CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
lauschte aufmerksam.
»Ich zweifle nicht im Mindesten daran«, erklärte Helms im Rückblick, »dass Nixons Krittelei ihre Wirkung auf Kissinger hatte.«
Nur ein paar Wochen später hatten der neugewählte Präsident und der Mann aus Harvard die geistige Verwandtschaft entdeckt, die sie verband. »Beide waren unverbesserliche Geheimniskrämer, aber Kissinger war es auf charmante Art«, erklärte Thomas Hughes, der Leiter des Nachrichtendienstes des Außenministeriums. »Beide manipulierten, was das Zeug hielt, aber bei Nixon war das leichter zu durchschauen.« Sie allein würden die geheimdienstlichen Aktivitäten planen, leiten und kontrollieren – darauf hatten sie sich geeinigt. Verdeckte Aktionen und Spionage ließen sich in Instrumente für den persönlichen Gebrauch ummodeln. Nixon verwendete sie, um das Weiße Haus in eine politische Festung zu verwandeln, und Kissinger wurde, wie sein Berater Roger Morris sich ausdrückt, zum amtierenden Staatschef in Sachen nationale Sicherheit.
Vorbeugend hatte Helms einen Rat der Weisen eingesetzt, der den Namen Studiengruppe für Verdeckte Operationen erhielt und dem neugewählten Präsidenten über den Wert der Geheimdienstarbeit Bericht erstatten sollte; auf diese Weise suchte Helms, sich vorsorglich aus der Schusslinie zu nehmen. Die Gruppe stand unter der Leitung von Franklin Lindsay, der früheren rechten Hand Frank Wisners; sie war in Harvard untergebracht und tagte im Geheimen; ihre tonangebenden Mitglieder waren Richard Bissell und Lyman Kirkpatrick. Ihr gehörten ein halbes Dutzend Harvard-Professoren an, die fürs Weiße Haus, fürs Pentagon, für das Außenministerium und für die CIA gearbeitet hatten. Drei von ihnen standen Henry Kissinger nahe genug, um zu wissen, dass er den künftigen Präsidenten in Fragen der nationalen Sicherheit beraten würde, egal, wer das Rennen gewann. Kissinger hatte nämlich gleichzeitig Nixon und Humphrey als geheimer Berater gedient. Keiner von beiden zog jemals einen anderen für den Posten in Betracht.
Der Bericht der Studiengruppe für Verdeckte Operationen trägt das Datum 1.Dezember 1968. Eine seiner Empfehlungen fand Kissingers besonderen Beifall: Sie besagte, der neue Präsident solle einem leitenden Beamten im Weißen Haus die Aufsicht über alle verdeckten Operationen übertragen. Kissinger beschränkte sich in der Folge nicht darauf, die Operationen zu beaufsichtigen. Er leitete sie.
Der Bericht empfahl dem neuen Präsidenten dringend, »dem Leiter der CIA deutlich zu machen, dass er von ihm ein klares ›Nein‹ erwartet, wenn nach seiner Ansicht eine vorgeschlagene Operation nicht durchführbar ist«. Nixon scherte sich niemals um diesen Rat.
»Nur selten lässt sich allein durch verdeckte Operationen ein wichtiges Ziel erreichen«, stand des Weiteren in dem Bericht. »Bestenfalls kann man durch eine verdeckte Operation Zeit gewinnen, einem Coup vorbeugen oder auf andere Weise günstige Bedingungen schaffen, um schließlich durch offene Aktionen ein wichtiges Ziel zu erreichen.« Diesen Grundsatz hat Nixon nie verstanden.
»Eine Einzelperson, eine politische Partei oder eine amtierende Regierung lassen sich ernstlich beschädigen oder gar zu Fall bringen, wenn man aufdeckt, dass sie heimlich von der CIA unterstützt werden«, stand im Bericht zu lesen. »Alles in allem genommen, schadet die Aufdeckung geheimer Operationen den Vereinigten Staaten in den Augen der Weltöffentlichkeit. Den einen liefert sie den Beweis, dass die Vereinigten Staaten sich nicht um die Rechte anderer Nationen und die Menschenrechte kümmern; anderen beweist sie, dass wir unfähig und nicht geschickt genug sind, uns nicht erwischen zu lassen. (…) Der Eindruck, dass die Vereinigten Staaten mit ›schmutzigen Tricks‹ arbeiten, entfremdet viele Amerikaner, zumal solche aus der Intelligenzschicht und Kreisen der Jugend, ihrer Staatsführung«, fährt der Bericht fort. »Enthüllungen haben in dieser Atmosphäre der ›Neuen Linken‹ die Chance eröffnet, ein viel breiteres Spektrum der politischen Öffentlichkeit anzusprechen, als ihr andernfalls möglich gewesen wäre. Die Vereinigten Staaten zählen zur Speerspitze der Nationen, die sich um eine Ausweitung der Geltung des Rechts im Bereich internationaler Angelegenheiten bemühen. Unsere Glaubwürdigkeit und unsere Durchsetzungskraft in dieser Hinsicht wird unvermeidlich in dem Maße beschädigt, wie offenbar wird, dass wir uns heimlich in Dinge einmischen, bei denen es sich um
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