CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Kandidat für die Vizepräsidentschaft zusammen mit Richard Nixon antrat. Lodge war erfreut, dieses Amt antreten zu können, vorausgesetzt, es wurde ihm zugesichert, dass er in Saigon die Machtfülle eines Vizekönigs haben würde.
Am 4.Juli, dem amerikanischen Nationalfeiertag, erhielt Lucien Conein eine Nachricht von General Tran Van Don, dem amtierenden Oberkommandierenden der südvietnamesischen Armee, den er seit achtzehn Jahren kannte. Kommen Sie zu einem Treffen ins Hotel Caravelle , lautete die Botschaft. Im verräucherten und bis auf den letzten Platz besetzten Nachtclub im Souterrain des Hotels teilte ihm General Don an jenem Abend vertraulich mit, dass das Militär Vorbereitungen treffe, sich gegen Diem zu stellen.
»Was wird die Antwort der Amerikaner sein, wenn wir diesen Weg einschlagen?«, lautete die Frage des Generals an Conein.
John F. Kennedy gab seine Antwort am 23.August.
An jenem regnerischen Samstagabend war er allein im Sommerhaus der Familie in Hyannis Port; er bewegte sich seines schmerzenden Rückens wegen auf Krücken und trauerte um seinen totgeborenen Sohn Patrick, der zwei Wochen zuvor beerdigt worden war. Kurz nach 21 Uhr erreichte ihn ein Anruf seines Sicherheitsberaters Michael Forrestal. Ohne Umschweife genehmigte er ein von Roger Hilsman aus dem Außenministerium aufgesetztes und nur für den Empfänger bestimmtes Telegramm. Gerichtet war es an den gerade in Saigon angekommenen neuen Botschafter Lodge. »Wir müssen mit der Möglichkeit rechnen, dass Diem als Person nicht gehalten werden kann«, heißt es darin, und Lodge wird aufgefordert, »detaillierte Vorstellungen zu entwickeln, wie Diems Ersetzung vonstatten gehen kann.« Zu dieser Angelegenheit waren weder der Außenminister noch der Verteidigungsminister, noch auch der Direktor der Nachrichtenabteilung gehört worden. Alle drei hatten sie nämlich Bedenken hinsichtlich eines Putsches gegen Diem.
»Ich hätte meine Zustimmung nicht erteilen sollen«, hat Kennedy denn auch geäußert, als die Konsequenzen absehbar wurden. Und dennoch nahm die Anordnung ihren Lauf.
Hilsman teilte Helms mit, der Präsident habe die Entfernung Diems aus dem Amt angeordnet. Helms reichte die Anweisung an Bill Colby weiter, den neuen Chef der Sektion Fernost bei der CIA. Dieser übergab sie John Richardson, auf den seine Wahl für den zu besetzenden Posten des Büroleiters in Saigon gefallen war. »In dieser Situation meine ich, dass die CIA die Direktiven der politischen Entscheidungsträger voll und ganz akzeptieren und nach Wegen suchen muss, wie die von ihnen gewünschten Ziele zu erreichen sind«, instruierte er Richardson, wenn auch die Anordnung »den Vogel, den wir haben, aus der Hand zu geben scheint, bevor wir im Gebüsch andere Vögel konkret ermittelt oder auch nur ihren Gesang so richtig gehört haben«.
Am 29.August, es war sein sechster Tag in Saigon, kabelte Lodge folgende Mitteilung nach Washington: »Wir sind nun auf einem Kurs, von dem es kein Zurück mehr gibt: der Sturz der Regierung Diem.« Im Weißen Haus war Helms zugegen, als der Präsident das Telegramm in Empfang nahm, es billigte und Lodge die Anweisung übermitteln ließ, vor allem sicherzustellen, dass der Part, den die USA dabei spielten – also eigentlich Coneins tragende Rolle –, im Verborgenen bleibe.
Der Botschafter war verärgert über den aufgeblähten Status der CIA in Saigon. In seinem privaten Tagebuch vermerkte er: »Die CIA hat mehr Geld, größere Häuser als die Diplomaten, höhere Gehälter, mehr Waffen, modernere Ausrüstung.« Lodge war neidisch auf Richardsons Machtbefugnisse und machte sich über die Vorsichtsmaßnahmen lustig, die der Büroleiter bezüglich der zentralen Rolle Coneins bei dem Umsturzkomplott an den Tag legte. Er beschloss, dass er einen neuen Büroleiter haben wolle.
Also ließ er Richardson auflaufen – »er stellte ihn bloß und gab seinen Namen öffentlich den Zeitungen preis«, wie es Robert Kennedy in einer unter Verschluss gehaltenen Zeitzeugenaussage acht Monate später darstellte –, indem er, in eiskalt berechnender Manier, einen Hinweis an einen nach Saigon entsandten Korrespondenten einer Zeitung durchsickern ließ. Die Geschichte war natürlich ein Knüller. Richardson wurde mit Namen genannt – ein beispielloser Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften –, und weiter hieß es in dem Zeitungsbericht, er, Richardson, habe »den Aktionsplan, den Botschafter Lodge aus Washington mitgebracht hatte,
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