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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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liegt im Chinesenviertel von Saigon. Der General schickte einen Schützenpanzerwagen los, der Diem und seinen Bruder auflesen sollte, und bestimmte seinen persönlichen Leibwächter zum Führer des Konvois. Dann streckte er zwei Finger seiner rechten Hand in die Höhe. Das war das Zeichen: Tötet sie beide!
    General Don befahl seinen Truppen, das Hauptquartier aufzuräumen, und ließ einen mit grünem Filz überzogenen Tisch hereinbringen. Er wollte eine Pressekonferenz abhalten. »Scher dich zum Teufel«, beschied er seinem Freund Conein, »wir holen die Presse.« Conein ging nach Hause, wurde dort aber von Lodge herbeizitiert. »Ich ging zur Botschaft und wurde davon in Kenntnis gesetzt, dass ich Diem aufzutreiben hätte«, erinnert er sich. »Ich war müde, und ich hatte die Nase voll. Ich fragte also: ›Wer hat diese Befehle gegeben?‹ Sie gaben mir zu verstehen, dass diese Befehle vom Präsidenten der Vereinigten Staaten erteilt worden seien.«
    Gegen 10 Uhr morgens fuhr Conein zum Hauptquartier des Oberkommandos zurück. Dort sprach er den ersten General an, der ihm über den Weg lief, es war Big Minh. »Big Minh sagte mir, sie hätten Selbstmord begangen. Ich sah ihn an und fragte: Wo? Er sagte, sie wären in einer katholischen Kirche in Cholon, und sie hätten Selbstmord verübt«, teilte Conein in einer unter Verschluss gehaltenen Aussage vor einem Senatsausschuss mit, der zwölf Jahre nach den Ereignissen Ermittlungen über die Ermordung Diems einleitete.
    »Ich glaube, in dem Augenblick habe ich die Beherrschung verloren«, erinnert sich Conein. Ihm kam der Gedanke an die Todsünde und seine ewige Seele.
    »Ich sagte zu Big Minh, schauen Sie mal, Sie sind Buddhist, ich bin Katholik. Wenn sie in dieser Kirche Selbstmord verübt haben und der Priester heute Abend die Totenmesse abhält, dann wird diese Geschichte nicht stichhaltig aussehen. Also, sagte ich, wo sind sie? Er sagte, sie sind im Hauptquartier des Generalstabs, hinter dem Gebäude des Generalstabs, ob ich sie sehen wolle? Da sagte ich nein. He, sagte er, warum nicht? Und ich sagte ihm, sollte zufällig einer von einer Million Leuten Ihnen abnehmen, dass sie in der Kirche Selbstmord begangen haben, und ich finde raus, dass es kein Selbstmord war, und weiß es also besser, dann stecke ich in der Klemme.«
    Conein fuhr zur amerikanischen Botschaft zurück, um mitzuteilen, dass Diem tot sei. Er erzählte aber nicht die ganze Wahrheit. »Von vietnamesischen Kollegen informiert über Selbstmord bei Fahrt aus der Stadt«, stand in seinem Telegramm. Um 2 Uhr 50 Washingtoner Zeit kam eine im Namen von Dean Rusk abgezeichnete Antwort: »Nachrichten vom Selbstmord Diems und Nhus lösten hier Entsetzen aus (…) Entscheidend ist zweifelsfreie öffentliche Feststellung, dass Todesfälle tatsächlich Selbstmord, falls dies wahr ist.«
    Am Samstag, den 2.November 1963, um 9 Uhr 35, berief Präsident Kennedy eine vertrauliche Sitzung im Weißen Haus ein, an der sein Bruder, McCone, Rusk, McNamara und General Taylor teilnahmen. Schon nach kurzer Zeit kam Michael Forrestal mit einem Blitztelegramm aus Saigon hereingestürmt. General Taylor berichtete später, dass der Präsident aufgesprungen sei und »aus dem Raum stürzte mit einem Ausdruck des Entsetzens und der Bestürzung auf seinem Gesicht, den ich nie zuvor gesehen hatte«.
    Um 18 Uhr 31 schickte McGeorge Bundy an Botschafter Lodge – mit vertraulichen Abschriften an McCone, McNamara und Rusk – ein Telegramm mit folgendem Wortlaut: »Tod von Diem und Nhu hat, ungeachtet ihrer Schwächen, hier Entsetzen ausgelöst, und es besteht die Gefahr, dass Stellung und Ansehen der kommenden Regierung erheblichen Schaden nehmen könnten, falls sich die Überzeugung verbreitet, dass es sich um ein Attentat aus der Richtung eines oder mehrer hochrangiger Mitglieder des kommenden Regimes handelt (…) Sie sollten sich nicht in der falschen Vorstellung wiegen können, dass politischer Mord hierzulande umstandslos akzeptiert wird.«
    An jenem Samstag war Jim Rosenthal Bereitschaftsoffizier in der US-Botschaft in Saigon. Lodge schickte ihn runter an die Empfangstür, um wichtige Besucher einzulassen. »Diesen Anblick werde ich nie vergessen«, erzählt er. »Das Auto kam hochgefahren bis vor die Botschaft, die Fotografen taten ihr Bestes, Conein springt vom Beifahrersitz, öffnet die hintere Tür und salutiert, und die Kerle steigen aus. Als ob er sie der Botschaft auslieferte, und das tat er ja auch. Ich tat nichts

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