja«, sagte Zofia. »Wir versuchen, es zweimal in der Woche zu machen. Es ist sehr wichtig, so etwas zu tun, wenn man so schwer arbeitet. Tai-Chi am Morgen ist sehr beruhigend.«
»Wo machen Sie es?« fragte Ruth.
»In Chinatown. Im Sara Roosevelt Park in der Nähe der Grand Street«, sagte Zofia.
»Macht meinem Vater das Tai-Chi Spaß?« fragte Ruth.
»Er lernt, Spaß daran zu haben«, sagte Zofia.
»Okay, ich komme mit«, sagte Ruth. Die Dinge veränderten sich immer schneller. Inzwischen war sie die Tochter eines Möchtegerngastronomen. Und im Begriff, Tai-Chi zu machen. Mit ihrem Vater.
Edek kam ans Telefon. »Man muß nicht sprechen Chineserisch,um zu machen das«, sagte Edek. »Man sieht sich nur an, was machen alle anderen, und macht dasselbe auch selber.«
»Was haben die Leute an, Dad?« fragte Ruth.
»Irgendwelche alten Schlafanzüge«, sagte Edek.
Ruth vermutete, daß er bequeme Sportkleidung meinte.
Als Ruth den Sara Roosevelt Park erreichte, versammelte sich die Tai-Chi-Gruppe gerade. Es waren ungefähr vierzig Teilnehmer, alles Chinesen mit Ausnahme von Zofia, Walentyna und Edek. Niemand schien sich an Edek, Zofia und Walentyna zu stören. Die Tai-Chi-Übungen begannen. Es fiel Ruth schwer, den Bewegungen zu folgen. Sie sah zu Edek, Zofia und Walentyna. Sie erhoben einen Arm und drehten sich nach rechts und nach links. Ruth war als einzige nicht im Rhythmus. Sie wurde immer verspannter. Sie beschloß, ein Buch zu kaufen und die Bewegungen zu Hause zu üben. Die übrige Gruppe hielt die Arme erhoben, nach Osten gerichtet. Ruth, die geglaubt hatte, allmählich mitzukommen, hielt die Arme als einzige nach Westen.
So lautlos, wie sie begonnen hatte, endete die Übungsstunde. Die Leute sammelten ihre Taschen auf und verließen den Park. »Okey, dokey«, sagte Edek zu Zofia und Walentyna. »Wir müssen los. José und Juan sind sicher schon im Restaurant.«
Edek rannte zur Straße, um ein Taxi anzuhalten. Er stand fast mitten auf der Straße und wedelte mit dem Arm. Er wirkte alles andere als entspannt. Die beruhigende Wirkung des Tai-Chi hatte Edek offenbar wenige Sekunden nach Ende der Stunde verlassen. »Wir müssen in die Arbeit«, rief er Zofia zu.
Wenige Tage nach dem Tai-Chi-Erlebnis traf Ruth sich mit ihrem Vater zum Kaffeetrinken. Nur sie beide. Zofia und Walentyna waren nicht dabei. Edek und Ruth trafen sich im Second Avenue Deli. Ruth war glücklich, ihn alleinzu sehen. Sie bestellte Käsekuchen für Edek. Er mochte den Käsekuchen im Second Avenue Deli so gern. Für sich selbst bestellte sie auch ein kleines Stück.
Mitten in ihrem Gespräch sah Edek sie an und sagte: »Ich liebe dich so sehr, Ruthie, und du fehlst mir. Wenn wir nicht mehr so viel haben zu tun, kann ich dich wieder sehen öfter. Vielleicht habe ich dann sogar ein bißchen Zeit, um dir ab und zu zu helfen mit deiner Firma.«
»Das wäre wunderbar«, sagte Ruth. »Um die Vorwärtsabteilung ist es nicht gut bestellt, seit du nicht mehr da bist.«
»Du willst wohl sagen, daß du nicht mehr hast so viel Zeug, was du nicht brauchst«, sagte Edek und lachte.
»Wir benutzen es alles«, sagte Ruth. »Oder das meiste davon.«
Edek erzählte ihr, daß Zofia und Walentyna zwei junge Mexikaner, Juan und José, dazu überredet hatten, bei ihnen zu arbeiten, sobald das Restaurant eröffnet wurde.
»Sie sind zu uns zum Essen gekommen, und es sind sehr nette junge Männer«, sagte Edek. »Sie haben gefunden Zofias Klops sehr gut.«
»Ihr plant jetzt schon, Leute einzustellen?« sagte Ruth.
»Sowieso«, sagte Edek. »Wir können nicht führen ein Restaurant erfolgreich nur mit mir, Zofia und Walentyna.«
»Und wenn es nicht erfolgreich ist?« sagte Ruth.
»Sowieso es wird sein erfolgreich«, sagte Edek.
»Und wenn nicht?« sagte
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