CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
weiter, als mit ihnen im Aufzug hochzufahren, und Lodge begrüßte sie (…) Das waren also die Kerle, die gerade einen Putsch durchgezogen und einen Staatschef um die Ecke gebracht hatten, und dann kamen sie einfach so rein in die Botschaft, als ob sie sagen wollten, ›He, Boss, das haben wir gut gemacht, nicht?‹«
21 » Ich glaubte, dahinter stecke
eine Verschwörung «
Am Dienstag, den 19.November 1963, schleppte Richard Helms, versteckt in der Reisetasche einer Fluggesellschaft, eine belgische Maschinenpistole ins Weiße Haus.
Die Waffe war eine Kriegstrophäe; die CIA hatte ein drei Tonnen umfassendes Waffenversteck ausgehoben, das Fidel Castro nach Venezuela zu schmuggeln versucht hatte. Helms hatte die Waffe ins Justizministerium mitgenommen, um damit vor Robert Kennedy zu renommieren. Dieser meinte, sie sollten sie seinem Bruder zeigen. Sie kamen ins Oval Office und sprachen mit dem Präsidenten über Wege, wie Fidel zu bekämpfen sei. Das spätherbstliche Licht wurde allmählich schwächer, und Kennedy erhob sich aus seinem Schaukelstuhl, um durch die Fensterscheibe hinüber zum Rosengarten zu blicken.
Helms steckte die Waffe zurück in seine Tasche und meinte: »Da bin ich aber froh, dass Ihr Wachdienst uns nicht geschnappt hat, als wir mit dem Ding hier rein sind.« Kennedy drehte sich gedankenverloren um, schüttelte Helms die Hand und sagte mit einem Schmunzeln: »Ja, ja, das gibt mir ein echtes Gefühl der Sicherheit.«
Am darauffolgenden Freitag saßen McCone und Helms zusammen in der Zentrale und aßen in den Räumen des Direktors zum Mittagessen gemeinsam ein paar Sandwiches. Die hohen Fensterfronten im sechsten Stock des Gebäudes gaben den Blick bis zum Horizont frei auf eine schier endlose Ansammlung von Baumkronen. Dann kam die Schreckensnachricht herein.
Der Präsident war erschossen worden. McCone stülpte seinen Filzhut über und ließ sich sofort hinüber zum Haus Robert Kennedys fahren, das mit dem Auto nur eine Minute entfernt lag. Helms eilte hinunter in sein Büro und entwarf eine allgemeine Nachricht, ein Telegramm, das an sämtliche CIA-Büros in der Welt gehen sollte. Seine Gedanken waren in diesem Augenblick nicht unähnlich denen von Vizepräsident Lyndon B. Johnson.
»Was mir durch den Kopf raste«, so erinnerte sich Johnson später, »war der Gedanke: Wenn sie unseren Präsidenten erschossen haben, … wen würden sie als Nächsten erschießen? Und was war in Washington los? Und wann würden die Raketen einschlagen? Und ich glaubte, dahinter stecke eine Verschwörung , und habe entsprechend danach gefragt. Und fast alle , die bei mir waren, haben diese Frage auch gestellt.«
Vor dem neuen Präsidenten und ebenso vor dem Ausschuss, den er zur Untersuchung des Mordes eingesetzt hatte, hielt die CIA, unter Berufung auf die Sicherheit der Nation, vieles von dem, was sie wusste, ein ganzes Jahr lang geheim. Die CIA-internen Ermittlungen über das Attentat brachen schließlich in einem Durcheinander und einem Konglomerat von Verdächtigungen in sich zusammen, die bleibende Schatten des Zweifels auf alles und jeden warfen. Die vorliegende Darstellung beruht auf Unterlagen der CIA sowie auf beeidigten Aussagen von CIA-Beamten, die allesamt zwischen 1998 und 2004 freigegeben wurden.
»Was da drinstand, hatte eine elektrisierende Wirkung«
»Tragischer Tod von Präsident Kennedy fordert von uns allen, genauestens auf sämtliche ungewöhnlichen nachrichtendienstlichen Vorkommnisse zu achten«, schrieb Helms in seinem am 22.November an alle CIA-Stationen in der ganzen Welt abgesetzten Telegramm. Charlotte Bustos, die in der Zentrale arbeitete, entdeckte postwendend ein solches Vorkommnis. Sie bearbeitete die Mexiko-Akten der Geheimdienstabteilung, und zwei Minuten, nachdem im Radio mitgeteilt worden war, dass die Polizei von Dallas Lee Harvey Oswald festgenommen habe, eilte sie durch die pastellfarbenen Korridore, die Oswald-Akte fest umklammert, auf der Suche nach ihrem Vorgesetzten John Whitten, der für die verdeckten Operationen in Mexiko und Mittelamerika zuständig war. Whitten überflog die Unterlagen.
»Was da drinstand, hatte eine elektrisierende Wirkung«, erinnert er sich.
Aus den Akten ging hervor, dass ein Mann, der seinen Namen mit Lee Oswald angab, am 1.Oktober 1963 die sowjetische Botschaft in Mexiko-Stadt angerufen und sich nach dem Stand der Dinge hinsichtlich seines laufenden Antrags für ein Einreisevisum in die Sowjetunion erkundigt hatte. Mit der
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